Dem 72. Jahresbericht der Rheinischen Missions-
gesellschaft zu Barmen vom Jahre 1901 ist über
ihre Thätigkeit in Deutsch= Südwestafrika zu
entnehmen: .
In der Missionsarbeit wird der Unterschied
zwischen dem südlichen Theil der Kolonie, dem Nama-
land, und dem nördlichen Theil, dem Hereroland,
immer aufsälliger und durchgreisender. Der Volks-
zusammenhang der Namastämme geht immer mehr
auseinander. Einen erfreulichen Eindruck machen
von den Namastationen Bethanien und Keetmans-
hoop, allenfalls auch noch Gibeon. Keetmanshoop
ist freilich kaum noch eine eigentliche Namastation
zu nennen; es bekommt immer mehr Zuzug von
Angehörigen aller möglichen Nachbarstämme, nicht
nur aus den Namas, sondern auch aus den Hereros
und Bastards, gewinnt aber gerade dadurch
immer größere Bedeutung. Die Gemeinde wächst
zusehends; im letzten Jahr konnten in Keetmanshoop
allein 106 aus den Heiden getauft werden. Der
Stamm der Velschoendrager in Khoös hat jetzt
endlich in Laaf den eigenen, so lange erbetenen
Missionar erhalten. Er hält sich vorläufig in Keet-
manshoop auf, um die Sprache zu lernen. Dem-
nächst sind in Namaland alle Stämme von der
Mission besetzt. Bei den ohnehin schwierigen
Arbeitsverhältnissen ist es unseren Missionaren doppelt
schmerzlich, daß es fast unmöglich erscheint, aus den
Namas wirklich brauchbare Nationalhelfer heran-
zubilden. Weit erfreulicher und aussichtsvoller in
jeder Beziehung ist der Stand der Arbeit im nörd-
lichen Theil der Kolonie, dem Hereroland. Wir
dürfen auch im kommenden Jahr auf einen weiteren
gedeihlichen und gesegneten Fortgang der Arbeit mit
Bestimmtheit rechnen. Von einer ganzen Reihe
Nationalhelfer hat man den Eindruck, daß sie treff-
liche Evangelistendienste thun. Im Ganzen beträgt
die Zahl der Gemeindeglieder in Deutsch-Südwest-
afrika jetzt 12 515 auf 24 Stationen. Die Zahl
der Heidentausen erreichte die stattliche Höhe von
709, die der am Ende des Jahres im Unterricht
befindlichen Heiden 1729. In der Ovambomission
waren gegen Schluß des Jahres nur zwei Missionare
und die Schwester Stahlhut anwesend. Trotzdem
hat Missionar Tönjes die dritte Station, Nama-
kunde, anlegen können, und es scheinen gerade dort
die Aussichten für die Arbeit besonders günstig zu
sein. Wir haben nun zwei junge Brüder hin-
gesandt, und im letzten Monat ist auch der Anfänger
der Ovambomission, Wulfhorst, wieder dahin zurück-
gekehrt.
Aus Bogadjim (LDeutsch-Neu-Guinea) schreibt
Missionar Hoffmann in den „Berichten der Rheinischen
Missionsgesellschaft“: .
Es dürfte interessiren, über den Versuch einer
Malariabekämpfung bei den Eingeborenen nach Prof.
Kochs Angaben, die zum ersten Mal in dem ganz
verseuchten Dorfe Bogadjim durch Dr. Dempwolff
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unternommen und durchgeführt worden ist, Näheres
zu hören. Ansänglich war ich etwas bange, ob sich
die Eingeborenen einer Chininkur unterwerfen würden;
aber es ist besser gegangen, als ich es zu hoffen
wagte. Die Eingeborenen brachten Dr. Dempwolff
bald Vertrauen entgegen. Er hat Blutuntersuchungen
von über hundert Kindern und jungen Leuten im
Alter bis zu 16 Jahren angestellt. Dabei stellte
sich heraus, daß fast alle Kinder im Alter bis zu
fünf Jahren Malaria-Parasiten im Blut hatten
(66 pCt.). Von fünf bis acht Jahren werden die
Fälle schon ganz vereinzelt, und darüber hinaus
dürften wohl alle Eingeborenen hier für immer un-
empfänglich gelten; wenigstens muß man dies nach
den bisherigen Untersuchungen annehmen. Die mit
Parasiten behafteten und verdächtigen Kinder (43)
erhielten jeden achten und neunten Tag Chinin, und
zwar soviel Dezigramm auf einmal, wie sie Jahre
zählten. Alle Kinder haben das Chinin ausgezeichnet
vertragen. Eine Anzahl Kinder, die vorher welk
und elend aussahen, haben sich auffallend erholt.
Der Versuch, Eingeborene in eine Chininkur zu
nehmen, ist also in Bogadjlm gelungen. Der Ge-
danke, daß hier ein Weg gefunden sei, die Malaria
wirklich auf ein Minimum zu beschränken oder ganz
auszurotten und damit auch ein Haupthinderniß
unserer Missionsarbeit weggeräumt zu sehen, ist so
groß und schön, daß einem die aufgewandte Zeit
und Mühe unbedeutend erscheint. Zehn Tage nach
der letzten Chiningabe hat Dr. Dempwolff nochmals
eine Blutprobe von den behandelten Kindern ge-
nommen. Nur noch 16 pCt. ungefähr hatten Para-
siten. Das Resultat war also günstig.
Aus seiner langjährigen Thätigkeit in Vlawolo
(Bismarck-Archipel) erzählt P. Bley in den „Monats-
heften zu Ehren Unserer Lieben Frau vom hlst.
Herzen Jesu“:
Dank der unermüdlichen Vorarbeit meiner Vor-
gänger war bei meinem Antritte der Station bereits
ein großes Stück Arbeit vollendet und die Herzen
der Wilden für den Samen des göttlichen Wortes
empfänglich gemacht, so daß ich nur einheimsen konnte,
was andere gesäet hatten. Im Jahre 1890 wurde
in Vlawolo die erste Erwachsene getauft, und nach
und nach stellte sich die ganze Gemeinde gruppen-
weise zum Unterricht und zur Taufe. Mit Freuden
erinnere ich mich noch all der Tauftage, der Ernte-
toge der Missionare, an denen auch die Konfraters
der Umgebung immer das Glück hatten, wieder ein-
mal alle zusammen zu kommen. Unsere Strohlkirche
wurde zu klein, und bald erstand das schmucke
Kirchlein mit Cement-Fundament, mit starker Holz-
konstruktion und Blechüberdeckung, ein Kirchlein, das
über 500 Personen fassen kann und uns doch bald
wieder zu klein wurde, so daß jetzt jeden Sonntag
zwei Mal Gottesdienst abgehalten werden muß. Der
Einweihungstag dieser Kirche war, abgesehen von
den vielen Tauffeierlichkeiten, der größle Feiertag,