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bleibsel aus jener Anfangszeit und kann das voll-
ständig bestätigen. Ich habe schon mehr als einmal
gesagt: Wenn anno 1845, als ich in Otjikango soaß,
die vier großen Propheten selber zu mir gekommen
wären und verkündigt hätten, wie es am Ende des
Jahrhunderts, das ich freilich nicht zu erleben er-
wartete, im Hereroland aussehen würde, meine Ant-
wort wäre gewesen: „Meine Herren! Sie sind ja
Propheten, und ich wage nicht zu widersprechen;
aber entschuldigen Sie, es eigentlich gläubig in mich
aufzunehmen vermag ich auch nicht.G Ja, wir haben
es mit einer siegenden Sache zu thun und singen
nicht vergeblich: Herrscher, herrsche! Sieger, siege!
König, brauch dem Regiment! Ich möchte jedem
jungen Missionar, der an einer neuen Stelle be-
ginnen muß, wünschen, daß er von diesem Sieges-
gefühl getragen wird.“
In demselben Blatte schreibt P. Holzhausen über
die Pfingstoersammlung der Londoner Mission in
Malua auf Samoa:
Die Londoner Missionsgesellschaft in Samoa ver-
anstaltet alljährlich um Pfingsten eine Synode, wenn
man so sagen will, in Malua, dem Sitze des
Predigerfeminars von Samoa. Doazu finden sich die
weißen Missionare und Missionarinnen und die ein-
geborenen ordinirten und nichtordinirten Prediger
der Samoagruppe ein. Zu dem Feste waren eltwa
320 Pastoren und 150 Diakonen (nicht ordinirte
Prediger) mit Weib und Kind erschienen. Eine
richtige Völkerwanderung hatte stattgefunden. Dozu
waren die meisten Studenten trotz der Ferien in
Malua geblieben. Am zweiten Pfingsttage hielten
die Samoaner unter sich in der großen Kirche Ver-
sammlung, während die Weißen in der Schule
tagten. In beiden Versammlungen wurden innere
Angelegenheiten verhandelt. Gegen Abend kamen die
Studenten unter Gesang und brachten Geschenke an
Lebensmitteln (Schweine, Hühner, drei Schildkröten,
Taro, Brotfrüchte, Bananen, Kokosnüsse 2c.). Am
dritten Pfingsttage begann der Gottesdienst um
½9 Uhr früh mit einer gemeinsamen Abendmahls-
feier. Die große schmucke Steinkirche, ein Jubiläums-
geschenk der somoanischen Gemeinden zum 50 jährigen
Jubiläum des Seminars im Jahre 1894, war ge-
füllt. Die etwa 500 samoanischen Geistlichen er-
schienen wie die Studenten in weißem Lendenschurz
und ebensolchem Rock, barfuß und barhaupt. Es ist
eine Freude, diese Pastoren zu sehen, kernige Ge-
stalten mit Bronzegesichtern, in denen sich Geist,
Kraft und Eifer aussprechen. Und man muß diese
Männer predigen sehen und hören; es ist ein Genuß,
diesen geborenen Rednern zuzuhören. Wie verstehen
sie es, das Interesse allmählich zu steigern! Auch
die Gesten sind natürlich und ungezwungen; die
Sprache ist kräftig und zugleich weich und an-
muthig; sie klingt wie Musik in den Ohren. Das
Samoanische ist ja das Italienisch der Südsce. Um
2 Uhr nachmittags begann die gemeinsame Ver-
sammlung der eingeborenen und weißen Geistlichen.
Das Thema, das in derselben verhandelt werden
sollte, war die Frage, wie man die jungen Leute für
die Kirche gewinnt, daß sie christlich leben. Rev.
Marriott und der samoanische Pastor Solomona von
Apia behandelten das Thema. Die Vorschläge, die
gemacht wurden, waren folgende: 1. Die Predigt
soll anschaulich und lebendig sein, daß die jungen
Leute gefesselt werden. Aber wenn sie gewonnen
sind, dürfen sie nicht meinen, daß jeder bekehrte
junge Mann nach Malua kommen müsse, um Pastor
zu werden. In der Predigt sollen sie an das hobe
Gut erinnert werden, das uns in der Gnade Gottes
gegeben ist. 2. Der Pastor soll der Freund der
jungen Leute werden und auf alle Weise ihr
Vertrauen zu gewinnen suchen. Dazu muß er liebe-
voll und demüthig sein. 3. Der Pastor soll sich
mit den Eltern freundlich stellen, diese an ihre
Pflichten erinnern, daß sie ihre Söhne zum christ-
lichen Leben anhalten. 4. Auch auf die Häuptlinge
soll eingewirkt werden, daß sie ein gutes Beispiel
geben und ihren Einfluß in christlichem Sinne geltend
machen. 5. Sehr wichtig ist guter Unterricht und
gute Erziehung in der Schule, daß die Jugend
Gottes Wort lieben lerne. 6. Auch die Hülfe der
Kirchenglieder (d. h. der bewußten Christen; in der
Londoner Mission gibt es keine Konfirmation. Die
Getauften müssen in reiferem Alter freiwillig kommen
und sich in den engeren Kreis der Kirchenglieder
oder der Abendmahlsgemeinde aufnehmen lassen) soll
der Pastor in Ansoruch nehmen, daß sie durch
Gebet, Wort und That die jungen Leute auf den
rechten Weg weisen.
In den „Berichten der rheinischen Missions-
gesellschaft" wird aus Deutsch-Neu-Guinea ge-
schrieben:
Die Frage nach der Anlegung einer Gesund-
heitsstation ist sast so alt, wie unsere Neu-Guinea-
Mission. Sie hat verschiedene Wandlungen durch-
lebt, ohne daß sie bis jetzt der Ausführung näher
gekommen wäre. Unsere Missionare Hoffmann,
Hanke und Ostermann haben nun eine Unter-
suchungsreise nach dem Balaimana (mana — Berg,
Balai ist der Name eines Dorfes südwestlich von
Bojadjim) gemacht, der sich aus Interesse an der
Sache der Stabsarzt Dr. Dempwolff anschloß. Der
Zug ging an dem mit Geröll und mächtigen Stein-
blöcken übersäten Bett des Jori hinauf und dann in
das Thal des Guanja hinein, der sich in unzähligen
Windungen durch die Ausläufer des Oertzengebirges
seinen Weg sucht. Hier wurden sehr viele Eisen-
erze, unter anderen auch Manganeisenstein gefunden,
auch mehrere große Salzquellen entdeckt. Nach sechs-
stündigem Marsch, bei 200 m Meereshöhe, begann
der Aufstieg zum Balaimana. 500 m hoch liegt das
Dorf Balai. Leider erwies sich der Ort nicht als
malariafrei. Nach zwei weiteren Stunden ange-
strengten Steigens war die Höhe mit 940 m er-