Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

Thal zwischen den beiden erwähnten Höhenzügen, 
welche vielfach terrassenförmig ansteigen, ist der Schau- 
platz der alljährlichen Ueberschwemmungen. Nach den 
Schlammmarken, welche ich jetzt noch an Bäumen 
beobachten konnte, nehme ich an, daß in diesem 
Jahre der Wasserstand zur Zeit der höchsten Ueber- 
schwemmung etwa 3 m über dem augenpblicklichen 
war. Allerdings soll das Wasser in diesem Jahre 
so hoch gestanden haben wie schon seit vielen Jahren 
nicht. Ueberall war der Boden noch feucht, überall 
traf man noch auf kleine Seen und Sümpfe, so daß 
oft weite Umwege nothwendig wurden. Im Thale 
selbst ist wenig Wald, dagegen sind die begleitenden 
Höhen von unten aus meist dicht bewachsen. Der 
Waldsaum ist durch Busch zwischen den hohen Stämmen 
und diese mit jenem verbindende Lianen oft zu einem 
unentwirrbaren Dickicht geworden. In der Mitte 
zwischen Okambombo und Kapongo trifft man auf 
zahlreiche Palmen (Hyphaene ventriculosa), jenseits 
Bomagando auch noch auf eine andere Art (Phöniz), 
deren mächtige Wedel ein prächtiges Bild bieten. In 
der Nähe des Fontein-Omuramba werden die Höhen- 
züge flacher. Ein Gürtel von Dornbusch, oft nur 
einige 100 m breit, schließt hier das eigentliche Thal 
gegen das Sandfeld ab und ist so dicht, daß es 
unmöglich ist, ihn zu passiren. Die Windungen des 
Okavango nähern sich oft den vielfach ziemlich steil 
abfallenden Rändern des Höhenzuges, so daß das 
Durchkommen mit einem Wagen zwischen der Böschung 
und dem Wasser nicht möglich ist, und man genöthigt 
ist, die meist 3 bis 4 m hohen, fast senkrechten Wände 
zu erklettern. 
Wenn also auch das Gesammtthal des Okavango 
landschaftlich, so weit ich es gesehen, ein einheitliches 
Bild gewährt, so ist der von mir bereiste Abschnitt 
politisch in mehrere Theile zu zerlegen. Etwa von 
der Stelle, wo der Okavango aus Angola kommend 
von seiner südlichen Richtung in die östliche übergeht, 
reicht die Machtsphäre Himaruas bis östlich der Werft 
Katanga. Es ist dies zugleich der reichste Theil des 
Okavangothales und der geeignetste für die Besiede- 
lung. Die zweite politische Einheit ist das Reich 
Kapongo, benannt nach der vor zwei Jahren ver- 
storbenen, allgemein beliebten und namentlich Werth 
auf den Verkehr mit Weißen legenden Herrscherin 
jenes Stammes. Die Hauptwerft, welche sonst den 
Namen des derzeitigen Kapitäns zu tragen pflegt, 
hat auch jenen Namen zu Ehren der Verstorbenen 
noch beibehalten. Haussikus Machtbereich geht bis 
zum Fontein-Omuramba. Von dort aus bis zur 
Kuitomündung reicht das Reich Bomagandus, doch 
stehen die zu beiden Seiten am weitesten ent- 
fernten Werften dieser Kapitänschaft in einem sehr 
losen Abhängigkeitsverhältniß und haben ihre 
eigenen Kapitäne, die nach eigenem Ermessen wirth- 
schaften. Dies gilt von den Werften Bume und 
Urundu westlich und Kanjettu östlich. Namentlich der 
vor einem Jahre verstorbene Kapitän Kanjettu scheint 
großen Einfluß gehabt zu haben, welcher sich auf 
  
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seinen Sohn Haussiku vererbt hat. Die Regierungs- 
form ist eine streng absolute, doch steht dem Kapitän 
ein Rath zur Seite, welcher aus den näheren Ver- 
wandten und den älteren und erfahreneren Leuten 
des Stammes gebildet wird. So scheinen der Schwager 
und zwei jüngere Brüder Himarnas großen Einfluß 
zu besitzen. Auch bei Bomagandu befindet sich be- 
ständig ein Schwiegersohn desselben, Ndango mit 
Namen, welcher, eigentlich vom Sambesi stammend, 
auf einer Jagd hierher gelangt sein will und sich 
dem Stamme dauernd angeschlossen hat. Der Einfluß 
dieses verschlagenen und spitzbübischen Menschen auf 
Bomagandu ist sicher kein günstiger, obwohl ich be- 
stimmte Thatsachen bei der Kürze meines Aufenthalts 
bei Bomagandus Werft nicht beibringen kann. Einen 
ganz vorzüglichen Eindruck macht dagegen in jeder 
Beziehung der Sohn Bomagandus, Kanjemi. Er ist 
bescheiden, zuvorkommend, und nur seinem Einfluß 
verdanke ich es, daß wir mehrere gestohlene Sachen 
zurückbekamen. 
Auffällig war es mir, wie wenig die Owakwan- 
gari die weitere Umgebung ihrer Werften kennen. 
Alle meine Versuche, Näheres über Angola, über den 
Kuito, den Tschobe und Scheschongo zu erfahren, 
hatten daher ein geringes Resultat. Namentlich galt 
das von den beiden östlichen Stämmen, während die 
Berührung mit weißen Händlern die Leute Himaruas 
etwas kundiger gemacht hatte. Daß sie im Handels- 
verkehr mit Weißen stehen, zeigen die vielen Artikel 
europäischer Herkunft. Jeder bessere Mann trägt 
ein Hemd, viele vollständige, verhältnißmäßig sauber 
gehaltene weiße Anzüge. 
Der Kapitän ist Herr über Leben und Tod 
seiner Untergebenen, die Rechte der Frau sind sehr 
gering, sie bearbeitet die Felder, stampft das Korn, 
flicht Matten und macht Schmuckgegenstände. Der 
Mann hat das Recht, sie zu verkaufen. Im 
Gegensatz zu dieser von geringer Schätzung der 
Frau zeugenden Anschauung steht die hohe Sittlich- 
keit, welche bei den Owakwangari herrscht. Der 
Mann, der je nach Vermögen eine oder mehrere 
Frauen hat, bewacht eifersüchtig das Benehmen seiner 
Frauen anderen Männern gegenüber, und soweit ich 
beobachten konnte, ist das Familienleben ein sehr 
inniges. Allerdings war es für mich als Weißen 
sehr schwer, etwas darüber zu erfahren oder Frauen 
zu sehen. Nach langem Verhandeln gelang es mir 
endlich, Bomagandu zu bewegen, einige alte Frauen 
rufen zu lassen, welche ich ihrer Tracht wegen photo- 
graphiren wollte. Die Tracht der Frauen ist ähnlich 
derjenigen der Ovambofrauen. Aus einer Reihe von 
übereinanderhängenden, mit Stückchen von Straußen-- 
eierschalen, Eisen= oder Glasperlen geschmückten 
Schnüren ist vor dem Unterleib und dem Gesäß ein 
Schurz hergestellt, welcher seitlich an den Hüften 
aufgerafft ist. Durch das Einflechten von Schwanz- 
haaren des Bastardgemsbocks in die eigenen Haare 
werden diese verlängert. Diese künstlichen Haare 
werden, zu einer Reihe von Zöpfen vereinigt, am
	        
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