Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Zeichen der regen Bautätigkeit sei angeführt, daß 
zur Zeit über 40 Neubauten im Gange sind. Bei 
Ankunft der Dampfer, welche jedesmal eine Anzahl 
europäischer und farbiger Passagiere und Händler 
mitbringen, entfaltet sich ein Leben, wie man es an 
der Küste nicht immer zu sehen gewohnt ist. Der 
am 27. September eingetroffene Dampfer „Winifred“ 
brachte z. B. 50 Tonnen Importwaren (haupt- 
sächlich Stoffe), und war nicht in der Lage, sämtliche 
für ihn bestimmte Ausfuhrgüter mitzunehmen, da er 
nur für 100 Tonnen Platz hatte. 
Muansa besitzt vier europäische Firmen, und 
zwar: Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft, Societa 
Coloniale Italiana, Roß & Schindler (amerikanische) 
und eine griechische, ferner 20 indische, 15 ara- 
bische und 5 Suahelihändler. Zu den wichtigsten 
indischen Flrmen zählen: Alidina Visram, Dharam- 
sikhatoo & Co., Mulji Jiwraj & Co., Jaffer 
Walji & Co., Remtula Merali und Budamat 
Budaram & Co. 
Außerdem ist der Sudanese Mansur Mohamed, 
ein früherer Schautsch der Schutztruppe, namhaft zu 
machen, der seit Jahren elnen bedeutenden Vieh- 
handel betrelbt. 
An der Spitze der einhelmischen Kaufmannschaft 
steht der indische Großkaufmann Alidina Visram. 
Er hat einen jährlichen Warenumsatz von etwa 
300 000 Rupien, hiervon entfallen auf Import 
200 000, auf Export 100 000 Rupien. Alldina ist 
nicht nur in sämtlichen Plätzen am See, sondern 
auch in den meisten wichtigeren Handelsplätzen von 
Uganda, Deutsch= und Britisch-Ostafrika vertreten. 
Er verfügt über einen großen Unternehmungsgeist 
und über große geschäftliche Routine; sein jährlicher 
Warenumsatz übertrifft den seiner Vorgänger bei 
weitem. 
Die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft hat sich 
zur Wahrung ihrer Interessen seit 1898 in Muansa 
endgültig niedergelassen. Sie besitzt außer der 
Hauptniederlassung mit einem imposanten Steinhause 
noch zwei offene Ladengeschäfte und nimmt auch die 
Agenturgeschäfte der englischen Dampfer wahr. Der 
jährliche Warenumsatz wird auf 250 000 Rupien 
geschäpt. Der Warenumsatz der übrigen bedeuten- 
deren Firmen bewegt sich zwischen 100 000 und 
150 000 Rupien. 
Muansa exportiert hauptsächlich Getreide, Reis, 
Erdnüsse, Butter (Samli) und lebendes Vieh. Die 
Gegend gilt heute schon als die Kornkammer 
Ugandas, welches große Mengen Reis und Mtama 
von dort bezleht. 
Von Ansiedlern, deren es zur Zeit elf gibt, find 
Wiegand und Siedentopf hervorzuheben. 
Wiegand hat sich zwei Tagereisen von Muansa 
in der fruchtbaren Landschaft Nera angesiedelt, wo- 
selbst er neben Getreidebau hauptsächlich Bammwoll- 
kultur in großem Umfange betreibt. Ihm gebührt 
das Verdienst, diese zukunftsreiche Kultur unter den 
Eingeborenen eingeführt zu haben. Er hat eine 
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Musteranlage, eine Plantagenschule, geschaffen, welche 
vielfach auch von Sultanssöhnen besucht wird. 
Außerdem sind zur praktischen Unterweisung aus 
jedem Dorfe je zwei Eingeborene bei ihm angesiedelt; 
nach beendigter Ernte wechseln die Leute ab. 
Auf das Betreiben Wiegands sind in der Land- 
schaft Nera fast in jedem Dorfe kleinere Anpflanzungen 
entstanden. 
Wiegand hat nämlich mit etwa 200 Unter- 
sultanen Lieferungsverträge abgeschlossen. Unter 
kostenfreier Abgabe von Baumwollsamen kauft er 
die gesamte Ernte mit 4 Pesa pro Pfund unent- 
kernt auf. Die letztiährige Ernte fiel infolge Auf- 
tretens eines Blattlausschädlings ungünstig aus, es 
wurden nur 37 Ballen exportiert. Dessenungeachtet 
hat Wiegand die Kulturbestrebungen in gesteigertem 
Maße fortgesetzt. Auch Siedentopf ist ein äußerst 
praktischer und zielbewußter Arbeiter, der zweifellos 
vorankommen wird. Er beschäftigt sich hauptsächlich 
mit rationeller Viehzucht (Rindvieh-, Esel= und 
Straußenzucht). Sein Rindviehbestand wird auf 
1000 Stück geschätzt, darunter ein vorzügliches 
Kreuzungsprodukt von Ruanda= und Ussukuma-Vieh. 
An Kulturen besitzt Siedentopf etwa 5000 Kautschuk- 
bäume; mit Baumwollbau ist er erst neuerdings 
vorgegangen. 
Ein unlängst angesiedelter Bur namens Prätorius 
macht einen sehr guten Eindruck und scheint über 
praktische Kenntnisse und größere Mittel zu verfügen. 
Er will vorzugsweise Rindvieh= und Wollschafzucht 
(Merino) in großem Umfange betreiben. 
Daß der Muansa-Bezirk auch wertoolle Boden- 
schätze birgt, ist bekannt. Der Prospektor Arndt, 
welchen ich in Muansa antraf, ist von dem großen 
Werte und der Abbauwürdigkeit dieser Felder 
überzeugt. 
Nach alledem unterliegt es wohl keinem Zweifel, 
daß der Muansa-Bezirk, dessen Verhältnisse nach- 
gerade auf Weiterentwicklung drängen, eine große 
Zukunft hat. 
Der Muansa unterstellte Schiratl-Bezirk hat 
ähnliche, wenn auch ungünstigere Verhältn#sse; vor 
allem fehlt die arbeitslustige Bevölkerung. An kauf- 
männischen Geschäften sind dort sieben vorhanden: 
Alidina Visram, Juma Sojan, Societa Coloniale 
Italiana, vertreten durch Nur-Mohamed, die Fell- 
handlung Max Klein, vertreten durch Alibhai, und 
vier kleinere indische Händler. 
Ausgeführt werden Ziegenhäute, Ochsenfelle, 
lebendes Vieh und in kleineren Mengen Erdnüsse, 
Sesam, Elfenbein und Gehörne. Lianenkautschuk 
soll südlich des Gorl auftreten, wird aber nicht 
exportlert. Die Einfuhr besteht in weißen Baum- 
wollstoffen, Perlen, Eisen und Messingdraht. Die 
Warenbewegung erfolgt wegen der Nähe von Port- 
Florence mehr mit Dhau als mit Dampfer. 
(Schluß folgt.) 
 
	        
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