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speziellen vertritt Konsul Vohsen die Bestrebungen
der Siedlungsgesellschaft für Südwestafrika, welche
bisher ohne irgend welchen eigenen Nutzen lediglich
das Interesse des Schutzgebietes vertreten hätte.
Dlesen Ausführungen schließt sich Dr. Scharlach
an, indem er ausführlich die Schwierigkelt einer
Siedlungsgesellschaft an der Hand des Beispiels der
Hanseatischen Sledlungsgesellschaft für Südbrasilien
vorführt. Redner ist der Ansicht, daß Siedlung in
Südwestafrika im großen nur im Anschluß an
reichen Bergbau und dadurch hervorgerufene günstige
Absatzverhältnisse gute Ergebnisse zeitigen könne,
zumal die Ansprüche der Ansiedler an das Leben
heutzutage im Verhältnis zu früheren Zeiten bedeu-
tend gewachsen seien. An der Debatte beteiligten
sich Herzog Johann Albrecht, die Herren Bugge und
Staudinger. Der Vorsitzende verbreitete sich über
die Absichten der Kolonialverwaltung auf dem Ge-
biete der Ansiedlung des Schutzgebietes. Was die
Urteile über die Sledlungsgesellschaft anbelangt, so
seien die Ergebnisse der Arbeiten der von dem
Reichstag beschlossenen Kommission, die die Verhält-
nisse der Gesellschaften im Schutzgebiet prüfen solle,
abzuwarten. Er könne diesem Ergebnisse nicht vor-
greifen. Er müsse aber erklären, daß bisher der
Verwaltung keinerlei Tatsachen bekannt geworden
seien, die die gegen die Siedlungsgesellschaft gerich-
teten Angriffe als berechtigt erscheinen ließen.
In der Spezlaldiskussion gab auf eine Anfrage
des Geh. Reglerungsrats a. D. Simon der Vor-
sitende Aufschluß über den Stand der Verkehrs-
mittel, Eisenbahnen und Landungseinrichtungen im
Schutzgebiet. Die Ansichten des Vorredners über
die Wichtigkelt einer Erwelterung des Eisenbahnnetzes
wurden von der Verwaltung geteilt. Entschließungen
ständen noch aus.
Bei der Beratung der weiteren Titel des Etats
führten die Fragen der Entsendung von Geologen
und Bergbeamten, die Fürsorge für Aufzucht und
Verbesserung des Rindviehbestandes des Schutzgebiets
und der großen Stauanlagen zu Debatten, an denen
die Herren Staudinger, Schmeißer und Vohsen teil-
nahmen. Vom Reglierungstisch wurde Aufklärung
über die beabsichtigte Einführung von Rindvieh aus
Argentinien und Mexiko und die sonstigen auf Hebung
der Viehzucht bezüglichen Maßnahmen gegeben.
In der Nachmittagssitzung gelangte vor Eintritt
in die Tagesordnung ein Antrag des Dr. Scharlach
zur Abstimmung:
„Der Kolonialrat steht nach wie vor auf dem
Standpunkt, daß es eine Voraussetzung für die ge-
sunde wirtschaftliche Entwicklung des Schutzgebietes
für die nächste Zeit ist, daß die Ansiedler in Süd-
westafrika für die von ihnen nachgewiesenen Verluste
durch die Eingeborenenaufstände voll entschädigt
werden.“ .
Dieser Antrag wurde einstimmig angenommen.
Bel der nunmehr erfolgenden Besprechung des
Etats von Kamerun beantragt Dr. Scharlach bel der
Regierung Maßregeln gegen den Raubbau auf Gummi;
es müsse zu diesem Zweck der sogenannte Frelhandel
eingeschränkt und die Gummigewinnung in einzelnen
geschlossenen Geländen unter Ausschluß der Kon-
kurrenz stattfinden. An der Diskussion über diese
Fragen beteiligten sich die Herren Vohsen, Vietor,
Woermann, Staudinger. Maßregeln gegen den
Raubbau, soweit sie durchführbar und kontrollierbar
sind, werden empfohlen, die Emschränkung des Frei-
handels aber nicht als wünschenswert bezeichnet.
Der Vorsitzende gibt hierauf Auskunft über die in
Südkamerun ausgebrochenen Unruhen, welche nur
lokaler Natur sind und keinerlei Einfluß auf andere
Geblete des Schutzgebletes haben. Es handle sich
hier um noch ununterworfene Stämme, die mit
Weißen bisher kaum in Berührung gekommen sind.
Den Raubbau an Gummi nach Kräften zu ver-
hindern, sei die Regierung fortgesetzt bemüht; ein
Mittel, dies vollständig durchzuführen, sel jedoch noch
nicht gefunden, wie dies auch das Beispiel der
Nachbarkolonie beweise, es sei denn durch Gewährung
von Monopolen, deren Einsührung der Kolonialrat
selber nicht wünsche.
In der Spezialdiskussion macht Herr Staudinger
den Vorschlag, speziell in Kamerun, an Stelle des
Landverkaufs das Pachtsystem treten zu lassen, wie
sich dies in den holländischen Kolonien bewährt habe,
unter genügender Berücksichtigung der Rechte der
Emgeborenen. Dr. Scharlach schließt sich dem Vor-
redner an. Der Vorsitzende gibt zu, daß das System
der Verpachtungen an sich dem System der Ver-
käufe vorzuzlehen sei. Jedoch werde die Kolonial-=
verwaltung, wenn sie vor die Wahl gestellt werde,
entweder Land zu verkaufen oder auf die Investlerung
deutschen Kapitals zum Zwecke der kulturellen Er-
chließung des Landes zu verzichten, sich nicht wohl
ür das zwelte entschelden können. Sie werde ver-
uchen, das System der Verpachtungen künftig in
Anwendung zu bringen.
Beim Etat von Togo gibt der neuernannte
Gouverneur Graf Zech Auskunft über verschiedene
Fragen, besonders über Wegebau und Unterstützung
der Ausbreitung der deutschen Sprache.
Beim Etat von Deutsch-Neu Guinea bilden eine
intensive Erforschung des bisher noch ungenügend
bekannten Festlandes von Neu--Guinea durch Ex-
peditionen, und die rationelle Erschließung des Schut-
hebletes den Gegenstand der Debatte, an der sich die
Herren Staudinger, Supf, Alexander, Schöller und
Schmeißer beteiligten. Reglerungsseltig wird darauf
hingewiesen, daß Ausgaben für Expeditionen sich
nur insoweit rechtfertigen lassen würden, als davon
bestimmte wirtschaftliche Vortelle für das Schutz-
gebiet zu erwarten seien. In der Spezialdiskussion
wird von Herrn Schoeller die Frage der Zölle,
speziell der Einfuhrzölle auf Tabak, berührt und
Wünsche nach einer Polizeistation in Berlinhafer,
einem Dampfer für Friedrich-Wilhelmshaven, An-
stellung eines Tierarztes und Importierung von