Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

Schulbesuchs das Maß der Kenntnisse kaum mehr 
erweitert, so ist die Möglichkeit erwogen worden, sie 
aus der Tagesschule zu entlassen, damit sie in den 
Morgenstunden ordentlich arbeiten können, und eine 
Abendschule für sie einzurichten. 
In Hohenfriedeberg hat eine Gehilfen-Ver- 
sammlung stattgefunden. Br. Wohlrab berichtet 
davon: „Nachdem sich unsere Verhältnisse soweit 
entwickelt haben, daß ein Zusammenschluß unserer 
auf verschiedenen Plätzen arbeitenden Gehilfen möglich 
und förderlich erschien, lud ich die Gehilfenschar zu 
einem fünftägigen Kursus zu uns nach Hohenfriede- 
berg. Die Vorkenntnisse, die die Einzelnen mit- 
brachten, waren überaus verschieden, aber die Freudig- 
keit, etwas zu lernen, war fast bei allen gleich groß. 
Menschlich betrachtet war's eigentlich eine Thorheit, 
mit diesen Ungelehrten einen Gehilfenkursus abzu- 
halten, aber wir leben doch noch in anderen Ver- 
hältnissen als daheim, die Persönlichkeit kann noch 
mehr in die Wagschale fallen als technische Fertigkeit. 
Das war unser Trost und gab uns reiche Freude 
zu dem bescheidenen Werk. Wir hatten uns geringe 
Ziele gesteckt, um zunächst einen gemeinsamen Boden 
zu gewinnen und Verwirrung der Schwächeren zu 
vermeiden. Br. Döring war so freundlich, mich 
beim Unterricht zu unterstützen. Wir hatten uns 
die Tage in folgender Weise eingetheilt: Früh von 
7 bis 8 Uhr Bibelstunde, 8 bis 8¾ Uhr biblischer 
Geschichtsunterricht in einer Anfängerklasse, 9 bis 
10 Uhr Leseunterricht in einer Anfängerklasse, ½11 
bis 12 Uhr Besprechung der Unterrichtsstunden mit 
Darlegung einiger besonders wichtiger didaktischer 
Grundsätze. Nachmittags 2 bis 3 Uhr Geographie, 
Afrika, 3 bis 4 Uhr Rechnen, die Anlage einfacher 
Stationsrechnungen.“ 
Nach Wuga sind alle Knaben (36) aus den 
Ferien heimgekehrt, sogar die drei jungen Burschen 
aus Bonde, von denen wir es kaum erwartet hätten. 
Sie sind nun schon ein halbes Jahr bei uns und 
halten sich gut. Die Christen haben begonnen, 
gemeinsam ihr erstes Steinhäuschen zu bauen. 
Möchte Gott ihnen Kraft und Einigkeit geben, dies 
Werk gemeinsamen Arbeitens und Dienens zu be- 
enden, nicht eher zu ruhen, bis alle Hausväter ein 
ordentliches Häuschen mit Stallung besitzen. Vom 
Volk ringsum findet ein ziemlich großer Zulauf zur 
Station statt. Die Brüder freuen sich darüber, als 
über eine Gelegenheit, Vielen das gute Wort Gottes 
zu sagen. Aber es ist viel Schwanken unter denen, 
die kommen. Auch wird die Arbeit unübersichtlich, 
während gerade die Christengemeinde selbst viel ins 
Einzelne und Kleine gehende Seelsorge erfordert, 
weil allerlei Schwachheit und Sünde offenbar wird. 
Gott leite die Brüder, daß sie in Weisheit und 
Kraft ihren Weg durch dieses Stadium der Ent- 
wickelung finden. 
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Aus Nyangao, einer Station der St. Bene- 
dictus-Misssionsgesellschaft, berichten die „Missions- 
Blätter“: 
Die Kirche, ein für afrikanische Verhältnisse recht 
stattlicher Bau, ist von Br. Wilhelm ausgemalt 
worden. „Der Unterricht in der Schule“, so be- 
richtet R. P. Leo, „wird fleißig besucht. Die größte 
Schule zählt etwa 50 Schüler; im Ganzen ist die 
Schülerzahl in meinem Bezirk in den sieben Außen- 
schulen etwa 200. Also Arbeit in Fülle. Leute 
wohnen hier im Umkreis mehrere Tausend. In 
Nataki, zwei Stunden von hier, hat der dortige 
Lehrer eine Kapelle erbaut; er hält daselbst schon 
jeden Tag mit der christlichen Gemeinde Abend- 
andachten. Der Gartenbau, der von den fleißigen 
Händen der Schwestern betrieben wird, steht heuer 
vorzüglich, so daß wir bis zur Regenzeit zur Genüge 
europäische Gemüse haben. Häufiges Gießen ist 
allerdings nothwendig, doch macht dies keine 
Schwierigkeiten, da der Garten unmittelbar am Ufer 
des Nyangao liegt.“ Gegen Hungersnoth wurden 
im Bezirk Lindi mehrere Fruchthäuser erbaut, in 
denen Früchte und Vorräthe aufgespeichert werden 
sollen, damit sie bei eintretender Noth an die Be- 
völkerung vertheilt werden können. R. P. Leo sah 
ein solches auf seiner Reise nach Nyangao. Der 
betreffende Erbauer, ein Akide, hatte dasselbe eben 
vollendet und darin Feuer angemacht, damit der 
aufsteigende Rauch alle schädlichen Insekten vertilge. 
Aus Tosamaganga wird in derselben Zeit- 
schrift von Br. Michael geschrieben: 
Die Wahehe kommen recht gerne zu uns zur 
Arbeit, verkehren auch geschäftlich am liebsten mit 
uns, auch an Kirchenbesuchern fehlt es nicht, jedoch 
haben sie, wie es scheint infolge eines Aberglaubens, 
oft große Furcht vor der Taufe, und diese Furcht 
theilt sich dann auch den Kindern mit. Für die 
Erwachsenen ist dann noch ein großes Hinderniß 
die Vielweiberei. Unsere Knabenzahl beträgt jetzt 30 
und die der Mädchen 20. Die Gesammtzahl der 
Christen ist 90. Der Schulunterricht wird sehr 
eifrig betrieben und mehrere größere Knaben zeigen 
so außergewöhnliche Talente, daß sie in Bälde als 
Lehrer für neu zu errichtende Außenschulen verwendet 
werden können. Bei unserer Bauthätigkeit leistet 
uns die Ziegelei und unsere Schneidemühle am Ruaha 
ausgezeichnete Dienste. Die bisherigen Schwierig- 
keiten des Transports der Stämme sind durch die 
Ankunft des neuen Wagens gehoben. Der neue 
Wagen ist in allen seinen Theilen gut angekommen 
und erweist sich als sehr gut brauchbar. Die Regen- 
zeit verlief in ganz befriedigender Weise, so daß die 
einheimischen Naturprodukte gut gediehen sind. Der 
Viehstand ist zufriedenstellend. Zwei Esel als Reit- 
thiere, dann noch ein junger und ein Schensi-Escl. 
An Rindvieh haben wir 68 Stück. Kälber sind 
heuer bis jetzt 26 gefallen. Elf Stück Rindvieh 
wurden verkauft. Insgesammt für 179 Rupien.
	        
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