Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

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selten so viel Menschen und sie sehen noch seltener 
solch reiche Leute, die außer einer ganzen Kiste Pesetas 
auch noch ganze Kilometer von den allerschönsten 
Kotonaden mitgebracht haben. Gleich fahren sie alles 
auf, was Stall und Haus bieten. Zuerst erscheinen die 
Pombekrüge: 15 Pesetas die 20 Liter. Unsere Neger 
sind zu große Bacchusdiener, um auch nur einen 
Tropfen übrig zu lassen. Dann kommt Mutama- 
mehl, Hühner, Schafe und Böcke. Es fehlt nicht 
an Abnehmern, für eine Mark kaust man ein fettes 
Schaf oder einen Bock, für zwei bis drei Sous ein 
Huhn. Die Pesabeutel werden schonungslos in An- 
spruch genommen, und fast schmunzelnd geben die 
Träger, die sonst dafür so zähe sind, ihren falschen 
Mammon. Die Wagogo gehen froh mit ihrer Beute 
nach Haus und werden ausgescholten. Diese runden 
Dinger sind nichts werth im Lande, da es nichts 
dafür zu kaufen giebt. Gar bescheiden kommen sie 
zurück, um diesmal die Käufer zu spielen. Sie 
wollen Stoffe für ihr Geld. Jetzt müssen auch 
diese armen Kerle den trügerischen Werth des welt- 
fressenden Geldes anerkennen. Für ganze Haufen 
Geld will man ihnen ein bereits halbverschlissenes 
Stück geben. Es wird gefeilscht, der arme, nie ge- 
reiste Mann wird gesoppt, an seinem Zopf gezogen, 
verlacht, bis er sich schließlich fangen läßt. Unsere 
Leute treten in die Rolle jener, die sie selbst an der 
Küste ebenso geprellt. Die Welt bleibt sich ewig 
gleich und die Schicksale der Menschen ebenfalls. 
Die Wagogo thaten es früher, als Gewalt vor Recht 
ging. Alles in Allem verkauften sie ihre Sachen 
und die Abundantia beschüßtte das Lager. Am 
Abend erlegte Bruder Matthäus zwei prächtige 
Antilopen. Die pflichtmäßigen Jäger brachten Perl- 
hühner und die Wazungu ihrerseits hatten Dodoma 
lieb gewonnen und hatten es mit dem Abmarsch 
nicht eilig. Der Ruhetag wird also in schönster 
Form angekündigt, und Flintensalven und lustige 
Tänze besagten genugsam, daß Alle einverstanden 
waren. 
Singe, 10. Oktober. Um 7 Uhr bereits waren 
wir angelangt und hatten keinen übermäßigen Kraft- 
aufwand zu beklagen, noch sonst irgendwas, wenn 
nicht unseren geradezu jämmerlichen Lagerplatz. Singe 
steht für den Rest nicht hinter Dodoma zurück, nur 
giebt es fast drunten am Horizont einige anständige 
Bäume. Des Wassers wegen mußten wir uns also 
von der lieben Sonne sengen lassen. Da wir eine 
zweite Tirikesa in Aussicht hatten, schlugen wir das 
Lager erst um 11 1½2 Uhr ab und hatten so wieder 
Gelegenheit, die heilige Messe zu lesen und uns für 
diesen bösen Weg zu stärken. Ich benutzte den Vor- 
mittag und den Nachmittag, um aus dem Munde 
Vieler ein einheitliches Formular des Vaterunser, 
Ave Maria und Ehre sei dem Vater zu gewinnen. 
Mein Andreas diktirte mit Auslassungen, ein anderer 
mit Einschiebseln, ein anderer nach nicht mehr gelten- 
der Uebersetzung rc., einer sogar mit etwas geänderten 
Wiederholungen. Es war zum Fortlaufen. Ob ich 
  
jetzt die richtigen Kisukumagebete habe, weiß ich nicht, 
allenfalls will ich sie beten. 
Mbahi am Bubu, 12. Oktober. Die Tirikesa 
liegt hinter uns, ob auch die Folgen? Von 11 Uhr 
bis 8 Uhr abends marschirten die Träger und von 
2 bis 9 heute Morgen. Ich berechne freilich die 
Distanzen nicht nach ihren Leistungen, wohl aber ihre 
Müdigkeit. Ich selbst marschirte im allerbesten Tempo 
und mit meinem Esel im Trab von 1¼ bis 64 
und von 2¾ bis 7¼, was jedenfalls nicht unter 
55 bis 60 km geben muß. Die Träger tranken 
natürlich all ihr Wasser gestern Nachmittag und die 
Sonne brauchte heute Morgen nicht stark zu scheinen, 
um sie geradezu platt zu drücken. Auch kamen noch 
um 10 ½ Uhr Nachzügler an. Daß die Stimmung 
darob etwas heruntergegungen, ist nur zu begreiflich 
und wird heute Abend ausgewachsen sein, denn der 
Neger trägt solche Mißhelligkeiten nicht lange herum; 
entweder erliegt er platterdings, oder es hat keine 
Folgen. Im ausgetrockneten Bubu, der ein sehr 
weites Flußnetz auf den Karten hat, finden sie einige 
Tümpel, in die sie sich jählings stürzen, erstlich waschen, 
dann auf dem Bauche liegend trinken, bis kein Platz 
mehr drinnen bleibt, denn mit dem Durst ist's kein 
Leben. Ich kann nicht leicht begreisen, wie diese 
guten Leute solche Leistungen über sich bringen und 
man darf sich nicht ungerecht über ihre Unmäßigkeit 
nach solchen Abtödtungen äußern. Wenn kein Maß 
da ist, giebt's eben auch keine Möglichkeit zum Gegen- 
maß. Da ist z. B. die Frau Augustinus, die ihr 
ein Jahr altes Cäcilicchen auf dem Rücken mit- 
schlerppt und auf dem Kopf Kochgeschirr 2c. trägt. 
Die arme Frau weiß sich kaum zu helfen, und wenn 
sie nicht eine heldenmüthige Christin wäre, könnte sie 
es jedensalls nicht, wie sie es trägt, tragen. Gott 
ist wunderbar in seinen Heiligen und den Müttern 
und anderen Negern. Wir lagern heute unter Palmen, 
und wenn es einem europäischen Philister einfallen 
sollte, gegen Gottes Willen den Wunsch zu äußern, 
unter Palmen zu wandeln, wünschte ich ihm meiner- 
seits, unter den Palmen am Bubu zu wandeln. Was 
der über Hitze räsonniren sollte, statt freveln über 
unverdienten Genuß. Uns alten, ausgetrockneten 
Sonnensöhnen ist's auch keine Lust, aber eine Last, 
die wir zu tragen gelernt, und wir leben in der 
Hoffnung, nach Tagen auf eigenem Boden, d. h. in 
Unyamwesi, zu stehen. 
Kilimatinde, 15. Oktober. Wir haben nun- 
mehr die letzte Hauptstation vor Ndala passirt und 
vor uns liegt der Mgunda Mkali, der böse Wald, 
der aber nicht mehr so böse ist, wie er früher war. 
In elf Tagen sind wir in Ndala und für den 10. No- 
vember in Bukumbi. Eine Leistung (60 Tage), für 
die wir Gott danken dürfen, denn gewöhnlich rechnet 
man fünf bis zehn Tage mehr. Dazu habe ich für 
mich kein Unwohlsein zu beklagen, nur am Ruhetage 
in Dodoma hatte ich Kopfweh und ich schreibe die 
Schuld der Ruhe zu. 
Gestern lagerten wir drunten in Mtiwe unter
	        
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