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mit Bestimmtheit übersehen können, daß mit diesem
Versuch nur der allererste Schritt zu weiteren Aus-
bauten eines Schiffahrtsunternehmens auf dem
Viktoria-Njansa getan ist, und da die Aus-
sichten auf eine gute Rentabilität des Unternehmens
sogar glänzende genannt werden müssen, sich bereits
ernstlich mit Projekten tragen, die den Übelstand
der wenig guten Tiefenverhältnisse der Kisumu-
Bucht beheben sollen. Ich komme weiter unten auf
diese englischen Projekte und die Rentabilität des
Dampferunternehmens eingehender zurück.
Die Dampfer „Winifred“ und „Sybil“ sind
für Ladung wie für Passogiere eingerichtet. Sie
können bei normaler Besetzung 12 Passagiere erster,
10 Passagiere zwelter und etwa 100 Passaglere
dritter (Deckpassage) Klasse unterbringen. Die
Laderäume fassen zwischen 140 und 200 Tonnen,
je nach dem das Gewicht der jeweiligen Ladung.
Die Schiffe haben für die Passagiere eine solide und
bequeme Einrichtung, nur sind sie infolge ihres
geringen, berelts erwähnten Tiefganges und ihrer
flachen Bauart ohne Kiel leicht den Einwirkungen
einer bewegten See ausgesetzt. Schon mäßiger
Seegang wirft die Schiffe herum und bringt sie in
nicht gerade angenehme rollende und stampfende
Bewegung. Ihre Geschwindigkeit beträgt in ruhiger
See zwischen 8 und 9 Seemellen die Stunde, für
die gegenwärtigen Verhältnisse und die zurückzu-
legenden Entfernungen zwischen je zwei aufeinander-
folgenden Stationen hinreichend. Die Schiffe sind,
wie schon angedeutet, Elgentum der Ugandabahn-
Verwoltung. Hieraus erklärt sich auch das auf den
Dampfern eingeführte Verfrachtungs= und Ver-
pflegungsverfahren. Abweichend von den Grund-
sätzen sonstiger Reedereien verfrachtet die Ugonda-
bahn-Verwaltung nur nach Gewicht, nicht auch nach
Raummaß, also nach den Prinzipien der Bahnver-
waltung. Da nun die Rückfrachten, die die Dampfer
von den Handelsplätzen am See erhalten, zum
großen Teil in Tierhäuten und Fellen bestehen und
diese bei sehr großem Volumen nur ein verhältnis-
mäßig geringes Gewicht aufweisen, so geschieht die
Verfrachtung nur nach Gewicht sehr zum Nachtell
der Bahnverwaltung. Dies ist derselben nicht un-
bekannt; trotzdem behält sie dieses Verfahren bei,
indem sie steis betont, daß sie kelne Reederei-Gesell-
schaft sel und daß es für den Durchtransport der
üter von der Eisenbahn mit den Dampfern ein
zu kompliziertes Rechnungs= und Tarifverfahren
werden würde, wenn die Güter tells noch Gewicht,
teils nach Raum befördert werden sollten.
Die Anschaffungskosten für jeden Dampfer haben
19 0oo & betragen. Die Transport= und die Bau-
kosten in Kisumu sind für jeden Dampfer mit
17 ooo K in Ansatz gebracht, so daß jeder Dampfer
# zu seiner Fertigstellung und Betriebsbereltschaft
e Summe von 720 000 Mk. gekostet hat.
Die Dampfer wurden auf dem Slip in Klsumu
zusammengebaut. Die hierzu nötigen Werkzeuge,
Materialien, Arbeitsmaschinen und Arbettskräfte
lieferten die großen Eisenbahnreparaturwerkstätten in
Nairobi. Jeder Dampfer ist in der kurzen Zeit
von 10 Monaten zusammengesetzt und für den
Betrieb fertiggestellt worden; zuerst die „Winifred“,
dann die „Sybil“.
Die „Winifred“ nahm im Februar 1903 zu-
nächst den Dienst zwischen der Haupstadt von
Uganda, Entebbe, und dem Endpunkt der Uganda-
bahn am See, Kisumu oder Port Florence, auf.
Als dann die „Sybil“ fertiggestellt war, versuchte
die Bahnverwaltung die ersten Rundfahrten um den
See in zweimonatlichen Intervallen. Indes bereits
nach zwei Fahrten, bei denen die „Sybil“ in Muansa
jedesmal nicht nur volle Ladung erhielt, sondern
wegen Platzmangels sogar noch eine Anzahl Güter
zurücklassen mußte, richtete die Bahnverwaltung einen
vierwöchentlichen Verkehr ein, der aber auch nicht
den Bedürfnissen des Exportes genügte. Daher
änderte die Bahnverwaltung den Dampferfahrplan
dahin ab, daß nunmehr alle drei Wochen ein
Dampfer von Kisumu für die Rundfahrten ab-
gelassen wurde, während außerdem ein wöchentlicher
Verkehr zwischen Kisumu und Entebbe stattfindet.
Dieser Fahrplan besteht seit einem Jahr, und sowohl
diese schnelle Entwicklung des Unternehmens wie
das günstige pekuntäre Ergebnis des ersten Betriebs-
jahres, welches ich nachher in einer Rentabilitäts-
berechnung nachweisen werde, reden eine deutliche
Sprache für die steigende Entwicklung der Gebiete
am Viktoria-Njansa.
Die Dampfer machen die Rundfahrten einmal
in östlicher, dos andere Mal in westlicher Richtung.
Sie laufen hierbei folgende Plätze an:
In deutschem Gebiet: Bukoba, Muansa und
Schirati.
In englischem Gebiet: Jinja, Minoniu und
Entebbe.
Die Dauer einer Rundfahrt beträgt zwischen
9 und 11 Tage. Die Zwischenzeiten, in denen die
Dampfer sonst untätig in Kisumu liegen würden,
füllen sie aus, indem sie regelmäßige wöchentliche
Touren nach Entebbe und zurück machen und hierbei
je nach Bedarf noch Jinja und Minoniu anlaufen.
Neuerdings wollen die Engländer noch den kleinen
Dampfer „Percie Anderson“, von der Größe unserer
Zollkreuzer an der Küste „Waml“ und „Kingani“
in den Dienst einstellen, indem derselbe die Frachten
von Jinja und Minoniu in großen Leichtern
nach Entebbe schleppen soll, um auf diese Weise
es möglich zu machen, daß die großen Dampfer
dle Rundfahrten in kürzerer Zeit als bisher erledigen
können.
Hinsichtlich der Verpflegung der Passagiere auf
den Dampfern hat die Bahnverwaltung ebenfalls
das auf ihrer Bahn eingeführte System beibehalten,
indem die Küche und Messenführung kontraktlich an
Goanesen vergeben ist, die die Passagiere erster
Klasse gegen einen Betrag von 5 Rupies täglich