Tabora hat schon eine europäische Organisation:
Regierung, Kaserne, Zoll, Steuern, Markt, Bazare
und sogar Boulevards, die auf liebevolle Veran-
lassung der Polizei reingehalten werden müssen.
Die Stadt Tabora ist in gesundheitlicher Beziehung
nicht günstig gelegen. Aus diesem Grunde ist etwa
20 Minuten von der Hauptstadt ein neuer Ort
ausersehen worden auf einem höher gelegenen Hügel,
für die Erbauung einer neuen Stadt. Man erbaut
dort schon eine umfangreiche Festung, welche die
ganze Ebene beherrschen wird. Unser Missionshaus
ist zwischen dem alten und dem neuen Tabora ge-
legen und theilt sich in die Vorzüge und Nachtheile
beider. Bisher hat sich das Fieber noch nicht ge-
zeigt, und wenn es so fortgeht, werden wir uns
nicht zu beklagen haben.“
Im Anschluß an den Jahresbericht (S. 320 des
Kolonialblatts) giebt die evangelische Brüder-Unität
(Brüdergemeinde) in ihrem neuesten „Monatsblatt“
noch Bericht über die äußere Arbeit und die
Missionserfolge auf den einzelnen Stationen des
Nyassagebiets in Deutsch-Ostafrika.
In Bezug auf das Volk der Konde hörten die
Missionare der Unität die Behauptung, die Konde
seien der geringwerthigste Volksstamm im ganzen
deutschen Ostafrika. Wie weit dies richtig ist,
können, wie das Monatsblatt hinzufügt, die Missio-
nare bei ihrer geringen Kenntniß anderer Stämme
nicht beurtheilen. „Allerdings aber“, schreibt einer
von ihnen, „läßt sich dies Urtheil im Blick auf
folgende Züge verstehen. In der Arbeit leisten die
Konde nicht Hervorragendes. Sie verstehen eigent-
lich nur das Hacken, die einfachste Art der Feld-
bestellung, und den Bau ihrer Häuser. Die Her-
stellung von Leibringen ist Sache einiger Weniger,
Schmiede sind kaum anzutreffen. Als Träger sind
sie jenseits der Grenzen des Kondelandes, sobald die
Banane (ihr Nahrungsmittel) aufhört, nicht zu
brauchen. Sie laufen dann entweder davon (dem
Missionar übrigens fast nie, mehr anderen Weißen)
oder werden krank. Ebenso wenig eignen sie sich
zu Burschendiensten bei Weißen. Sie versehen einen
solchen Dienst nur so lange, bis sie sich ein Stück
Vieh erworben haben, dann widmen sie ihre Zeit
der Besorgung des Viehs. Darunter haben auch
wir viel zu leiden. Köche, Hirten rc. geben den
meisten Grund zum Aerger, da man sie doch nicht
alle vier Wochen wechseln möchte. Ferner sind unfsre
Leute selten in der Lage, an Durchreisende Lebens-
mittel verkaufen zu können, da sie meist nur so viel
Land bebauen (lhacken), als sie zum eigenen Bedarf
brauchen. Daher hat sich schon mancher Reisende
gewaltsam angeeignet, was er nicht gutwillig er-
langte. An Arbeitermangel leiden wir in Rungwe
nie; die Leute kommen zur Arbeit, aber sie gehen
oft wieder, wenn sie nicht die Arbeit bekommen, die
sie gerade wünschen. Schicke ich einen Mann nach
Ipiana, so will er ganz gewiß nach Utengule gehen
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und behauptet, in Ipiana brächte ihn die Hitze oder
der Regen um 2c. Die Konde sind eben Freiherren.
Der Haupterklärungsgrund für dies Verhalten ift
der, daß die Leute keine Noth kennen. Hacken sie
ihr Feld, so haben sie genug zu essen. Irgend eine
Frucht wächst und reift in jeder Jahreszeit. Feld-
arbeit und Ernte vertheilt sich fast auf das ganze
Jahr. Und außer ihren Lebensmitteln kennen sie
ja keine Bedürfnisse. Haben sie Zeug (Kaliko), nun
gut, dann bekleiden sie sich, fehlt es daran, so ist
es auch nicht schlimm. — Auf der Station die
Ordnung aufrecht zu erhalten, erfordert viel Geduld
und Weisheit. Man ist aber zur Nachsicht geneigt, da
nicht böser Wille, sondern eben die allgemeine Energie-
losigkeit den Grund zu solchen Unordnungen abgiebt.“
Im Nilkaland, neun Stunden nördlich von der
Missionsstation Mbozi, wird nach neueren Nach-
richten beim Häuptling Msangawale (auf Th. Meyers
Karte Nsangabale) eine deutsche Militärstation er-
richtet. Diese liegt unweit der Regierungsstraße,
die vom Nyassasee über Neu-Langenburg (bei
Rungwe) an den Tanganikasee führt und Mbozi
bis auf 2 bis 3 Stunden nahe kommt. Fertig--
gestellt ist sie noch nicht. Die Nikaleute haben die
Arbeiten an ihr wie an der Regierungsstation willig
übernommen, und zwar entrichten sie auf diese Weise
ihre Steuer. Die Häuptlinge pflegen ihre Leute
zur Arbeit zu bringen und an Ort und Stelle
wohnen zu bleiben, bis diese entlassen werden.
Ueberhaupt arbeiten die Nika gern und empfinden
es darum unangenehm, daß in Mbozi nicht mehr
so viel Möglichkeit, Arbeit zu erhalten, besteht, wie
in den Anfangszeiten der Station.
Unruhen hat das verflossene Jahr dem Bundali-
lande gebracht, die dem Missionar von Isoko Sorge
bereiteten. Etwa eine Stunde von der Station
entfernt findet sich ein gut bevölkertes Thal. Dort
wohnte noch vor Jahresfrist der Häuptling Nyembele,
der ganz Bundali durch seine Raubzüge in Schrecken
versetzte. Sonntag, den 27. Januar 1901, war es,
als er wieder das Kriegshorn ertönen ließ und in
später Nachtstunde seine Streitfähigen um sich
sammelte, um des Morgens den schwächeren Häupt-
ling Kzuja in Kalembo zu überfallen. Sie raubten
sein Vieh, zündeten Hütten an und verwundeten und
tödteten einen Mann mit dem Speer. Aehrlich einige
Wochen später in den Nachbardörfern von Isoko.
Sie wollten auch dort Vieh von der BWeide stehlen,
die Eigenthümer konnten es aber noch retten. Ein
Kampf entspann sich, und mehrere Männer trugen
Wunden davon. Ende März dasselbe Schauspiel
am Songwefluß! Dem Vieh des Häuptlings
Kakolela galt der dortige Plünderungszug. Sechs
Mann blieben. Auch die Stationshäuser in Isoko
wollte Nyembele anzünden lassen. Gott aber hat
den Ort beschützt. Und das Bezirksamt machte nun
den Unruhen bald ein Ende, der Unruhestifter wurde
an die Kette gelegt.
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