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gebiets, behufs Hebung der Eingeborenenkulturen
wurde regierungsseitig in Aussicht gestellt. Die An-
legung fester Stationen sei nur in Banyo und Garun#a
beabsichtigt, die mit Garnisonen belegt werden würden.
Von hier aus werde man im Lande Ruhe und
Ordnung aufrecht erhalten können. Eine Ausdehnung
der Verwaltung sei nicht beabsichtigt. Es folgten
Erörterungen über die Errichtung von Handwerker-
schulen in Kamerun und die Arbeiten der Grenz-
regulirung an der französischen Grenze. In der
Generaldiskussion über Deutsch-Südwestafrika sprach
der Herzog Johann Albrecht zu Mecklenburg dem
vormaligen Leiter der Kolonial-Abtheilung, jetzi-
gem Staatssekretär Freiherrn v. Richthofen, für sein
damaliges kräftiges Eintreten für den jetzt vollendeten
Eisenbahnbau Swakopmund—Windhoek seinen Dank
aus. Zur Diskussion gelangten hierauf die Frage
der Einrichtung von Stauanlagen in Südwestafrika
und die Frage der finanziellen Unterstützung von
deutschen Ansiedlern im Schutzgebiete. In der Spe-
zialdiskussion gelangte ein Antrag auf Einstellung des
Gehaltes für einen Oberrichter in den Etat für 1903
zur Annahme. Auch wurde der Wunsch nach einer
weiteren Unterstützung deutscher Schulen in Südwest-
afrika ausgesprochen. Mit der Erörterung der Lan-
dungsverhältnisse in Swakopmund, des nothwendigen
weiteren Ausbaus der Kommunikationswege sowie
der Herstellung von Telegraphenlinien, insbesondere
auch nach dem Süden des Schutzgebiets, fand die
Besprechung des südafrikanischen Etats ihren Abschluß.
Am Sonnabend erledigte der Kolonialrath die
Besprechung des Etats über Samoa. In der Dis-
kussion wurde eine Anfrage des Geheimraths Simon,
betrefsend das Verhalten der englischen Missions=
gesellschaft in Samoa, vom Gouverneur Solf dahin
beantwortet, daß die englischen Missionare seit der
Flaggenhissung eifrig bemüht seien, sich den deutschen
Verhältnissen anzupassen. Regierungsseitig wurde
auf eine Reihe von Anfragen Auskunft ertheilt und
u. A. zugesagt, gegenüber der Gefahr der Ein-
schleppung von Schädlingen für den Kakaobau die
nöthig erscheinenden Schutzmaßregeln zu ergreifen.
Auf eine Anfrage des Konsuls Vohsen wurde ge-
antwortet, daß die Mittel für Unterhaltung der
deutschen Schule im nächsten Jahre auf den Etat
gebracht werden würden, und daß auch der Aus-
bildung der Eingeborenen in der deutschen Sprache
durch die Missionsschulen Rechnung getragen werde.
Die Frage, welche Arbeiter nach dem Innern ein-
geführt werden sollten, führte zu einer Erörterung
über die Vorzüge javanischer und chinesischer Ar-
beiter. Bei der Besprechung des Etats für die
Karolinen, Palau und die Marianen wurde der
Wunsch zum Ausdruck gebracht, den Gouverneuren
die Möglichkeit einer besseren Bereisung und Kon-
trolle ihrer Gebiete dadurch zu gewähren, daß See-
fahrzeuge zur Verfügung gestellt würden. Nach
Erledigung der Etatsbesprechung beschäftigte sich der
Kolonialrath mit der Vorlage, betrefsend die Er-
richtung von Versuchsgärten in unseren tropischen
Kolonien. Der darauf gerichtete Antrag des Herrn
Vietor wurde einstimmig angenommen. Es kam
dann die Vorlage, betreffend die Ausbildung eines
eigenen Beamtenstandes für die Kolonien, zur Be-
sprechung, wobei der Vorsitzende zunächst erklärte,
daß die Kolonialverwaltung nunmehr die Zeit für
gekommen halte, mit der Ausbildung eines eigenen
Beamtenstandes einen Versuch zu machen, und die
Grundzüge ausführlich erörterte, nach denen die
Auswahl und Ausbildung zu erfolgen haben würde.
Aus der Debatte, an der Herzog Johann Albrecht,
Staatssekretär Excell. Kraetke, Staatsminister Excell.
v. Hoffmann, Prof. Wohltmann, Herr Staudinger und
Herr Prof. Sachau sich betheiligten, ergab sich, daß
der Kolonialrath der Vorlage im Ganzen beipflichte.
Eine vom Geh. Regierungsrath Freiherrn v. Tucher
eingebrachte Resolution, die den obigen Standpunkt
des Kolonialraths zum Ausdruck brachte, fand ein-
stimmige Annahme. Es kam endlich noch die Vor-
lage, betreffend die Satzungen für die deutschen
Kolonialgesellschaften, zur Sprache, die an einc
Kommission von fünf Mitgliedern verwiesen wurde.
Damit war die Tagung beendet.
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Dem Kolonialrath war von der Kolonialver=
waltung nachstehende Uebersicht über die seit
der Herbsttagung des vorigen Jahres vor-
gefallenen, die Schutzgebiete betreffenden
wichtigeren Ereignisse zur Kenntnißnahme vor-
gelegt worden:
Togo.
Die deutsch-englische Grenzkommission hat im
Dezember v. Is. die Vermessung an Ort und Stelle
begonnen. Ihre Arbeiten nehmen einen günstigen
Fortgang. Die Verhandlungen mit Frankreich über
die endgültige Feststellung der Grenze zwischen Togo
und Dahomeh sind noch nicht zum Abschlussc ge-
langt.
Dank der friedlichen Verhältnisse hat sich das
Schutzgebiet in wirthschaftlicher Beziehung günstig
entwickelt. Die Handelsstatistik für das Jahr 1901
weist eine Steigerung im Werthe der Einfuhr
um 1 206 113 Mk., im Werthe der Ausfuhr um
630 648 Mk. auf.
Die vom kolonialwirthschaftlichen Komitee unter-
nommenen Baumwollversuche haben den Beweis
erbracht, daß eine rationelle und bei günstigen Trans-
portverhältnissen rentable Eingeborenen-Baumwoll-=
kultur in Togo möglich ist. Die Versuche werden
weiter fortgesetzt.
Die Fertigstellung der Landungsbrücke ist, wenn
nicht unvorhergesehene Hindernisse eintreten, gegen
Ende des laufenden Jahres zu erwarten. Die
Vorarbeiten für die Trace der Küstenbahn sind
abgeschlossen. Die Verhandlungen über die Ver-
dingung des Baues schweben noch. Für eine Eisen-
bahn Lome—Misahöhe sind Tracirungsarbeiten im