Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

zeigen, daß ich in durchaus friedlicher Absicht in ihr 
Land gekommen wäre. Leider schlugen alle Versuche, 
mit den Eingeborenen in nähere Fühlung zu kommen, 
fehl. Sie erschienen im Lager mit Verpflegung und 
verschwanden dann wieder in ihren Schlupfwinkeln. 
Dieser Ruhetag wurde auch dazu benutzt, den auf 
dem Sabinyo erlegten Affen abzubalgen und zu 
skelettieren. 
Der Weitermarsch führte uns bis an den 
Rand des Bambuswaldes, gleichfalls am Süd- 
fuß des Kirunga ka Karisimbi, in die Landschaft 
Kansense. Auf dem Marsche hierher wurde ein 
kranker Träger, nachdem er von der Nachspitze aus 
den auf ihn einstürmenden Eingeborenen heraus- 
gehauen war, ermordet. Ein Grund hierzu war 
für die Bevölkerung in keiner Weise vorhanden. 
Ich beschloß daher, auch den nächsten Tag in 
Kansense zu verbleiben, um die Schuldigen zu 
bestrafen. Trotzdem indessen der ganz geheim ge- 
haltene Abmarsch der hierzu bestimmten Abteilung 
auf morgens 4 Uhr festgesetzt war, erhielten die 
Eingeborenen durch aufgestellte Wachen von Berg 
zu Berg Nachricht von meiner Absicht. Die Askaris 
fanden daher auch bei ihrer Ankunft am Morgen die 
Dörfer verlassen und das Vieh fortgetrieben. Die 
bei der Ermordung des Trägers beteiligt gewesenen 
Dörfer wurden abgebrannt. An Vieh wurden nur 
etwa 150 Ziegen und 2 Rinder erbeutet. Die 
mich begleitenden Watussi erklärten auch, daß der 
Msinga sich in dieser Gegend noch keinen Gehorsam 
habe verschaffen können, sowie daß sie nur mit 
mir diesen Weg gegangen wären. Für den Rück- 
marsch würden sie einen mehr südlichen Weg 
wählen. 
Am 23. Oktober passierten wir auf ausgetretenen 
und versumpften Pfaden den am Südfuß des mit 
Schnee bedeckten Vulkans Kirunga ka Karisimbi 
sich hinziehenden Bambuswald und gelangten erst 
nach einem Marsch von 7¼ Stunden in das Lager 
am Steilabfall der Mhungweberge. Westlich des 
Kirunga ka Karisimbi zeigten sich der den größten 
Teil des Tages in Wolken gehüllte Kirunga tscha 
Mikeno und weiter nach Südwesten der Kirunga 
tscha Ninagongo. Im Lager am Muturabach, am 
Steilabfall des Randgebirges, besuchte mich der 
Pater Barthelemy, Superior der Missionsstation 
Ugundu in der Landschaft Bugoie. 
Am 24. Oktober passierte ich die zwischen 
dem Kiwusee und dem Vulkan Kirunga tscha Nina- 
gongo liegende und nach Süden hin abfallende 
Lavaebene, eine einzige Schamba von Bohnen- 
und Erbsenfeldern zwischen Bananenhainen. Hütte 
reihte sich hier an Hütte. Ich habe während meiner 
nunmehr achtjährigen Dienstzeit in der Kolonie ein 
derart dicht bevölkertes Gebiet noch nicht gesehen. 
Seit 1899 ist hier ein ständiger Zuzug aus Kame- 
ronse, Kischari und Buischa zu verzeichnen gewesen. 
Ich schätze die Bevölkerung der Provinz Bugoie 
auf etwa 150 000 bis 200 000 Seelen. Der hier 
  
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in einer Höhe von 1910 m liegenden Missionsstation 
Ngundu stattete ich mit Oberarzt Dr. Engeland einen 
Besuch ab, um der Bevölkerung zu zeigen, daß 
zwischen Regierung und Mission vollständiges Ein- 
vernehmen bestände. Die einzelnen Missionshäuser 
waren der Erdbebengefahr wegen einstöckig gebaut 
und mit Matten ausgelegt. Zurzeit befinden sich 
die Väter Barthelemy, Classe und Weckerle in 
Nyundu. Sie erklärten, mit der Bevölkerung im 
besten Einvernehmen zu leben und jederzeit Schüler 
wie Arbeiter in genügender Anzahl haben zu können; 
auch erklärten sie mir, daß Sklavenhandel in Bugoie 
nicht getrieben würde. Lager bezogen wir in der 
Nähe des deutschen Postens in Kischenyi, hart am 
Ufer des Kiwusees. Der Posten besteht zurzeit aus 
einem Ombascha und drei Askaris und lebt mit den 
Eingeborenen im besten Verhältnis. Im früheren 
Standlager des Hauptmanns Herrmann lagerte auch 
die kongolesische Grenzkommission unter Leutnant 
Mercier und v. Stockhausen mit einem Begleit- 
kommando von 30 kongolesischen Askaris. In 
Kischenyi verweilte ich 13 Tage. Die Häuptlinge 
von Bugoie mit Namen Bulahanda und Luakadigi 
erschienen fast täglich im Lager, lieferten Verpflegung 
und stellten Leute zur Arbeit. Der deutsche Posten, 
eine mit Euphorbien umgebene kleine Boma, befindet 
sich noch auf demselben Platze wie zur Zeit der 
Gründung im August 1899. Der Sudanesen-- 
ombascha hatte hier Versuche mit Weizen, euro- 
päischen Kartoffeln und Zwiebeln gemacht, welche 
gute Ernte versprechen. Der Handel in Kischenyi 
beschränkt sich zurzeit noch auf Durchgangshandel, 
zum größten Teil von und nach Usumbura und 
Ujiji, weniger von und nach Bukoba. Dauernd 
niedergelassen haben sich hier ein arabischer und ein 
Msuahelihändler. Der lebhafte Verkehr zwischen 
Kischenyi und Ischangi geschieht auf dem Wasser- 
wege mit Ruderbooten. Die Uberfahrtszeit beträgt 
etwa drei bis vier Tage. Während dieser Weg als 
vollständig sicher bezeichnet werden muß, kann die 
nördliche Route nach Bukoba nur von größeren und 
geschlossenen Karawanen benutzt werden, da die Be- 
völkerung in den Gegenden südlich des Karisimbi ka 
Karisimbi und in Mpororo wenig friedlich ist. In 
Kischenyi fand ich auch mehrmals Gelegenheit, mit 
dem Zwergvolk der Batwas in Verhandlung zu 
treten. Dieselben klagten, daß Jäger aus dem 
Kongostaat die in den Urwäldern noch vorhandenen 
Elefanten, welche sie als ihr ausschließliches Eigen- 
tum betrachten, in großen Mengen töteten. Von den 
Batwas des Kirunga tscha Ninagongo konnte ich 
drei photographieren. Ein ausgewachsener Mann 
maß 1,41 m, sein etwa achtjähriger Sohn 1,15 m 
und seine etwa zehnjährige Tochter 1,24 m. 
Am 29. Oktober verließ Oberarzt Dr. Engeland 
mit 15 Askaris und 34 Trägern in Booten 
Kischenyi, um nach Usumbura vorauszumarschleren 
und dort die notwendigen Vorbereitungen zu seinem 
Marsch zur Küste zu treffen. Er erreichte in 
 
	        
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