Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

Kapitäns, welchen siegestern Nachmittag erhalten haben. 
Der Kapitän teilt darin seinen Unterkapitänen mit, 
doß er jetzt fest entschlossen sel, mit der deutschen 
Regierung einen Krieg zu beginnen, da er nicht mehr 
verpflichtet sei, sein Wort zu halten, denn die Regle- 
rung täte es auch nicht; im Gegentell, sie mischte sich 
fortgesetzt in seine Angelegenheiten, ließe seine Leute 
in den Kriegen totschießen und versammele im Süden 
so viele Truppen, so daß er annehmen müßte, die 
Reglerung meine es auch nicht mehr ehrlich.“ 
Des weiteren sagte Herr v. Burgsdorff: „Beck, 
ich halte die Sache für sehr ernst, denn der Brief 
läßt an der Gesinnung des alten Hendrik bald kelnen 
Zweifel mehr übrig; ich glaube jedoch, wenn ich es 
schaffe, bis morgen früh beim Kapitän zu sein, es 
noch nicht zu spät sein wird, um das emsteste zu 
verhüten. Ich nehme Samuel und Petrus mit, ob- 
gleich der Kapltän an die beiden schreibt, sie sollten 
nicht kommen, da er doch nicht mehr umzustimmen 
wäre. Ihre Sache ist es nun, Beck, so lange es 
Ihnen hier nur möglich ist, die Ruhe unter den 
Weißen zu halten, falls irgendwelche Gerüchte auf- 
tauchen sollten. Sie übernehmen nach meinem Fort- 
ritt hier das Kommando, und ich verlasse mich da- 
rauf, daß Sie Ihr Bestes tun werden. Meine An- 
sicht isl nun die, wenn es verhütet werden kann, daß 
beim Bekanntwerden unter den Weißen eine Panik 
ausbricht, und ich erreiche morgen früh Hendrik und 
spreche mit ihm, so bin ich fest überzeugt, dem Be- 
zirk die Ruhe zu erhalten. Sollte nach meinem Fort- 
ritt nun aber irgend etwas passieren, wodurch Sie 
die Überzeugung erhalten, daß ernste Verwicklungen 
unausblelblich seien, so veranlassen Sie mit allen 
räften, zu retten, was überhaupt zu retten ist, und 
tun Sie Ihr Bestes, dem Bezirk jede Hilfe zu schaffen. 
Ich selbst denke übermorgen früh wieder hier zu sein." 
uf meine Bltte, den Brief einmal sehen zu dürfen, 
agte mir Herr v. Burgsdorff, daß derselbe im Be- 
itze von Samuel Jzoak sel. 
Herr v. Burgsdorff ging hierauf nach seinem 
Hause zurück und machte sich zum Abritt fertig, 
während ich die Eingeborenen zum Abmarsch fertig 
machen ließ. Da mir Bedenken aufstiegen, wie man 
unter den Weißen des Platzes die plötzliche Abreise 
des Herrn v. Burgsdorff nach Rietmond auslegen 
würde, ging ich nochmals zum Herrn Bezirksamtmann, 
traf ihn bereits zu Pferde zwischen seinem Hause und 
er Station und bat ihn um Befehle, was für einen 
blausiblen Grund ich den Ansiedlern angeben sollte, 
falls ich gefragt werden würde, weshalb Herr v. Burgs- 
dorff nach Rietmond wöre. Er sagte mir darauf- 
„Sagen Sie, es wären da zwischen mir und Hendrik 
persönliche Differenzen, und ritte ich hinaus, um die- 
elben belzulegen.“ 
Kurz vor Sonnenuntergang ritt Herr v. Burgsdorff 
mit seiner Begleitung aus Glbeon heraus, während 
ch du dem Kaufgeschäft von H. Krieß ging. 
daf dort auf der Veranda verschiedene Bewohner 
es Platzes und wurde von denselben auch sofort 
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befragt, was die Reise des Bezirksamtmanns zu 
bedeuten hätte; worauf ich den vorgenannten Grund 
angab. Gleich darauf rief mich Krieß in sein 
Geschäftslokal und sagte mir folgendes: „Soeben 
war Samuel Jzaak hier, und da er sehr bedrückt zu 
sein schten, frug ich, was ihm wäre und weshalb er 
mit dem Bezirksamtmann nach Rietmond ritte, worauf 
er mir sagte, daß er von Hendrik einen Brief erhalten 
hätte, mit welchem er aber nicht einverstanden wäre; 
darauf ich: „Na, wlll denn der Kapitän Krieg mit 
uns machen de worauf er: Es scheint sole darauf ich: 
Schleßen sie denn schon?# worauf er: vvielleichte 
sagte.“ Krleß frug mich daraufhin, was nun wahres 
daran wäre und ob es notwendig sei, seine auf der 
Farm befindlichen Geschwister und Mutter hereinholen 
zu lassen; ich antwortete ihm darauf: von dem, was 
er mir von Samuel soeben gesagt hätte, wüßte ich 
nichts, es könnte jedoch ober auch wohl in keiner 
Weise schaden, wenn er seine Mutter und die weib- 
lichen Geschwister für alle Fälle nach Gibeon herein- 
holen ließe. 
Nachdem wurde ich zur Wohnung der Frau 
v. Burgsdorff gerufen, welche mich frug, was ich 
von der ganzen Sache hielte und ob irgendwelche 
Gefahr im Anzuge wäre, denn sie hätte ihren Mann 
noch nie so niedergeschlagen gesehen. Ich antwortete 
ihr darauf, doß ich die Angelegenheit noch nicht 
richtig übersehen könnte, aber sicher wäre, daß, wenn 
Herr v. Burgsdorff zu Hendrik käme, alle Differenzen 
beigelegt werden würden. Als ich nunmehr nach 
meiner Wohnung ging, war es inzwischen schon 
dunkel geworden, und ich revidierte dabei gleichzeitig 
die Eingeborenenwerften; ich bemerkte dort, daß in 
verschiedenen Pontoks die Habseligkeiten zusammen- 
gepackt und verschiedentlich Vieh fortgetrleben wurde. 
Einige eingeborene Männer und Welber, welche ich 
daraufhin anredete, standen mir keine Antwort. Nach 
der Station zurückgekehrt, beauftragte ich den wach- 
habenden Polizisten, Sanitätsunteroffizler Thiede, die 
Werften im Auge zu behalten und mir alles Ver- 
dächtige zu melden, worauf ich in meine Wohnung 
ging. Ungefähr um 7 ½/ Uhr erhielt ich die Meldung, 
daß die Eingeborenen ihre Werften verließen und in 
der Richtung nach Rietmond abzögen. Darauf machte 
ich sofort in Begleitung eines eingeborenen Polizisten 
einen Rundgang über die sämtlichen Werften, traf 
überall aber nur noch einen Teil der Männer an, 
frug dieselben, was eigentlich los wäre, und ermahnte 
sie, Ruhe zu halten und die Weiber und Kinder 
zurückzuholen, da ein Grund zur Flucht doch absolut 
nicht vorläge. UÜberall erhielt ich jedoch auswelchende 
Antworten und man sagte mir, man wüßte nicht, 
was los wäre. Darauf ging ich zu dem auf Gibeon 
stationferten Missionar Spellmeyer und bat ihn, 
selnen Elnfluß darauf zu verwenden, die Eingeborenen 
am Platze zurückzuhalten. Herr Spellmeyer ant- 
wortete mir, daß er schon alles mögliche versucht 
hätte, lhm oaber selbst seine weiblichen Dienstboten 
entlaufen seien und er vollständig ratlos dastände
	        
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