1. Uber die Lebensverhältnisse und Lebens-
bedingungen der Eingeborenen, über ihre Fortent-
wicklung zur Kultur, ihre Heranzlehung zu industri-
eller oder ländlicher Tätigkeit und zur Mitarbei
am staatlichen Leben. «
2. Uber die verschiedenen Bedingungen, unter
denen es Eingeborenen erlaubt ist, Lond zu besitzen.
3. Uber die Eingeborenengesetze und die die
Eingeborenen betreffenden Verordnungen bezüglich
der Verwaltung in ländlichen und städtischen Bezirken.
ber das Verbot des Verkaufs von Spiri=
tuosen an Eingeborene.
5. Uber die Ehen der Eingeborenen, und
6. Über die Ausdehnung und Wirkung der
Polygamie.
Alle diese Fragen sind von der Kommission auf
das eingehendste geprüft und gleichzeitig Vorschläge
zu ihrer Lösung gemacht worden. Angesichts der
höheren und niederen Kulturstufen, der verschiedenen
Eingeborenenstämme, der mannigfaltigen und selbst in
den Distrikten der einzelnen Staaten stark voneinander
abweichenden Eingeborenen-Gesehgebung ist sich zwar
die Kommission bewußt geworden, daß ein einheit-
liches Vorgehen in allen, die Eingeborenen berühren-
den Fragen, erst allmählich angebahnt werden könne,
sie hält es jedoch für dringend erforderlich und auch
möglich, das Ziel einer gleichmäßigen Eingeborenen-
behandlung allmählich zu erreichen.
Nach einer kurzen historischen Übersicht, in der
vielleicht bemerkenswert ist, daß nach den letzten
statistischen Angaben Britisch = Südafrika von fast
fünf Millionen Eingeborenen — ohne Einrechnung
der halben Million Inder, Chinesen und Japaner —
und nur etwas über einer Million Weißen bewohnt
wird, beschäftigt sich der Bericht zunächst mit den
Grundbesitzverhältnissen der Eingeborenen. Die
Kommission kommt hierbel zu dem Schlusse, daß
nach Möglichkeil darauf hinzuwirken sei, den Kom-
munalbesitz der geborenen in Individualbesitz
umzuwandeln, um hierdurch allmählich die Eingebo-
renen zu europäischen Kulturbegriffen zu erziehen,
das Land ertragreicher zu machen und vor allem die
Stammesgemeinschaft zu brechen. Es wird ferner
als wünschenswert bezeichnet, Eingeborenen den Er-
werb von ländlichen oder städtischen Grundstücken
nur in bestimmt festgelegten Distrikten zu gestatten.
Die Kommission befürwortet ferner, den Ein-
geborenen-Häuptlingen mehr und mehr die Gerichts-
barkelt zu nehmen und diese Gerechtsame durch Ent-
schädigung der Häuptlinge abzulösen. Sie spricht
sich gegen das Bestehen besonderer Eingeborenen-
Appellationsgerichte aus und wünscht zum mindesten
diese Gerichtshöfe unter die Aufsicht der Supreme
Courts gestellt zu sehen.
Die Kommission empfiehlt dagegen Mäßigung
gegenüber den unter den Eingeborenen geltenden
Familienrechten, selbst sofern sie europäischer Kultur
und Moral widersprechen. Die Kommission geht
dabei von der Ansicht aus, daß Polygamie sowie
„Lobolo“ (Gaktinnenkauf) durch die steigende Kultur
und das Anwachsen der Lebensbedürfnisse im Aus-
sterben begriffen sind. Die Kommission schlägt elnst-
weilen nur vor, alle Eingeborenen-Ehen zu registrieren
und Kinder aus polygamischen Ehen, die registriert
sind, zur Erbfolge zuzulafsen.
Über die äthiopische Bewegung läßt sich die
Kommission nur wenig aus. Sie hält die Bewegung
zur Zeit noch nicht für gefährlich und glaubt, daß
es opportun ist, von staatlichen Unterdrückungsmitteln
zunächst abzusehen. Auch in der freien Gewährung
der noch sehr unreifen Eingeborenenpresse vermag
die Kommission zur Zeit noch keine Gefahr zu sehen.
Sie hält vielmehr diese Presse in soweit für nützlich,
als dadurch die jeweilige Stimmung der Eingebo-
renen kennen gelernt werden kann.
Hinsichtlich der Erziehungsfrage glaubt die
Kommission von einem Schulzwange der Eingeborenen
abraten zu sollen, sie ist dagegen der Ansicht, daß
Elementarschulen nach wie vor von Staats und
Kommunal wegen zu unterstützen seien, aber auch die
wessbnenen zu Schulabgaben herangezogen werden
ollten.
Die Kommission will ferner den Verkauf von
Spirituosen an Eingeborene gänzlich verbieten und
nur den Ausschank des sog. „Kafferbiers“ gestatten.
Weiter ist in dem Kommissionsbericht daß Ver-
hältnis der Eingeborenen hinsichtlich ihrer Pflichten
und Rechte dem Staate gegenüber behandelt und
dabei zunächst ihre Heranziehung zur direkten Be-
steuerung in der Art einer Hütten- oder Wahlsteuer
mit der Maßgabe befürwortet, daß diese zweckmäßiger-
weise einheitlich auf ein Minimum von jährlich ein
Pfund Sterling festzusetzen sein möchte.
Interessant sind schließlich die Darlegungen und
Vorschläge der Kommission über die den Eingebo-
renen zu gewährende Vertretung im Parlament.
Das bisher bestehende System, nach dem die Ein-
geborenen gemeinsam mit den Weißen wählten, hält
die Kommission für durchaus unangebracht. Tat-
sächlich hat sich auch in der Kapbkolonie bereits er-
geben, daß bel der ziemlich gleichen Stärke der
Afrikander= und der progressiven Partei die Stimme
der Eingeborenen ausschlaggebend für den Sieg der
einen oder anderen Partel ist, was zum Stimmenkauf
der Eingeborenen führt. Die Kommission kann ferner
nicht verhehlen, daß bei der erheblich größeren Zu-
nahme der schwarzen gegenüber der weißen Bevöl-
kerung die Eingeborenen bel dem Bestehen des gegen-
wärtigen Systems die Oberhand im Parlament mit
der Zeit gewinnen müssen. Um dieser Gefahr zu
begegnen, schlägt die Kommission vor, eine in jeder
Legislaturperiode von neuem zu bestimmende Anzahl
von Eingeborenen als Parlamentsvertreter zuzulassen,
die aus abgesonderten Wahlen der Eingeborenen
hervorzugehen hätten. Damit würde nach Ansicht
der Kommission den Eingeborenen ein genügendes
Vertretungsrecht eingeräumt und anderseits der Ge-
fahr einer dermaleinstigen Mojorität der Eingeborenen
im Parlament begegnet werden.