Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

Die Tabakpflanze gebraucht nicht so viel Wasser, 
wie der Bauer gewöhnlich glaubt. In anderen 
Tabak liefernden Ländern wird die beste Ernte ge- 
wöhnlich erzielt, wenn mehrere sanfte Regen nach 
dem Auspflanzen fallen und noch zwei oder drei 
Regen etwa einen Monat vor der Erntezeit. Der 
Bauer hier sollte den Wink befolgen und demgemäß 
berieseln; das Wasser muß zwischen den Reihen 
fließen, sobald die jungen Pflanzen zu wachsen an- 
fangen. 
Die Pflanze ist reif, wenn die Blätter, welche 
früher ganz grün waren, röthliche und gelbe Punkte 
zeigen, wenn sie gegen die Sonne gehalten werden, 
kleberig sind und, wenn sie gebogen werden, kurz 
und glatt abbrechen. Jede Pflanze wird, sowie sie 
reist, nahe am Boden abgeschnitten und kurze Zeit 
zum Welken liegen gelassen; aber Acht muß gegeben 
werden, daß die Blätter nicht durch die Sonne ver- 
brannt werden. Ein wolkiger Tag ist daher der 
beste zum Schneiden der Pflanzen. Sobald die 
Blätter verwelkt sind, werden die Pflanzen zum 
Tabakschuppen getragen. 
Sobald die Saatköpfe schwarz sind, ist der Samen 
reif; die Köpfe werden unter den Gabelungen ab- 
geschnitten, in kleine Musselinsäckchen gethan und an 
einer trockenen Stelle, wo die Mäuse nicht daran- 
kommen können, aufgehangen. Im Winter während 
der freien Zeit werden die Hülsen von den Stengeln 
abgebrochen, zwischen den Händen gerieben, bis der 
Samen ausfällt, durch ein feines Sieb gesiebt und 
an einer trockenen Stelle, vor Ungeziefer geschützt, 
aufbewahrt. Wenn der Bauer sich entschieden hat, 
welche Sorte Tabak am besten für seinen Boden sich 
eignet, sollte er in einem Jahre genug Samen für 
zehn Jahre züchten. 
Um zu bestimmen, ob der Samen gut ist, wird 
etwas davon auf einen heißen Ofen gelegt; wenn er 
knisternd aufspringt, so ist er keimfähig. 
Die Behandlung der Pflanzen beim Trocknen ist 
von der größten Wichtigkeit, da während dieses Ver- 
fahrens die Blätter nicht allein ihren Saft verlieren, 
sondern auch theilweise eine Zersetzung erleiden und 
eine Verwandlung bestimmter Bestandtheile, welche 
eine Aenderung der Farben der Blätter hervorrufen. 
Wenn das Blatt nicht sehr dünn ist, ist es rath- 
sam, die Pflanzen 24 Stunden schwitzen zu lassen, 
bevor sie aufgehangen werden. Wenn dieses Ver- 
sahren ordentlich ausgeführt wird, wird eine theil- 
weise Gährung stattfinden, und die Blätter werden 
eine schöne gelbe Farbe erhalten. Die Haufen dürfen 
nicht zu groß sein und müssen umgepackt werden, 
sobald der Geruch des schwitzenden Tabaks zu stark 
wird. Wenn die Blätter in zu großen Haufen ge- 
packt werden oder zu lange schwitzen, ist große Ge- 
fahr, daß die Güte der Blätter bedeutend beeinträchtigt 
wird, und sie werden, sobald sie trocken sind, ihre 
Geschmeidigkeit verloren haben und spröde geworden 
sein. 
Nach dem Schwitzen wird der Tabak aufgehangen, 
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nicht so dicht, daß die Blätter einander berühren; 
auch nicht zu weit aus einander. Im ersten Fall 
würde der Tabak zu langsam trocknen und verfaulen, 
und im zweiten Fall würde das Trocknen zu schnell 
vor sich gehen. Binsen sind das beste Material für 
den Trockenschuppen, da die Temperatur darin bei 
Tag und bei Nacht gleichmäßig sein wird. Das 
Trocknen des Tabaks muß sehr langsam und sorg- 
fältig geschehen. Bei sehr heißem und windigem 
Wetter mag es nöthig sein, die Schuppen während 
des Tages zu schließen, aber sie müssen für die 
Nacht wieder geöffnet werden, da dann die Blätter 
Feuchtigkeit anziehen und weich und biegsam bleiben. 
Die Luft darf jedoch nicht ganz ausgeschlossen sein, 
sonst könnten die Blätter verfaulen. Nur auf diese 
Weise wird es möglich sein, einen Tabak guter 
Qualität und schöner Farbe zu sichern, welcher nach- 
her leicht gährbar ist. 
Die Zeichen der „Schuppenreife“ find sehr deutlich. 
Der zu beobachtende Hauptpunkt ist, daß die Haupt- 
rippe des Blattes kein Wasser mehr enthält. Dies 
ist der Fall, wenn das Blatt, ohne zu brechen, ge- 
bogen werden kann. Das ganze Blatt ist trocken 
genug, wenn es, nachdem es gebogen worden ist, die 
frühere Form wieder einnimmt. Acht muß gegeben 
werden, daß die Blätter weich und biegsam erhalten 
und daß sie nicht zu trocken werden. 
Damit die Blätter nicht beschädigt werden, müssen 
sie bei seuchter Witterung oder in feuchter Luft ab- 
gestreift werden. Eine feuchte Luft kann durch Ver- 
dunstung von Wasser künstlich hergestellt werden. 
Die Blätter müssen in drei Sorten zusammen- 
gestellt werden: 
1. die niedrigsten Blätter, „Sandblätter“, welche 
zuerst einschrumpfen und die schlechtesten sind; 
2. die mittleren Blätter, welche die besten sind; und 
3. die oberen Blätter, welche nicht so gut wie 
die mittleren find. 
Alle beschädigten Blätter müssen weggeworfen 
werden. 
Die Blätter der verschiedenen Sorten werden in 
Bündeln von 20 bis 30 Stück zusammengebunden. 
Zum Binden können die Blätter der ersten Klasse, 
die „Sandblätter“, benutzt werden. 
Diese Bündel werden in Haufen 1 m hoch, mit 
den Spitzen der Blätter auf einander zu, gelegt. In 
diesen Reihen bleibt der Tabak, bis genügend zum 
Gähren vorhanden ist. Der Tabak darf nicht im 
Zuge liegen, denn so würde er weiter austrocknen, 
und die Gährung würde schwieriger werden. Sollte 
der Tabak in den Haufen warm werden, muß er 
sofort aufgenommen und die Haufen nach der Ab- 
kühlung wieder gepackt werden; in keinem Falle sollte 
er in Haufen länger als acht Tage liegen. 
Zur richtigen Gährung sind wenigstens 800 bis 
1000 Centner Tabak erforderlich. Das Verfahren 
ist, wie folgt: Auf dem Boden wird zuerst, möglichst 
nahe an einander, eine Lage, etwa 3 m im Quadrat, 
von Sandblattbündeln gelegt. Der Tabak wird auf
	        
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