Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

Togo Rinderzucht sogar im Großen zu betreiben. 
Weite Strecken, mit lichtem Busch- und Graswuchs 
bedeckt, nur dünn bevölkert, von zahlreichen Wasser- 
läufen durchzogen, stehen zur Verfügung. Als Kraft- 
sutter ist das Guineakorn, dessen Anbau wenig Mühe 
macht, vorhanden. 
Im Mangubezirk und im Norden des Basari- 
bezirkes finden sich weite Strecken, auf denen nur 
vereinzelte Gehöfte stehen und die mit ihrem der 
Grassteppe schon genäherten Charakter für weidende 
Viehheerden wie geschaffen sind. Daß hier die Vieh- 
zucht darniederliegt, erklärt sich einerseits aus den 
Räubereien im Großen, mit denen sich die einzelnen 
Stämme noch bis vor wenigen Jahren gegenseitig 
schädigten, und bei denen Rinder und Sklaven die 
wichtigste Beute bildeten. Als zweiter Grund aber 
kommen Viehseuchen in Betracht. 
Die Fullanis in Basari schilderten eine Anzahl 
von Rinderkrankheiten, deren Beschreibung aber so 
unbestimmt war, daß sie für eine Diagnose nicht zu 
verwerthen war. Eine Krankheit, die etwa der 
Surra des Rindes entspricht, scheint den Fullanis 
nicht bekannt zu sein. Anders in Mangu. Dort 
lebt ein Fullanichief, der nicht ohne Intelligenz 
Auskunft gab. Das Interessanteste ist, daß er eine 
Krankheit schilderte, welche sich, was ihre Dauer, die 
Symptome, den Organbefund beim Schlachten u. a. 
anlangt, ganz und gar mit dem Bilde der Surra 
deckt, und welche er mit dem Namen „pjoli (pjodi, 
pjuli)“ bezeichnet. Und das Wort pjoli bedeutet 
„Tsetsefliege“. Er bezeichnete echte Tsetsefliegen 
als „pjoli“ oder „nabaradje“. Die ätiologische 
Rolle der Fliege bei der Erkrankung war ihm be- 
kannt, ebenso die Gefahr für Rinder in der Nähe 
von Flußläufen, die ja den Lieblingsaufenthalt der 
Fliege darstellen. Und endlich gab er ein Schutz- 
mittel an, das zuverlässig wirksam sei. Die Blüthen 
eines bestimmten Baumes oder Busches werden in 
Wasser abgekocht und dieses Decoct auf den Rücken 
der Thiere eingerieben. Die Fliegen sollen den Geruch 
des Absudes scheuen und die Rinder nicht belästigen. 
Ich konnte die Pflanze nicht zu Gesicht bekommen, 
doch werden die Früchte derselben auf dem Markte 
von Basari bis Kleinpopo verkauft. Wahrscheinlich 
handelt es sich um Amomum Melegueta (Sadebeck, 
Kulturgewächse 2c., Seite 172), dessen Früchte scharf 
pfesserartig schmecken und dessen Blüten wahrschein- 
lich gleichfalls intensiv riechen. Der Strauch soll zu 
Beginn der Regenzeit blühen; er kommt im Innern 
wild vor, nicht aber an der Küste; die Pfefferkörner 
werden zu allerlei Eingeborenen-Medizin verwendet. 
Eine größere Anzahl von Früchten, die ich in Basari 
kaufte, ist an das botanische Museum in Hamburg 
abgegangen. Auch sollen einige Anpflanzungsversuche 
im Garten des Krankenhauses gemacht werden. Sollte 
ich nochmals, und zwar zu Anfang der Regenzeit, 
nach den Innenstationen kommen, so werde ich nicht 
versäumen, diesem einfachen Vorbeugungsmittel meine 
Aufmerksamkeit zuzuwenden. 
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Die Surraparasiten bei Rindern nachzuweisen, 
gelang mir nur in Atakpame. Da sich jedoch in 
Basari sowohl als in Mangu surrakranke Pferde 
fanden, so ist die Möglichkeit vorhanden, daß die 
Surra auch in diesen Bezirken auf das Rind über- 
tragen wird. 
In Atakpame fand ich die Parasiten zuerst bei 
Rindern, die aus dem Norden eingeführt waren, 
nämlich bei zwei Thieren aus Mangu und bei einer 
Tschautscho-Kuh, während andere, auf Veranlassung 
des Gouvernements aus dem kTschautschogebiete ein- 
geführte Rinder an Surra bereits zu Grunde ge- 
gangen waren. Man kann aus den hier und in 
Tove gemachten Beobachtungen folgern, daß gerade 
die Surra das wichtigste Hinderniß gegen die Ein- 
führung werthvollen Viehes aus dem Norden nach 
den Bezirken Atakrvame und Misahöhe ist. Weiter 
kann man schließen, daß unter den Rindern und 
Pferden des Basaribezirkes eine Immunität gegen 
Surra nicht oder doch nur in Ausnahmefällen be- 
steht, vielmehr anzunehmen ist, daß die Thiere, an 
ihrem Standort von der Sueuche nicht gefährdet, 
sich erst auf dem Transport, vielleicht auch erst in 
Atakpame bezw. Tove, wo die Krankheit endemisch 
ist, infizirt haben. Ob es eine abgeschwächte Form 
der Surra giebt, welche in Heilung übergehen und, 
wenigstens bei Rindern, Immunität im Gefolge 
haben kann, ist noch nicht ganz sicher bewiesen, wenn 
auch einzelne Versuche an Rindern dafür zu sprechen 
scheinen. Doch kann diese leichtere Erkrankung mit 
nachsolgender Immunität unter natürlichen Ver- 
hältnissen nur in seltenen Ausnahmefällen vorkommen, 
und nur der äußerst chronische Verlauf der Er- 
krankung beim Rinde läßt es begreifen, daß sich 
überhaupt größere Heerden in einem Bezirke, in 
welchem Surra endemisch ist, finden. 
Der Nachweis des endemischen Vorkommens der 
Surra im Atakpamebezirk, also unter Rindern, die 
an Ort und Stelle geboren waren, gelang an drei 
verschiedenen Orten im Süden der Station: in 
Dadya, Amutshu und Alakojo. Bei fünf unter 
51 Rindern, also bei etwa 10 péCt., waren bei ein- 
maliger Untersuchung die charakteristischen Parasiten 
zu finden. Wenn man erwägt, daß die Parasiten 
bei kranken Thieren oft auf längere Zeit aus dem 
peripheren Blute verschwinden, so ist der Schluß 
erlaubt, daß der Prozentsatz kranker Thiere unter 
den untersuchten noch wesentlich höher sein wird. 
Aus allen diesen Beobachtungen scheint mir als 
wichtigstes Moment das hervorzugehen, daß mit der 
erfolgreichen Bekämpfung der Surra das Haupt- 
hinderniß für das Gedeihen der Viehzucht und für 
die Verwerthung von Pferden hinweggeräumt würde. 
Ich habe bereits Versuche gemacht, welche auf die 
Möglichkeit hindeuten, eine in der Praxis und 
für hiesige Verhältnisse anwendbare Methode der 
Immunisirung von Rindern, vielleicht auch von 
Pferden, gegen Surra auszuarbeiten. Die Frage 
ist damit ihrer Lösung immerhin um einen Schritt
	        
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