Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

bestimmtes Gewicht nicht überschreiten, und da die 
Bewältigung einer schweren Last durch Benutzung 
mehrerer Thiere unmöglich ist, lag der Gedanke nahe, 
die Kameele zum Ziehen zu verwenden. 
Sachverständige oder solche, welche es sein wollen, 
wollen aus der anatomischen Bauart des Kameels 
erkennen, daß es wohl zum Tragen, nicht aber zum 
Ziehen bestimmt sei. Mir selbst ist diese tiefere 
Einsicht und Erkenntniß verschlossen geblieben. Aller- 
dings leuchtete mir ein, daß alle bisher angewendeten 
Zugmethoden nicht brauchbar waren. Bei allen be- 
kannten Arten der Geschirranspannung liegt das 
Prinzip zu Grunde, daß Thiere von einem gegebenen 
festen Punkte aus ziehen, sei es wie beim Kummet 
und Sielengeschirr von einem festen Punkte vor dem 
Buggelenk, oder wie beim Stirnjoch vor der Stirn, 
oder wie beim indischen Joch der Buckelrinder vom 
Höcker aus; überall findet man als Angriffspunkt 
der Last einen Punkt. Daß auch im alten 
Aegypterlande bei den Schöpfwerken die Kameele nach 
Art des Nackenjochs angespannt wurden, scheint mir 
aus Bildern hervorzugehen. Die Eigenthümlichkeit 
meiner Geschirrkonstruktion liegt darin begründet, 
daß die Last nach dem Parallelogramm der Kräfte 
auf zwei Punkte, einmal auf den Widerrist und dann 
auf das Brustbein, vertheilt wird, wodurch eine Ent- 
lastung herbeigeführt und Druckschäden verringert 
werden. Was meine Geschirre in dieser Hinsicht ge- 
leistet haben, kann man daraus erkennen, daß es 
selbst bei der größten Unaufmerksamkeit des Negers 
nicht gelungen ist, unter den allerungünstigsten 
Terrainverhältnissen Druckschäden herbeizuführen: ein 
großer Vortheil vor den Sielengeschirren der Maul- 
esel, deren Druckschäden ich in Afrika zu beobachten 
Gelegenheit hatte. Solange keine Belastung eintritt, 
liegt das Geschirr lose, im Momente des Ziehens 
legt es sich an den Körper an und liegt um so 
fester, je größer die Last ist. Da aber der Zug- 
strang hinter dem Vorderfuß angreift, so unterliegt 
das Geschirr auch nicht den Verschiebungen, wie es 
bei dem Sielengeschirr der Fall ist. 
Ein weiterer Vorzug in der Bespannung liegt 
darin, daß die Zugstränge Einheitstaue sind und 
deshalb eine Verwechselung für den Neger ausge- 
schlossen ist. Wegen der wechselnden Terrainverhält- 
nisse ist in Afrika oftmals Vorspann und Umspannung 
nöthig. Der Vorspann läßt sich vom Neger in 
wenigen Minuten ohne weitere Vorkennmiß bewirken; 
und bei der Umspannung können die Kameele folgender- 
maßen angespannt werden: 1. je nach Bedarf alle an 
die Hinterbracke, oder 2. die Mittel= und Vorder- 
thiere an die Vorderbracke, oder aber, wenn der 
Wagen im engen Bachbett steht und die Thiere nicht 
von rückwärts an die Deichsel gebracht werden 
können, 3. Hinter-, Mittel- und Vorderthiere an die 
Vorderbracke, wobei die Deichsel aber von Negern 
gesteuert werden muß. Alle diese Bespannungs- 
methoden lernt man erst schätzen, wenn man in Afrika 
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Fahrversuche auf engen abschüssigen Gebirgspfaden 
oder über tief eingeschnittene, enge Bäche angestellt hat. 
———... — 
KAus dem Brreiche der Missionen und 
der KAnkisklaverei-Bewegung. 
Missionar Spieth berichtet in dem „Monats- 
blatt der deutschen Missionsgesellschaft“ über die „Ge- 
meindearbeit unserer Ephechristen“. Er legt die 
Fortschritte dar, welche durch die für die Mission 
nöthigen Bauten u. s. w. in dem Können der Ein- 
geborenen und in der Lust zur Arbeit erzielt werden. 
Selbst die gewaltigen Stürme und Regengüsse und 
die Alles zernagenden Termiten, auch gelegentliche 
Feuersbrünste, die dadurch häufig werdenden Neu- 
bauten und Reparaturen müßten darin förder- 
lich sein. 
Eine der vielen Segnungen, welche das Christen- 
thum dem Epheer gebracht, besteht darin, daß es 
den christlich gewordenen Erheer im Gemeinde- 
verbande plötzlich vor Aufgaben stellt, die er bisher 
nicht gekannt hat, zu deren Erfüllung er aber er- 
zogen werden muß. 
Bei der Entstehung einer neuen Gemeinde handelt 
es sich immer zu allererst um ein Lokal, in dem ein 
eingeborener Lehrer wohnen kann und wo die 
Christen an Ruhe= und Wochentagen ihre Gottes- 
dienste halten können. Wo nun ein Lehrer ist, da 
muß schließlich auch ein Raum geschaffen werden, in 
dem er die ihm übergebenen Kinder unterrichten 
kann. In einem Lande aber, wo gewaltige Stürme 
und Regengüsse von außen und die Alles zernagenden 
Termiten vom Boden her die Festigkeit eines Hauses 
fortwährend auf die ernsteste Probe stellen, da giebt 
es auch häufige Reparaturen. Neubau und Repa- 
ratur sind aber Sache der einzelnen, oft sehr kleinen 
Gemeinden. Zu diesen Baugeschäften kommen dann 
noch andere öffentliche Arbeiten, wie Reinhalten der 
Gottesäcker und Bestellung des Gemeindelandes, wo 
solches vorhanden ist. In früheren Jahren, ehe die 
deutsche und englische Regierung sich des Wegebaues 
kräftig annahmen, waren auch Herstellung und Rein- 
haltung einiger Wege ihre Aufgabe gewesen. 
Für die oft wenigen Glieder einer neu ent- 
siehenden Christengemeinde war das zuweilen recht 
viel Arbeit, und es durfte einen nicht wundern, 
wenn sie manchmal etwas entmuthigt waren. Dazu 
trug befonders ein Umstand bei, der geeignet ist, die 
Gesinnung der vom Evangelium erfaßten Heiden in 
das rechte Licht zu stellen. Während länger dauernder 
Bauzeiten schloß sich nämlich bis jetzt nie ein Heide 
an die christliche Gemeinde an. Die Heiden sprechen 
es auch ganz offen aus, daß sie mit dem Christ 
werden warten wollen, bis die Christen die Kapelle 
oder Schule fertig gebaut haben. An einigen Orten 
betheiligten sich zwar auch die Heiden an diesen 
Arbeiten, aber die Hauptlast fiel doch immer den 
Christen zu und — nicht zu ihrem Nachtheil. In
	        
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