Metadata: Das Völkerrecht systematisch dargestellt.

322 IV. Buch. Die Erledigung der Staatenstreitigkeiten. 
Erörterungen gewesen. Im Weltkrieg ist die eigentliche Blockade stark 
in den Hintergrund. getreten; die Seesperre durch Minen, Torpedo- und 
Tauchboote (unten unter 6) hat sie fast völlig verdrängt. Immerhin ist 
die Blockierung von Montenegro, Albanien, Tsingtau, Deutsch-Östafrika, 
Kamerun, Kleinasien zu verzeichnen. | 
Schon die bewaffnete Neutralität von 1780 (oben S.15) hatte die 
Effektivität der Blockade verlangt. Nur dort soll die Blockierung 
rechtswirksam sein, „oü il y a, par des bätiments de guerre arretes 
et suffisamment proches, un danger &vident d’entrer“. Damit war 
die sogenannte papierene Blockade, der blocus sur papier oder de 
cabinet, auch blocus anglais genannt, für rechtsunwirksam erklärt. Aber 
noch in der Zeit der Napoleonischen Kriege haben die Seemächte, Eng- 
land sowohl wie Frankreich, mit Erfolg der bloßen Erklärung, daß 
ein ausgedehntes Küstengebiet blockiert sei, die Wirkung einer tat- 
sächlichen Blockade beigelegt (man denke auch an die Kontinental- 
sperre). Dieser mißbräuchlichen Ausdehnung des Blockaderechts gegen- 
über bestimmte die Pariser Seerechtsdeklaration von: 1866: „Les blocus, 
pour ätre obligatoires, doivent &tre effectives, c’est a dire maintenus par 
une force suffisante pour interdire r&ellement l’acces du littoral de 
l’ennemi.“ Damit war, im Gegensatz zur Vereinbarung von 1780, die 
Blockads durch kreuzende Schiffe (Kreuzerblokade, blocade par 
croisidres) anerkannt. Obwohl nicht alle Seemächte dieser Bestim- 
mung beitraten, ist sie doch im Lauf des 19. Jahrhunderts tatsächlich 
allgemein beachtet worden. In den Staatsverträgen, auch in denen 
des Deutschen Reiches mit den mittel- und südamerikanischen Staaten, 
haben sich die Mächte vielfach noch ausdrücklich zur Beachtung dieser 
Rechtsregel verpflichtet. Vgl. z.B. die oben $ 39 IV S.279f. ange- 
fübrten Verträge Deutschlands mit Mexiko und Salvador. 
Dennoch blieb eine Reihe von Streitfragen ungelöst. Besonders 
bestritten war die Theorie der „fortgesetzten Reise“ (voyage 
continue, Reisetheorie), die die ganze Fahrt des Schiffes, von dem 
Verlassen des Heimathafens bis zur Rückkehr in diesen, als eine Ein- 
heit betrachtet und den Folgen des versuchten Blockadebruchs unter- 
werfen will (vgl. unten Note 8). Die Verhandlungen der zweiten Frie- 
denskonferenz führten zu keinem Ergebnis. Erst die Londoner See- 
kriegsrechtserklärung von 1909 hat in ihrem ersten Kapitel die Blockade 
im Seekrieg eingehend geregelt (Art.1 bis 21). 
b) Dos Blockaderecht steht dem Kriegführenden zu; es ergreift die feind- 
liche sowie die vom Feind besetzte eigene oder neutrale Küste. Der Zugang zu 
benachbarten neutralen Häfen und Küsten darf dabei durch die blockierenden 
Streitkräfte nicht versperrt werden (Art. 1, 18). 
Sperrung der Küste durch Aufständische, die nicht als kriegfüh- 
rende Partei anerkannt sind, ist rechtsunwirksam.
	        
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