Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

Tabora hat schon eine europäische Organisation: 
Regierung, Kaserne, Zoll, Steuern, Markt, Bazare 
und sogar Boulevards, die auf liebevolle Veran- 
lassung der Polizei reingehalten werden müssen. 
Die Stadt Tabora ist in gesundheitlicher Beziehung 
nicht günstig gelegen. Aus diesem Grunde ist etwa 
20 Minuten von der Hauptstadt ein neuer Ort 
ausersehen worden auf einem höher gelegenen Hügel, 
für die Erbauung einer neuen Stadt. Man erbaut 
dort schon eine umfangreiche Festung, welche die 
ganze Ebene beherrschen wird. Unser Missionshaus 
ist zwischen dem alten und dem neuen Tabora ge- 
legen und theilt sich in die Vorzüge und Nachtheile 
beider. Bisher hat sich das Fieber noch nicht ge- 
zeigt, und wenn es so fortgeht, werden wir uns 
nicht zu beklagen haben.“ 
  
Im Anschluß an den Jahresbericht (S. 320 des 
Kolonialblatts) giebt die evangelische Brüder-Unität 
(Brüdergemeinde) in ihrem neuesten „Monatsblatt“ 
noch Bericht über die äußere Arbeit und die 
Missionserfolge auf den einzelnen Stationen des 
Nyassagebiets in Deutsch-Ostafrika. 
In Bezug auf das Volk der Konde hörten die 
Missionare der Unität die Behauptung, die Konde 
seien der geringwerthigste Volksstamm im ganzen 
deutschen Ostafrika. Wie weit dies richtig ist, 
können, wie das Monatsblatt hinzufügt, die Missio- 
nare bei ihrer geringen Kenntniß anderer Stämme 
nicht beurtheilen. „Allerdings aber“, schreibt einer 
von ihnen, „läßt sich dies Urtheil im Blick auf 
folgende Züge verstehen. In der Arbeit leisten die 
Konde nicht Hervorragendes. Sie verstehen eigent- 
lich nur das Hacken, die einfachste Art der Feld- 
bestellung, und den Bau ihrer Häuser. Die Her- 
stellung von Leibringen ist Sache einiger Weniger, 
Schmiede sind kaum anzutreffen. Als Träger sind 
sie jenseits der Grenzen des Kondelandes, sobald die 
Banane (ihr Nahrungsmittel) aufhört, nicht zu 
brauchen. Sie laufen dann entweder davon (dem 
Missionar übrigens fast nie, mehr anderen Weißen) 
oder werden krank. Ebenso wenig eignen sie sich 
zu Burschendiensten bei Weißen. Sie versehen einen 
solchen Dienst nur so lange, bis sie sich ein Stück 
Vieh erworben haben, dann widmen sie ihre Zeit 
der Besorgung des Viehs. Darunter haben auch 
wir viel zu leiden. Köche, Hirten rc. geben den 
meisten Grund zum Aerger, da man sie doch nicht 
alle vier Wochen wechseln möchte. Ferner sind unfsre 
Leute selten in der Lage, an Durchreisende Lebens- 
mittel verkaufen zu können, da sie meist nur so viel 
Land bebauen (lhacken), als sie zum eigenen Bedarf 
brauchen. Daher hat sich schon mancher Reisende 
gewaltsam angeeignet, was er nicht gutwillig er- 
langte. An Arbeitermangel leiden wir in Rungwe 
nie; die Leute kommen zur Arbeit, aber sie gehen 
oft wieder, wenn sie nicht die Arbeit bekommen, die 
sie gerade wünschen. Schicke ich einen Mann nach 
Ipiana, so will er ganz gewiß nach Utengule gehen 
  
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und behauptet, in Ipiana brächte ihn die Hitze oder 
der Regen um 2c. Die Konde sind eben Freiherren. 
Der Haupterklärungsgrund für dies Verhalten ift 
der, daß die Leute keine Noth kennen. Hacken sie 
ihr Feld, so haben sie genug zu essen. Irgend eine 
Frucht wächst und reift in jeder Jahreszeit. Feld- 
arbeit und Ernte vertheilt sich fast auf das ganze 
Jahr. Und außer ihren Lebensmitteln kennen sie 
ja keine Bedürfnisse. Haben sie Zeug (Kaliko), nun 
gut, dann bekleiden sie sich, fehlt es daran, so ist 
es auch nicht schlimm. — Auf der Station die 
Ordnung aufrecht zu erhalten, erfordert viel Geduld 
und Weisheit. Man ist aber zur Nachsicht geneigt, da 
nicht böser Wille, sondern eben die allgemeine Energie- 
losigkeit den Grund zu solchen Unordnungen abgiebt.“ 
Im Nilkaland, neun Stunden nördlich von der 
Missionsstation Mbozi, wird nach neueren Nach- 
richten beim Häuptling Msangawale (auf Th. Meyers 
Karte Nsangabale) eine deutsche Militärstation er- 
richtet. Diese liegt unweit der Regierungsstraße, 
die vom Nyassasee über Neu-Langenburg (bei 
Rungwe) an den Tanganikasee führt und Mbozi 
bis auf 2 bis 3 Stunden nahe kommt. Fertig-- 
gestellt ist sie noch nicht. Die Nikaleute haben die 
Arbeiten an ihr wie an der Regierungsstation willig 
übernommen, und zwar entrichten sie auf diese Weise 
ihre Steuer. Die Häuptlinge pflegen ihre Leute 
zur Arbeit zu bringen und an Ort und Stelle 
wohnen zu bleiben, bis diese entlassen werden. 
Ueberhaupt arbeiten die Nika gern und empfinden 
es darum unangenehm, daß in Mbozi nicht mehr 
so viel Möglichkeit, Arbeit zu erhalten, besteht, wie 
in den Anfangszeiten der Station. 
Unruhen hat das verflossene Jahr dem Bundali- 
lande gebracht, die dem Missionar von Isoko Sorge 
bereiteten. Etwa eine Stunde von der Station 
entfernt findet sich ein gut bevölkertes Thal. Dort 
wohnte noch vor Jahresfrist der Häuptling Nyembele, 
der ganz Bundali durch seine Raubzüge in Schrecken 
versetzte. Sonntag, den 27. Januar 1901, war es, 
als er wieder das Kriegshorn ertönen ließ und in 
später Nachtstunde seine Streitfähigen um sich 
sammelte, um des Morgens den schwächeren Häupt- 
ling Kzuja in Kalembo zu überfallen. Sie raubten 
sein Vieh, zündeten Hütten an und verwundeten und 
tödteten einen Mann mit dem Speer. Aehrlich einige 
Wochen später in den Nachbardörfern von Isoko. 
Sie wollten auch dort Vieh von der BWeide stehlen, 
die Eigenthümer konnten es aber noch retten. Ein 
Kampf entspann sich, und mehrere Männer trugen 
Wunden davon. Ende März dasselbe Schauspiel 
am Songwefluß! Dem Vieh des Häuptlings 
Kakolela galt der dortige Plünderungszug. Sechs 
Mann blieben. Auch die Stationshäuser in Isoko 
wollte Nyembele anzünden lassen. Gott aber hat 
den Ort beschützt. Und das Bezirksamt machte nun 
den Unruhen bald ein Ende, der Unruhestifter wurde 
an die Kette gelegt. 
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