noch nicht oder nur wenig betretenen Gegenden den
Eingeborenen ein nicht zu hoher Begriff von dem
Werth ihrer Produkte von den ersten Durchreisenden
beigebracht werden darf, anderntheils sie möglichst
früh an gewisse Leistungen für das Gouvernement
gewöhnt werden müssen.
Die Ngokostation ist zum ersten Mal von der
Küste aus erreicht, und der Weg in die bisher nur
als etwas unendlich Fernes, Unerreichbares geltende
Südostecke nunmehr erschlossen worden. Hoffentlich
folgt der deutsche Handel unter dem Schutz des
Gouvernements recht bald in die neugezeigten, reichen
Gebiete nach und schließt endlich auch den bisher
vereinsamt dastehenden Theil der Kolonie am Djah
und Sanga dem Ganzen an.
—— — —
Togv.
Immnnisirung von KRindern gegen die Surra-Krankbeit.
Der von uns schon angekündigte *) Bericht des
Regierungsarztes Dr. Schilling über seine weiteren
Versuche zur Immunisirung von Rindern gegen die
Surra-Krankheit lautet, wie folgt:
Klein-Popo, 2. Mai 1902.
Im Laufe der letzten Monate ist es mir gelungen,
zwei weitere Rinder derartig zu behandeln, daß die-
selben gegen die Einspritzung großer Mengen von
Parasiten der Surra unempfindlich geworden sind.
Das Prinzip der Methode beruht darauf, daß
die Parasiten der Surra des Rindes, wenn sie sich
an den Organismus einer anderen Thiergattung,
3. B. des Hundes, gewöhnt haben, ihre verderblichen
Eigenschaften gegenüber dem Rinde verloren haben.
Nach einer entsprechenden Anzahl sogen. Passagen
durch den Hundekörper vermögen sich die Parasiten,
in den Organismus des Rindes eingeführt, dort
nicht mehr zu vermehren und so die Erscheinungen
der Krankheit hervorzurufen. Andererseits gewinnt
aber der Organismus des Rindes, besonders wenn
die Einführung von Parasiten in ansteigenden Mengen
wiederholt wird, die Fähigkeit, in seinem Blute Stoffe
zu bilden, welche die Parasiten unmittelbar abzutödten
im Stande sind. Diese Eigenschaft des Blutes kann
wahrscheinlich bei den immunisirten Rindern als
Maßstab für die eingetretene Immunität= betrachtet
werden.
Das eine der erwähnten Rinder wurde mit der-
jenigen Flüssigkeit, welche sich bildet, wenn man
Hunden die Parasiten in die Bauchhöhle einspritzt
(Peritoneal-Exsudat), in drei Absätzen mit anstei-
genden Mengen durch Einspritzungen unter die Haut
behandelt. Im Blute dieses Thieres waren niemals
die charakteristischen Parasiten zu finden, dagegen hat
das Blutwasser oder Serum die Eigenschaft gewonnen,
innerhalb 15 Minuten die Parasiten abzutödten und
*) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1902, S. 295.
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aufzulösen, was sich leicht unter dem Mikroskop be-
obachten läßt.
Für das zweite Rind wurde ein anderer Weg
gewählt, indem Passagen: Hund — Ratte — Hund
vorgenommen wurden. Die Impfung war die gleiche
wie vorstehend, das Resultat jedoch nicht besser als
dasjenige bei Passagen ausschließlich durch den
Hundekörper. Die letztere Methode ist außerdem
die einfachere.
Es muß ausdrücklich bemerkt werden, daß die
beschriebene Methode nicht den Verhältnissen der
natürlichen Infektion durch die Tsetsefliege entspricht,
daß es also nicht ausgeschlossen ist, daß die erreichte
Immunität der natürlichen Infektion gegenüber un-
wirksam sein könnte. Doch ist dies nicht wahr-
scheinlich, wenn man die Wirkung des Blutserums
in Erwägung zieht. Die Probe darauf werde ich
dadurch anstellen, daß die zwei erwähnten Rinder
nach der Zollstation Topli gebracht werden, einem Ort,
an welchem sich bisher niemals Vieh hat halten
können. Bleiben die Thiere dort dauernd gesund,
so kann man sie in der That als immun betrachten.
Ich glaube behaupten zu können, daß das
Prinzip der Immunisirung der Rinder gegen
Surra gefunden ist. Die Methode wird erst in
den Details auszuarbeiten sein.
In einer Art von „Programm“, welches ich mir
für meine Versuche aufgestellt hatte, hatte ich die
Möglichkeit, durch Passagen durch andere, für Surra
empfängliche Thierarten die Virulenz der Parasiten
gewissermaßen „.umzustimmen“, in Erwägung gezogen,
und meine ersten Versuche nach meiner Rückkehr aus
dem Hinterlande nach Klein-Popo (20. Januar 1902)
waren in dieser Richtung gelegen. Um so werth-
voller war es für mich, als mir Anfang Februar
die Veröffentlichung des Herrn Geheimraths Dr. Ro-
bert Koch (Beilage zum Kolonialblatt vom 15. De-
zember 1901) zuging, welche mir eine so werthvolle
Bestätigung meiner Voraussetzungen brachte. Ich
kann mich nicht enthalten, auch hier der Bewunderung
für den genialen Blick des großen Forschers Ausdruck
zu verleihen, welcher mit Sicherheit denjenigen Weg
gewiesen hat, welcher auch hier wiederum zum Ziele
führte.
Die Gründe, warum eine Immunisirung der
Rinder gegen Surra wünschenswerth war, sind
folgende:
1. Die Nothwendigkeit, Rinder als Zugthiere
sowie als Handelswaare über das ganze Schutzgebiet
hin ausnutzen zu können, namentlich die Küste mit
dem Inland durch Wagenverkehr mit Zugthieren in
Verbindung zu bringen.
2. Die Absicht, das werthvolle Vieh, welches
im Basaribezirke vorhanden ist, für die ganze Kolonie
nutzbar zu machen.
Diese beiden Gründe lassen es nothwendig er-
scheinen, daß die ersten Versuche im Großen zur
Immunisirung von Rindern gleich an dem werth-
vollsten Material, nämlich an dem sogen. Tschautscho-