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selten so viel Menschen und sie sehen noch seltener
solch reiche Leute, die außer einer ganzen Kiste Pesetas
auch noch ganze Kilometer von den allerschönsten
Kotonaden mitgebracht haben. Gleich fahren sie alles
auf, was Stall und Haus bieten. Zuerst erscheinen die
Pombekrüge: 15 Pesetas die 20 Liter. Unsere Neger
sind zu große Bacchusdiener, um auch nur einen
Tropfen übrig zu lassen. Dann kommt Mutama-
mehl, Hühner, Schafe und Böcke. Es fehlt nicht
an Abnehmern, für eine Mark kaust man ein fettes
Schaf oder einen Bock, für zwei bis drei Sous ein
Huhn. Die Pesabeutel werden schonungslos in An-
spruch genommen, und fast schmunzelnd geben die
Träger, die sonst dafür so zähe sind, ihren falschen
Mammon. Die Wagogo gehen froh mit ihrer Beute
nach Haus und werden ausgescholten. Diese runden
Dinger sind nichts werth im Lande, da es nichts
dafür zu kaufen giebt. Gar bescheiden kommen sie
zurück, um diesmal die Käufer zu spielen. Sie
wollen Stoffe für ihr Geld. Jetzt müssen auch
diese armen Kerle den trügerischen Werth des welt-
fressenden Geldes anerkennen. Für ganze Haufen
Geld will man ihnen ein bereits halbverschlissenes
Stück geben. Es wird gefeilscht, der arme, nie ge-
reiste Mann wird gesoppt, an seinem Zopf gezogen,
verlacht, bis er sich schließlich fangen läßt. Unsere
Leute treten in die Rolle jener, die sie selbst an der
Küste ebenso geprellt. Die Welt bleibt sich ewig
gleich und die Schicksale der Menschen ebenfalls.
Die Wagogo thaten es früher, als Gewalt vor Recht
ging. Alles in Allem verkauften sie ihre Sachen
und die Abundantia beschüßtte das Lager. Am
Abend erlegte Bruder Matthäus zwei prächtige
Antilopen. Die pflichtmäßigen Jäger brachten Perl-
hühner und die Wazungu ihrerseits hatten Dodoma
lieb gewonnen und hatten es mit dem Abmarsch
nicht eilig. Der Ruhetag wird also in schönster
Form angekündigt, und Flintensalven und lustige
Tänze besagten genugsam, daß Alle einverstanden
waren.
Singe, 10. Oktober. Um 7 Uhr bereits waren
wir angelangt und hatten keinen übermäßigen Kraft-
aufwand zu beklagen, noch sonst irgendwas, wenn
nicht unseren geradezu jämmerlichen Lagerplatz. Singe
steht für den Rest nicht hinter Dodoma zurück, nur
giebt es fast drunten am Horizont einige anständige
Bäume. Des Wassers wegen mußten wir uns also
von der lieben Sonne sengen lassen. Da wir eine
zweite Tirikesa in Aussicht hatten, schlugen wir das
Lager erst um 11 1½2 Uhr ab und hatten so wieder
Gelegenheit, die heilige Messe zu lesen und uns für
diesen bösen Weg zu stärken. Ich benutzte den Vor-
mittag und den Nachmittag, um aus dem Munde
Vieler ein einheitliches Formular des Vaterunser,
Ave Maria und Ehre sei dem Vater zu gewinnen.
Mein Andreas diktirte mit Auslassungen, ein anderer
mit Einschiebseln, ein anderer nach nicht mehr gelten-
der Uebersetzung rc., einer sogar mit etwas geänderten
Wiederholungen. Es war zum Fortlaufen. Ob ich
jetzt die richtigen Kisukumagebete habe, weiß ich nicht,
allenfalls will ich sie beten.
Mbahi am Bubu, 12. Oktober. Die Tirikesa
liegt hinter uns, ob auch die Folgen? Von 11 Uhr
bis 8 Uhr abends marschirten die Träger und von
2 bis 9 heute Morgen. Ich berechne freilich die
Distanzen nicht nach ihren Leistungen, wohl aber ihre
Müdigkeit. Ich selbst marschirte im allerbesten Tempo
und mit meinem Esel im Trab von 1¼ bis 64
und von 2¾ bis 7¼, was jedenfalls nicht unter
55 bis 60 km geben muß. Die Träger tranken
natürlich all ihr Wasser gestern Nachmittag und die
Sonne brauchte heute Morgen nicht stark zu scheinen,
um sie geradezu platt zu drücken. Auch kamen noch
um 10 ½ Uhr Nachzügler an. Daß die Stimmung
darob etwas heruntergegungen, ist nur zu begreiflich
und wird heute Abend ausgewachsen sein, denn der
Neger trägt solche Mißhelligkeiten nicht lange herum;
entweder erliegt er platterdings, oder es hat keine
Folgen. Im ausgetrockneten Bubu, der ein sehr
weites Flußnetz auf den Karten hat, finden sie einige
Tümpel, in die sie sich jählings stürzen, erstlich waschen,
dann auf dem Bauche liegend trinken, bis kein Platz
mehr drinnen bleibt, denn mit dem Durst ist's kein
Leben. Ich kann nicht leicht begreisen, wie diese
guten Leute solche Leistungen über sich bringen und
man darf sich nicht ungerecht über ihre Unmäßigkeit
nach solchen Abtödtungen äußern. Wenn kein Maß
da ist, giebt's eben auch keine Möglichkeit zum Gegen-
maß. Da ist z. B. die Frau Augustinus, die ihr
ein Jahr altes Cäcilicchen auf dem Rücken mit-
schlerppt und auf dem Kopf Kochgeschirr 2c. trägt.
Die arme Frau weiß sich kaum zu helfen, und wenn
sie nicht eine heldenmüthige Christin wäre, könnte sie
es jedensalls nicht, wie sie es trägt, tragen. Gott
ist wunderbar in seinen Heiligen und den Müttern
und anderen Negern. Wir lagern heute unter Palmen,
und wenn es einem europäischen Philister einfallen
sollte, gegen Gottes Willen den Wunsch zu äußern,
unter Palmen zu wandeln, wünschte ich ihm meiner-
seits, unter den Palmen am Bubu zu wandeln. Was
der über Hitze räsonniren sollte, statt freveln über
unverdienten Genuß. Uns alten, ausgetrockneten
Sonnensöhnen ist's auch keine Lust, aber eine Last,
die wir zu tragen gelernt, und wir leben in der
Hoffnung, nach Tagen auf eigenem Boden, d. h. in
Unyamwesi, zu stehen.
Kilimatinde, 15. Oktober. Wir haben nun-
mehr die letzte Hauptstation vor Ndala passirt und
vor uns liegt der Mgunda Mkali, der böse Wald,
der aber nicht mehr so böse ist, wie er früher war.
In elf Tagen sind wir in Ndala und für den 10. No-
vember in Bukumbi. Eine Leistung (60 Tage), für
die wir Gott danken dürfen, denn gewöhnlich rechnet
man fünf bis zehn Tage mehr. Dazu habe ich für
mich kein Unwohlsein zu beklagen, nur am Ruhetage
in Dodoma hatte ich Kopfweh und ich schreibe die
Schuld der Ruhe zu.
Gestern lagerten wir drunten in Mtiwe unter