Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIII. Jahrgang, 1902. (13)

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vorliegen. Jedoch hat in solchen Fällen die Hafenbehörde unverzüglich der für das nächste Reiseziel zu- 
ständigen Polizeibehörde Mittheilung über die bevorstehende Ankunft der Reisenden zu machen, damit letztere 
dort einer gesundheitspolizellichen Ueberwachung unterworfen werden können. 
Findet die Beobachtung der Schiffsmannschaft an Bord statt, so ist das Anlandgehen derselben 
während der Beobachtungszeit, vorbehaltlich der Zustimmung des beamteten Arztes nur insoweit zu ge- 
statten, als Gründe des Schiffsdienstes es unerläßlich machen. 
4. Alle nach dem Ermessen des beamteten Arztes als mit dem Ansteckungsstoff der Pest behaftet 
zu erachtenden Wäschestücke, Bekleidungsgegenstände des täglichen Gebrauchs und sonstige Sachen der 
Schiffsmannschaft und der Reisenden sind zu desinfiziren. 
Das Gleiche gilt bezüglich derjenigen Schiffsräumlichkeiten und -Theile, welche als mit den An- 
steckungsstoff der Pest behaftet anzusehen sind. 
Erforderlichenfalls können von dem beamteten Arzte noch weitergehende Desinfektionen angeordnet 
werden. Kehricht ist zu verbrennen. Gegenstände, deren Einfuhr verboten ist. dürfen nicht ausgeschifft 
werden. Mit allem Nachdruck ist dahin zu wirken, daß eine Verschleppung der Seuche durch an Bord 
befindliche Ratten und Mäuse verhindert wird. 
5. Bilgewasser, von welchem nach Lage der Verhältnisse angenommen werden muß, daß es Pest- 
keime enthält, ist zu desinfiziren und demnächst, wenn thunlich, auszupumpen. 
6. Der in einem verseuchten oder verdächtigen Hafen eingenommene Wasserballast ist, sofern der- 
selbe im Bestimmungshafen ausgepumpt werden foll, zuvor zu desinfiziren; läßt sich eine Desinfektion nicht 
ausführen, so hat das Auspumpen des Wasserballastes auf hoher See zu geschehen. 
7. Das an Bord befindliche Trink= und Gebrauchswasser ist, sofern es nicht völlig unverdächtig 
erscheint, nach erfolgter Desinfektion auszupumpen und durch unverdächtiges Wasser zu ersetzen. 
In allen Fällen ist darauf zu achten, daß Absonderungen und Entleerungen von Pestkranken ver- 
dächtiges Wasser und Abfälle irgend welcher Art nicht undesinfizirt in das Hafen= und Flußwasser gelangen. 
13e. 
Sind auf einem Schiffe bei der Abfahrt oder auf der Fahrt Pestfälle vorgekommen, jedoch nicht 
innerhalb der letzten 12 Tage vor der Ankunft, so gilt dasselbe als verdächtig. Nach erfolgter ärzt- 
licher Untersuchung (§ 5) ist die Mannschaft, sofern der beamtete Arzt dies für nothwendig erachtet, hin- 
sichtlich ihres Gesundheitszustandes einer Ueberwachung, jedoch nicht länger als zehn Tage, von der Stunde 
der Ankunft des Schiffes an gerechnet, zu unterwerfen. Das Anlandgehen der Mannschaft kann während 
der Ueberwachungszeit verhindert werden, soweit es nicht zum Zwecke der Abmusterung geschieht oder 
Gründe des Schiffsdienstes entgegenstehen. Den Reisenden ist die Fortsetzung ihrer Reise zu gestatten, 
jedoch hat, wenn der beamtete Arzt ihre fernere Ueberwachung für nothwendig erachtet, die Hafenbehörde 
unverzüglich der für das nächste Reiseziel zuständigen Polizeibehörde Mittheilung über die bevorstehende Ankunft 
derselben zu machen, damit sie dort der gesundheitspolizeilichen Ueberwachung unterworfen werden können. 
Begründet das Ergebniß der ärztlichen Untersuchung den Verdacht, daß Insassen des Schiffes den Krank- 
heitsstoff der Pest in sich aufsgenommen haben, so können dieselben auf Anordnung des beamteten Arztes 
wie die Personen eines verseuchten Schiffes (§ 13b 1 und 3) behandelt werden. 
Im Uebrigen gelten die Vorschriften des § 13b Nr. 4 bis 7. 
134. 
Hat das Schiff weder vor der Abfahrt noch während der Reise noch auch bei der Ankunft einen 
Pest-, Todes= oder Krankheitsfall an Bord gehabt, so gilt dasselbe, auch wenn es aus einem Hafen kommt, 
gegen dessen Herkünfte die Ausübung der Kontrolle angeordnet worden ist, als „rein“ und ist, sofern die 
ärztliche Untersuchung (§ 5) befriedigend ausfällt, sofort zum freien Verkehr zuzulassen, nachdem die in 
§ 13b unter Nr. 4, Abs. 1 und 3 und Nr. 5 bis 7 bezeichneten Maßnahmen ausgeführt worden sind, 
soweit der beamtete Arzt dies für erforderlich erachtet. Begründet das Ergebniß der ärztlichen Unter- 
suchung den Verdacht, daß Insassen des Schiffes den Krankheitsstoff der Pest in sich ausgenommen haben, 
oder hat die Reise des Schiffes seit Verlassen eines Hafens der oben bezeichneten Art weniger als zehn 
Tage gedauert, so können die Reisenden und die Mannschaft auf Anordnung des beamteteten Arztes nach 
Maßgabe der Bestimmungen des 8 13c weiterhin einer gesundheitspolizeilichen Ueberwachung, bis zur 
Dauer von 10 Tagen, von dem Tage der Abfahrt des Schiffes an gerechnet, unterworfen werden. 
8 13e. 
Gegenüber sehr stark besetzten Schiffen, namentlich gegenüber solchen, die Auswanderer oder Rück- 
wanderer befördern, sowie gegenüber Schiffen, die besonders ungünstige gesundheitliche Verhältnisse 
aufweisen, können weitere, über die Grenzen der §§ 13b bis 134 hinausgehende Maßregeln von der 
Hafenbehörde getroffen werden.
	        
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