Full text: Deutsches Kolonialblatt. XII. Jahrgang, 1901. (12)

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nicht einmal die Haussteuer bezahlen, weil die in) wechselnd gebetet und gesungen. Die Kinder lernen 
Fülle vorhandenen Landesprodukte aus Mangel an 
Verkehrsmitteln werthlos waren. Ich glaube, daß 
man zu Hause die Kolonie und die voraussichtliche 
Rentabilität der Bahn zu ungünstig beurtheilt. Die 
vermehrte Steuerkraft der Bevölkerung und die in- 
folge der leichteren Transportverhältnisse billigere 
Verwaltung der Innenbezirke würde doch schon einen 
beachtenswerthen Beitrag zur Verzinsung des Kapitals 
bilden. — Ein 10tägiger Marsch führte mich nach 
Ukami, dem Thätigkeitsfeld der Mission Mrogoro. 
Ich hatte diese Gegend zum letzten Mal im Jahre 
1898 passirt. Damals herrschten gleichzeitig Hungers- 
noth und Pocken. Wie ganz anders war der Ein- 
druck, den diesmal das Land machte! Ueberall am 
Wege sah ich Gruppen von Leuten, die zu Spott- 
preisen ihre Ackerbauerträgnisse anboten. Man er- 
zählte mir, daß der Reis bis an die Küste, d. h. 
10 Tage weit auf den Markt getragen werde. Bei- 
nahe jede Anhöhe krönt ein Dörschen, überall hörte 
man die Trommel zum Tanze rufen und vernahm 
man Gesang und Jubel der über ihre reiche Ernte 
glücklichen Leute. Weiter oben im Gebirge gedeiht 
vorzüglicher Kaffee, ausgedehnte Glimmerselder sind 
bereits in lohnenden Abbau genommen — aus diesem 
Lande könnte etwas werden, wenn bessere Verkehrs- 
verhältnisse beständen. Bekanntlich soll ja Ukami 
der nächste Endpunkt der projektirten Bahn werden. 
In derselben Zeitschrift wird aus Lome (Togo) 
über die Entwickelung der dortigen Schule ge- 
schrieben: 
Es scheint, als wenn sich auch in den Mädchen 
hier immer mehr etwas Lernbegierde regt, denn die 
Zahl der Schülerinnen ist im Wachsen begriffen. 
In der Liste sind die Namen von 90 Kindern ver- 
zeichnet. Da aber hier kein Schulzwang herrscht 
und außerdem hier in Lome täglich Markt abgehalten 
wird, so kann von vollständig regelmäßigem Schul- 
besuch keine Rede sein. Ungefähr 50 bis 60 Kinder 
kommen täglich. Man kann eine afrikanische Schule 
nicht mit einer europäischen vergleichen. Hier sitzt 
eben Alles kunterbunt durcheinander. Da Alle laut 
lernen, so herrscht immer ein munteres Leben. Aus 
einer Ecke erschallt das A-b-c, in einer anderen Ecke 
wind lautirt, und zuletzt kommen auch die an die 
Reihe, welche schon kurze Säßchen lesen. Auch 
Rechnen und Schreiben lernen die Kleinen. Bei 
Ersterem leistet uns die im vergangenen Jahre aus 
Europa erhaltene Rechenmaschine gute Dienste. Jeden 
Tag von 11 bis 12 Uhr ist Religionsunterricht, 
bezw. für die Kleinen Lernen der Gebete. Gesang 
ist auch nicht zu vergessen, denn die kleinen Schwarzen 
möchten gerne den ganzen Tag singen. Singt man 
ein Liedchen zwei= bis dreimal vor, so sitzt die 
Melodie schon sest, aber die Worte? . Nun, da muß 
man schon etwas mehr Geduld haben. Am Nach- 
mittag von 2 bis 4 Uhr ist Handarbeit für die 
größeren Mädchen, wahrend derselben wird auch ab- 
  
zuerst nähen und erst später, wenn sie in die große 
Schule kommen, auch feinere Handarbeit. 
Die Schwierigkeit von Kirchenbauten im Innern 
Ostafrikas schildert Bruder Adrian von den Weißen 
Vätern in einem im letzten Heft von „Kreuz und 
Schwert“ abgedruckten Briefe von der Insel Ukerewe 
(Süd-Nyansa): 
Vorige Woche endlich war unsere Kirche fertig- 
gestellt. Es ist fast unglaublich, wie viel Mühe wir 
hier anwenden müssen, wenn wir etwas schaffen 
wollen, das ein wenig dauerhaft sein soll. Desto 
froher waren wir aber auch bei Beendigung der 
Arbeit, denn jetzt haben wir ja eine Kirche, die nicht 
weniger als 55 m lang und 17 m breit ist, ganz 
aufgeführt aus gebrannten Ziegelsteinen, gemauert 
mit wirklichem Kalk und gedeckt mit rothen Dach- 
ziegeln, so daß das Ganze für die hiesige Gegend 
ein ungemein stattliches und solides Gebäude abgiebt. 
Alle Hände, sowohl die der Patres, wie die mei- 
nigen und diejenigen unserer schwarzen Gehülfen 
waren ersorderlich, um die Niesenaufgabe lösen zu 
können. Nun ist dies so schlimm nicht für schwielige 
Hände, wie ich ein Paar besitze, aber öfters haben 
mich die Hände der Patres wirklich gedauert, da 
sie selbstverständlich für Maurerarbeit gar zu weich 
sind. In Bukumbi half ich voriges Jahr gleichfalls 
am Bau der neuen Kirche, aber das ist nur eine 
arme Scheune im Vergleich zur hiesigen Steinkirche. 
Dennoch hatten wir damals noch viel mehr Mühe 
mit dem Herbeischaffen des erforderlichen Holzes, da 
wir dasselbe viel weiter herholen mußten. Zu 
unserem Kirchenbau auf Ukerewe brauchten wir im 
Ganzen etwa 300 Baumstämme. Besonders die- 
jenigen Stämme, die zu Säulen dienen sollten, 
mußten lang und dick sein. Meistens mußten solche 
weit aus dem Walde her nach dem Nyansagestade 
getragen werden; für den Transport eines jeden 
Stammes waren 20 bis 30 Neger erforderlich, und 
einigemale genügten diese noch nicht. Mit Seilen 
werden an einem solchen wuchtigen Stamm QOuer- 
stangen befestigt, jeder Arbeiter schiebt seine Schulter 
unter eine Querstange, dann richten sich alle zugleich 
empor und rutschen mit ihrer Last durch die zwischen 
den Bäumen des Waldes bestehenden Lücken hin- 
durch, bald geht's bergan, bald bergab, bald steht 
man still, um sich ein wenig auszuruhen, bald trabt 
man wieder weiter, bis endlich das Wasser erreicht 
ist und das Schiff den weneren Traneport über- 
nmimmt. — Vor 14 Tagen feierten wir in der 
Mission ein herrliches Fest: 75 Erwachsene wurden 
mit großer Feierlichkeit durch die Taufe in den 
Schoß der Kirche ausgenommen. Wie über alle 
Maßen glücklich waren diese Leute, die sich nun be- 
lohnt sahen für alle Mühen und Auedauer, da sie 
nun nicht nur in die Gemeinschaft der Gläubigen 
zugelassen wurden, sondern noch am selben Tage 
zum ersten Male ihres Lebens ihren göttlichen Herrn 
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