Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

angelegt worden. Die Flüsse Ngaka und Njumassi 
find zum Durchwaten mit bequemen Rampen versehen. 
Zwei Missionare, zwei Frauen und ein Kind der 
Brüdergemeine sind mit einspännigem Wagen, ohne 
dlesen auseinanderzunehmen oder tragen zu lassen, 
bis Wiedhafen gekommen, und diese Reisenden sind 
trotz mancher vorgefundener Schwierigkeiten der An- 
sicht, daß der Weg über Land dem Wasserweg über 
Chinde—Shire, ganz abgesehen von dem Kostenpunkt, 
bei weitem vorzuziehen ist. Einen mir freundlichst 
zur Verfügung gestellten Bericht über diese Reise 
schließt der Leiter Missionar Kretschmar mit den 
Worten: „Es ist unter uns wiederholt die Verwun- 
derung laut darüber geworden, daß wir auf der 
ganzen Strecke Kllwa—Wiedhafen so viel von gutem 
Wege fanden, und ich stehe nicht an, dies hier noch- 
mals ganz besonders zu betonen. Was in dieser 
Beziehung von der Regierung der Kolonie gelelstet 
wird, dürfte doch wohl einzig dastehen.“ 
Bei Kilometer 24 liegt an dieser Straße das 
große Dorf Magnua des Arabers Raschid bin Massud 
el wardi. Dasselbe verllert an Bedeutung durch die 
Miluärstation. Zur Zeit der Scheeleschen Expedition 
im Jahre 1894 noch Handelszentrum und von Hun- 
derten von Händlern und Elefantenjägern bewohnt, 
ist es heute nur noch Wohnsitz des immer mehr 
verarmenden Arabers Raschid. Nachdem die guten 
Geschäfte mit dem schwarzen und weißen Elfenbein 
aufgehört haben, verliert der Islam zusehends an 
Einfluß und Ansehen, wahrlich kein Schaden für das 
Land, wenn auch mannigfache Verdienste der Küsten- 
leute um das Land nicht bestritten werden sollen. 
Insbesondere sind diese Leute hier vorbildlich für 
den Reisbau geworden, der heute im ganzen Land 
in erfreulich großer Ausdehnung betrieben wird. 
Nach der Regenzelt werden 60 bis 80 Pfund guter 
enthülster Reis für 1 Rupie angeboten, später wird 
er teurer. 
Etwas abseits der großen Straße liegt an dem 
in breiter Niederung zum Rowuma am Ngango= 
Berge fließenden Luawassi (auf der Karte fälschlich 
Rukokwaha genannt) oder Ruaruaha die Mlssions- 
station der Benediktiner Peramiho mit schöner Kirche, 
ausgedehnten massiven Baullchkelten und Feldern. 
Von dem jetzigen Bischof Spieß 1899 gegründet, 
hat sie hocherfreuliche Resultate zu verzeichnen, besitzt 
in dem sehr volkreichen Gebiet von Mchamchata 
und Mputa (Neffen des alten Fürsten Mharuli) 
mehrere Außenplätze und wirkt äußerst segensreich 
unter dem für seelsorgerische Tätigkeit scheinbar recht 
empfänglichen Wangoni-Volke. 
An dem wasserreichen Luhiri hat der Ansiedler 
John Booth zur Zeit seine Versuchsfelder an- 
gelegt und seine Viehherden stehen. Im Gegen- 
sotz zu anderen oft an Trockenheit leidenden 
Strichen Ungonis gibt es hier in den schilfreichen 
Nlederungen das ganze Jahr über prächtige Welde= 
plätze, so daß das Vieh gut gedeiht und sich das 
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ganze Jahr über Kulturen mannigfachster Art durch 
Bewässerung ermöglichen lassen. 
Die hier angestellten Baumwollversuche sind noch 
nicht abgeschlossen, und man wird auch in diesem 
Jahre zu einem abschließenden Urteil überhaupt nicht 
kommen, da Herr Booth durch die Tellnahme an 
der Eisenbahn-Expedition in den Haupternte= und 
Bestellungsmonaten abwesend sein mußte. Aber auch 
schon jetzt bilden die hier und bel der Militärstation 
gemachten Erfahrungen wichtige Grundlagen für die 
weitere Ausbreitung der sicheren Erfolg versprechen- 
den Baumwollkultur. 
Herr Booth hat unweit von hier am Zusammen- 
fluß des Lumässa (Lumessi) und Rutukera Kohlen 
gefunden, von welchen eine Probe ebenso wie von 
denen der zweiten Fundstelle, welche weiter unten 
behandelt wird, zur Vorlage kommen werden. I 
kann auch nach persönlicher Besichtigung der Felder 
als Laie ein verantwortliches Urteil über die Kohlen 
nicht abgeben. 
Von hier aus einige Stunden den Rutukira ab- 
wärts hat für die trockenen Monate Stabsarzt 
Dr. Panse sein Lager für die Tsetsestation aufge- 
schlagen. Die schönen Weiden ermöglichen ihm hier 
besser als auf der sehr trockenen Militärstation die 
Haltung der Versuchsherden. Für die Regenzeit 
beabsichtigt Dr. Panse wieder nach Ssongea zurück- 
zukehren, da alsdonn neben der Möglichkeit der 
billigeren Beschaffung von Lebensmitteln für Personal 
und Tiere auch wieder gute Weide vorhanden ist. 
Rutukira und Hanga, die Hauptzuflüsse des Ruhuhn, 
sind in ihrem Unterlauf und der Ruhuhn in seinem 
Oberlauf die größere Zeit des Jahres für Einbäume 
schifsbar, von August bis Dezember können sie aber 
nicht befahren werden. Dieser Umstand kann bei 
einem eventuellen Bahnbau Wichtigkeit insofern er- 
langen, als Zerealien, andere Landesprodukte und 
Kalk, der am Rukago in großen Mengen und guter 
Beschaffenheit liegt, in die Nähe der Bahn auf 
billigste Weise geschafft werden können. 
Hierauf wurde der Marsch am rechten Rutukira- 
Ufer fortgesetzt. Hier halten die Wangoni-Häuptlinge 
ihre Viehherden, abgesehen von kleinen Beständen, 
welche sie an ihren Wohnsitzen stehen haben. Es 
gibt das ganze Jahr über in den weiten Fluß- 
niederungen gutes Gras, so daß das Vieh sehr gut 
aussieht. Der Großhäuptling Pamballoto hat be- 
sonders große, nennenswertere Herden. Die Militär- 
station beabsichtigt, in den Gebieten, wo sich nach- 
weisbar Vieh gut hält, aus dem Bestande der 
Statlonsherde Zuchtwieh an zuverlässige Eingeborene 
zu verteilen und hierdurch die Lust derselben zur 
Züchtung zu beleben. Das Gebiet des genannten 
Pambalioto ist insbesondere durch sein salzhaltiges 
Gras in erster Linie hierzu geeignet. 
Am Zusammenfluß des Rutukira mit dem Ruhuhn 
(der erstere bricht hier in tief eingeschnittenem Tal 
durch das Sandsteingebirge) scheinen die besten Be- 
dingungen für den Anbau von Baumwolle vorhanden
	        
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