Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

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mit Bestimmtheit übersehen können, daß mit diesem 
Versuch nur der allererste Schritt zu weiteren Aus- 
bauten eines Schiffahrtsunternehmens auf dem 
Viktoria-Njansa getan ist, und da die Aus- 
sichten auf eine gute Rentabilität des Unternehmens 
sogar glänzende genannt werden müssen, sich bereits 
ernstlich mit Projekten tragen, die den Übelstand 
der wenig guten Tiefenverhältnisse der Kisumu- 
Bucht beheben sollen. Ich komme weiter unten auf 
diese englischen Projekte und die Rentabilität des 
Dampferunternehmens eingehender zurück. 
Die Dampfer „Winifred“ und „Sybil“ sind 
für Ladung wie für Passogiere eingerichtet. Sie 
können bei normaler Besetzung 12 Passagiere erster, 
10 Passagiere zwelter und etwa 100 Passaglere 
dritter (Deckpassage) Klasse unterbringen. Die 
Laderäume fassen zwischen 140 und 200 Tonnen, 
je nach dem das Gewicht der jeweiligen Ladung. 
Die Schiffe haben für die Passagiere eine solide und 
bequeme Einrichtung, nur sind sie infolge ihres 
geringen, berelts erwähnten Tiefganges und ihrer 
flachen Bauart ohne Kiel leicht den Einwirkungen 
einer bewegten See ausgesetzt. Schon mäßiger 
Seegang wirft die Schiffe herum und bringt sie in 
nicht gerade angenehme rollende und stampfende 
Bewegung. Ihre Geschwindigkeit beträgt in ruhiger 
See zwischen 8 und 9 Seemellen die Stunde, für 
die gegenwärtigen Verhältnisse und die zurückzu- 
legenden Entfernungen zwischen je zwei aufeinander- 
folgenden Stationen hinreichend. Die Schiffe sind, 
wie schon angedeutet, Elgentum der Ugandabahn- 
Verwoltung. Hieraus erklärt sich auch das auf den 
Dampfern eingeführte Verfrachtungs= und Ver- 
pflegungsverfahren. Abweichend von den Grund- 
sätzen sonstiger Reedereien verfrachtet die Ugonda- 
bahn-Verwaltung nur nach Gewicht, nicht auch nach 
Raummaß, also nach den Prinzipien der Bahnver- 
waltung. Da nun die Rückfrachten, die die Dampfer 
von den Handelsplätzen am See erhalten, zum 
großen Teil in Tierhäuten und Fellen bestehen und 
diese bei sehr großem Volumen nur ein verhältnis- 
mäßig geringes Gewicht aufweisen, so geschieht die 
Verfrachtung nur nach Gewicht sehr zum Nachtell 
der Bahnverwaltung. Dies ist derselben nicht un- 
bekannt; trotzdem behält sie dieses Verfahren bei, 
indem sie steis betont, daß sie kelne Reederei-Gesell- 
schaft sel und daß es für den Durchtransport der 
üter von der Eisenbahn mit den Dampfern ein 
zu kompliziertes Rechnungs= und Tarifverfahren 
werden würde, wenn die Güter tells noch Gewicht, 
teils nach Raum befördert werden sollten. 
Die Anschaffungskosten für jeden Dampfer haben 
19 0oo & betragen. Die Transport= und die Bau- 
kosten in Kisumu sind für jeden Dampfer mit 
17 ooo K in Ansatz gebracht, so daß jeder Dampfer 
# zu seiner Fertigstellung und Betriebsbereltschaft 
e Summe von 720 000 Mk. gekostet hat. 
Die Dampfer wurden auf dem Slip in Klsumu 
zusammengebaut. Die hierzu nötigen Werkzeuge, 
  
Materialien, Arbeitsmaschinen und Arbettskräfte 
lieferten die großen Eisenbahnreparaturwerkstätten in 
Nairobi. Jeder Dampfer ist in der kurzen Zeit 
von 10 Monaten zusammengesetzt und für den 
Betrieb fertiggestellt worden; zuerst die „Winifred“, 
dann die „Sybil“. 
Die „Winifred“ nahm im Februar 1903 zu- 
nächst den Dienst zwischen der Haupstadt von 
Uganda, Entebbe, und dem Endpunkt der Uganda- 
bahn am See, Kisumu oder Port Florence, auf. 
Als dann die „Sybil“ fertiggestellt war, versuchte 
die Bahnverwaltung die ersten Rundfahrten um den 
See in zweimonatlichen Intervallen. Indes bereits 
nach zwei Fahrten, bei denen die „Sybil“ in Muansa 
jedesmal nicht nur volle Ladung erhielt, sondern 
wegen Platzmangels sogar noch eine Anzahl Güter 
zurücklassen mußte, richtete die Bahnverwaltung einen 
vierwöchentlichen Verkehr ein, der aber auch nicht 
den Bedürfnissen des Exportes genügte. Daher 
änderte die Bahnverwaltung den Dampferfahrplan 
dahin ab, daß nunmehr alle drei Wochen ein 
Dampfer von Kisumu für die Rundfahrten ab- 
gelassen wurde, während außerdem ein wöchentlicher 
Verkehr zwischen Kisumu und Entebbe stattfindet. 
Dieser Fahrplan besteht seit einem Jahr, und sowohl 
diese schnelle Entwicklung des Unternehmens wie 
das günstige pekuntäre Ergebnis des ersten Betriebs- 
jahres, welches ich nachher in einer Rentabilitäts- 
berechnung nachweisen werde, reden eine deutliche 
Sprache für die steigende Entwicklung der Gebiete 
am Viktoria-Njansa. 
Die Dampfer machen die Rundfahrten einmal 
in östlicher, dos andere Mal in westlicher Richtung. 
Sie laufen hierbei folgende Plätze an: 
In deutschem Gebiet: Bukoba, Muansa und 
Schirati. 
In englischem Gebiet: Jinja, Minoniu und 
Entebbe. 
Die Dauer einer Rundfahrt beträgt zwischen 
9 und 11 Tage. Die Zwischenzeiten, in denen die 
Dampfer sonst untätig in Kisumu liegen würden, 
füllen sie aus, indem sie regelmäßige wöchentliche 
Touren nach Entebbe und zurück machen und hierbei 
je nach Bedarf noch Jinja und Minoniu anlaufen. 
Neuerdings wollen die Engländer noch den kleinen 
Dampfer „Percie Anderson“, von der Größe unserer 
Zollkreuzer an der Küste „Waml“ und „Kingani“ 
in den Dienst einstellen, indem derselbe die Frachten 
von Jinja und Minoniu in großen Leichtern 
nach Entebbe schleppen soll, um auf diese Weise 
es möglich zu machen, daß die großen Dampfer 
dle Rundfahrten in kürzerer Zeit als bisher erledigen 
können. 
Hinsichtlich der Verpflegung der Passagiere auf 
den Dampfern hat die Bahnverwaltung ebenfalls 
das auf ihrer Bahn eingeführte System beibehalten, 
indem die Küche und Messenführung kontraktlich an 
Goanesen vergeben ist, die die Passagiere erster 
Klasse gegen einen Betrag von 5 Rupies täglich
	        
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