Full text: Deutsches Kolonialblatt. XIV. Jahrgang, 1903. (14)

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hat zwar der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft 
die für sie höchst vorteilhafte Möglichkeit gegeben, 
an ihren Silberprägungen sehr erhebliche Gewinne 
zu machen, während vor dem Juni 1893 ihre 
Silberprägungen kaum die Kosten deckten. Man 
würde der Gesellschaft ihre erheblichen Münz- 
gewinne nicht zu mißgönnen brauchen, wenn nicht 
diese Gewinne auf Kosten der Sicherheit des ost- 
afrikanischen Geldwesens und zu Lasten des Landes- 
fislus des ostafrikanischen Schutzgebiets entstehen 
würden. Letzteres ist aber naoch Lage der Ver- 
hältnisse der Fall. Die Deutsch-Ostafrikanische Ge- 
sellschaft, welche nahezu zur Hälfte unterwertige 
Münzen ausprägt und im Schutzgebiet in Umlauf 
setzt, hat keinerlei Verpflichtung übernommen, ja 
sogar ausdrücklich jede Verpflichtung abgelehnt, diese 
Münzen zu irgend einem Zeitpunkte zu ihrem gegen- 
wärtigen Kurswert in einem vollwertigen Gelde 
einzulösen. Infolgedessen ist keinerlei Sicherheit 
dafür gegeben, daß nicht durch irgend welche Ver- 
hältnisse die Parität zwischen der ostafrikanischen 
und der indischen Rupie und damit auch die an- 
nähernde Stabilität des Kursverhältnisses zwischen 
dem ostafrikanischen Gelde und der Reichswährung 
zerstört wird und daß nicht die Gesellschaftsrupie 
eine Entwertung bis herab auf ihren effektiven 
Silbergehalt erfährt. 
Eine solche Möglichkeit läßt sich nicht verkennen 
in Anbetracht des großen Unterschieds in dem, was 
zur Sicherung des Kurses der indischen Rupie 
einerseits, der ostafrikanischen Rupie andererseits 
bisher geschehen ist. In Indien sind alle Maß- 
nahmen getroffen worden, die zur Festlegung des 
Rupienkurses vor der zunächst noch unmöglichen 
Einführung der vollen Goldwährung in Frage 
kommen konnten: die Silberprägung für private 
Rechnung ist völlig eingestellt worden, und die 
Ausprägungen für Rechnung des Staates werden 
auf das strengste auf das Maß des unabweis- 
baren Zirkulationsbedarfs beschränkt; ferner hat 
Indien, wie bereits erwähnt wurde, die Verbin- 
dung zwischem dem englischen und dem indischen 
Gelde dadurch befestigt, daß es durch das Gesetz 
vom 15. September 1899 die englische Hauptgold= 
münze, den Sovereign, zum gesetzlichen Zahlungs- 
mittel zum Betrage von 15 Rupien erklärte; 
außerdem hat die indische Regierung einen nicht 
unbeträchtlichen Goldschatz angesammelt, der bei 
einer ungünstigen Gestaltung der indischen Zahlungs- 
bilanz zur Aufrechterhaltung des Rupienkurses ver- 
wendet werden soll; ferner ist die indische Regierung 
in der Lage, durch die planmäßige Leitung des 
umfangreichen Zahlungsverkehrs zwischem dem India 
Council in London und den indischen Staatskassen 
in Bombay, Calcutta und Madras regulierend auf 
den Rupienkurs einzuwirken; schließlich fällt schwer 
ins Gewicht die allgemeine Uberzeugung, daß hinter 
der indischen Währung die wirtschaftliche und 
finanzielle Macht eines großen Reiches steht. 
  
Im vollen Gegensatze zu dieser Sachlage in 
Indien stehen die Verhältnisse der von der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft geprägten Rupien. Ihr 
Schicksal liegt in den Händen einer Privatgesellschaft, 
deren Kredit als Stütze für ein beinahe zur Hälfte 
unterwertiges Geld auf die Dauer auch dann nicht 
ausreichen dürfte, wenn die Gesellschaft überhaupt 
gewillt wäre, mit ihrem Kredit für das von ihr 
ausgeprägte Geld einzustehen; in Wirklichkeit lehnt 
jedoch die Gesellschaft jede Verantwortlichkeit für 
das von ihr ausgeprägte Geld ab, und sie ist weder 
gewillt, noch auch in der Lage, wirksame Vor- 
kehrungen zur Erhaltung der Stabilität des Rupien- 
kurses für ungünstige Eventualitäten zu treffen. Es 
kommt hinzu, daß die hohen Münzgewinne, welche 
die Gesellschaft bei dem niedrigen Stande des Silber- 
preises zu machen in der Lage ist, für die Gesell- 
schaft eine starke Versuchung für eine übermäßige 
und die Festigkeit des Rupienkurses unmittelbar ge- 
sährdende Ausprägung von Silbermünzen darstellen. 
Obwohl anerkannt werden muß, daß sich die Gesell- 
schaft mit ihren Prägungen bisher innerhalb der 
durch die Rücksicht auf die ostafrikanischen Kurs- 
verhältnisse gezogenen Grenzen gehalten hat, so hat 
sie immerhin, wie aus den oben wiedergegebenen 
Zahlen hervorgeht, seit 1897 ihre Silberprägungen 
auf mehr als das Zweiundeinhalbfache gesteigert. 
Die Möglichkeit einer künftigen Entwertung der 
Gesellschaftsmünzen ist also bei dem bestehenden 
System unbestreitbar vorhanden. 
Neben den großen wirtschaftlichen Gefahren, 
welche aus einer solchen Entwertung des ostafri- 
kanischen Geldes sich ergeben würden, enthält der 
gegenwärtige Zustand des ostafrikanischen Münzwesens 
eine Bedrohung der Finanzen des Schutgebiets. 
Da die Gesellschaft keinerlei Verpflichtung zur Ein- 
lösung der von ihr ausgeprägten Münzen über- 
nommen hat oder zu übernehmen gewillt ist, be- 
gründet die Gesellschaft durch die Ausgabe ihres 
stark unterwertigen Geldes gewissermaßen eine 
schwebende Schuld, die auf dem Münzumlaufe des 
ostafrikonischen Schutzgebiets lastet und zu deren 
Honorierung die Gesellschaft nicht verpflichtet ist. 
Zwar hat auch das Reich bei Erteilung der Präge- 
befugnis an die Gesellschaft jede Verpflichtung zu 
einer Einlösung des von der Gesellschaft geprägten 
und in Umlauf gesetzten Geldes ausdrücklich 
abgelehnt. Aber nichts desto weniger wird das 
Reich die von der Gesellschaft durch ihre Prä- 
gungen begründete schwebende Schuld früher oder 
später übernehmen müssen, und zwar spätestens 
beim Ablaufe des Vertrags mit der Gesellschaft 
im Jahre 1935; denn mangels eines jeden 
Rechtsanspruchs an die Gesellschaft wird sich das 
Reich nicht der Notwendigkeit entziehen können, be- 
hufs Vermeidung einer die gutgläubigen Inhaber 
von Rupien und die Verkehrsbeziehungen des ost- 
afrikanischen Schutzgebiets schwer schädigenden Ent- 
wertung dieses Geldes mit eigenen Mitteln für die
	        
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