Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

nüssen erschlagen worden sind. Von den nördlich 
über Mejae gelegenen Inseln ist noch keine Kunde 
hler eingetroffen. Hier auf Jabwor wurde ein ein- 
geborenes Mädchen von einem durch die Luft flie- 
genden Balken getötet. Die im Atoll von Jaluit 
lebenden Weißen sind sämtlich gerettet. Von den 
Kokosbaumbeständen und den Brotfruchtbäumen 
stehen nur noch einzelne Bäume, die Flutwelle hat 
die Inseln mit Geröll bedeckt. Die westliche Hälfte 
des Atolls, jedenfalls deren größter Tell, ist vom 
Orkan verschont geblieben. 
Am 30. Juni war hier in Jabwor schönes, 
sonniges Wetter, es wehte eine normale Brise. Um 
1 Uhr nachmittags wurde eine ungewöhnlich hohe 
Brandung wahrgenommen, um 2 Uhr wusch die 
Brandung über den Strandweg und brach über 
schmale Teile der Insel, um ½5 Uhr stand berelts 
der größte Teil der nur zwei Meter über der 
Hochwassermarke sich erhebenden Insel unter einem 
halben Meter Wasser, um 5 Uhr brach eine mächtige 
Flutwelle über die Insel herein, Häuser und Bäume 
mit sich relßend. Die Weißen und eine große Zahl 
Eingeborener flüchtete jetzt nach dem starlen Holzbau 
der Jaluit-Gesellschaft. Der nunmehr mit Gewißheit 
zu erwartende Orkan brauste um ½6 Uhr über 
die Insel. Um ¼9 Uhr erreichte er seinen Höhe- 
punkt, die Nadel des Barometers begann zu schwanken 
und gleich darauf zu steigen. Der Sturm ließ all- 
mählich an Stärke nach bis er bei Tagesanbruch 
sich völlig legte. Der Wind war von Nordwest 
durch West und Süd bis zu Südost gegangen. Der 
am 29. Juni von Sydney hier eingetroffene Post- 
dampfer „Germanta“ lag während des Orkans in 
der Lagune vor zwei Ankern mit voller Kraft er- 
folgreich gegen den Wind dampfend. Zwei Ein- 
geborenen-Schoner, mit dem Dampfer die einzigen 
Schiffe im Hafen, sind auf das Riff geworsen 
worden. 
Von den Gebäuden der Landeshauptmannschaft 
ist, wie oben erwähnt, das Wohnhaus des Landes- 
hauptmanns stehen geblieben. Das Elsendach ist 
großentells abgehoben, eine Flutwelle ist in seine 
Räume gedrungen und hat das Haus derart er- 
schüttert, daß es sich an einzelnen Stellen gesenkt 
hat. Immerhin gewährt es in einigen Räumen 
noch Schutz gegen das Eindringen von Regen. Das 
durch die Flutwelle von seinem Platze geschobene 
Gebäude, welches die Amtsstube und die Wohnung 
des Sekretärs enthielt, ist so stark beschädigt, daß 
207 seiner Wiederherstellung abgesehen werden muß. 
En Amtsstube ist in einen der noch benutzbaren 
Line des Wohnhauses des Landeshauptmanns 
verlegt worden. Wind und strömender Regen haben 
in der dachlos gewordenen Amtsstube schlimm ge- 
haust. Das Haus des Hafenmeisters ist zusammen- 
gesallen. Das Haus des Reglerungsarztes, die eben 
fertiggestellten beiden Gebäude, das Haus für die 
Vornahme chirurgischer Operationen und das Kranken- 
haus für Weiße, sind von der Flutwelle weg- 
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gewaschen worden und sind jetzt Trümmerhaufen. 
Sämtliche Nebengebäude der Wohnungen des Landes- 
hauptmanns, des Arztes, des Sekretärs und des 
Hafenmeisters sind ebenfalls zerstört. 
  
Deuksch-Meu-Guinra. 
Sitzung des Gouvernementsrats. 
Der Gouvernementsrat trat in Herbertshöhe am 
15. Juni d. Is. unter Vorsitz des Kaiserlichen 
Gouverneurs Dr. Hahl zusammen. Auf der Tages- 
ordnung standen unter anderen folgende Punkte: 
Frage der Verpachtung von Pflanzungsland an 
Chinesen; Zusammenfassung und Erneuerung der 
Disziplinarverordnung über eingeborene Arbeiter und 
der Ausführungsbestimmungen zur Arbeiteranwer- 
bung; Einsetzung eines Tierarztes in den Etat; 
Geldwesen; Organisation der Eingeborenen und ihre 
Heranziehung zu öffentlichen Leistungen; Auskunfts- 
erteilung über das Schutzgebiet; Antrag des deutschen 
Kolonialbundes, die Deportation nach den Admiralitäts- 
inseln einführen zu wollen. In bezug auf diesen 
letzten Punkt faßte der Gouvernementsrat folgenden 
Beschluß: „Der Gonvernemenétkrat ist gegen jede An- 
siedlung entlassener Sträflinge; die Voraussetzungen, 
die der Eingabe des Deportationsausschusses zugrunde 
gelegt sind, sind irrtümlich; nicht richtig gewürdigt 
sind Klima, Besiedlungsfähigkeit des Landes, Arbeits- 
fähigkeit des Europäers in den Tropen und die 
Kosten.“ 
Aus dem Prreiche der MisKkonen und 
der Ankisklaverei-Bewegung. 
Die Sitte der Blutsfreundschaft bei den Wanguru, 
den Bewohnern der Landschaft Nguru in Deutsch- 
Ostafrika, beschreibt ein schwarzer Lehrer in der 
Missionsstation Mhonda der „Bäter vom helligen 
Geist“ in der Zeitschrift „Echo aus Knechtsteden“ 
folgendermaßen: 
Die beiden Freunde versammeln sich mit einer 
großen Anzahl von Zeugen vor einer ihrer Hütten. 
Dort nehmen sie Plotz, und zwar so, daß sie sich 
gegenseitig anschauen. Hinter ihnen steht je ein 
Mann, der das sime, das kurze Schwert der Ein- 
geborenen, auf ihre Köpfe legt, und ein anderer, 
der ein scharfes Messer in der Hand hält, um im 
gegebenen Augenblick den Freundschaftsbundschließen- 
den einen Schnitt in die Brust zu machen. Ein 
anderer bringt nun ein Huhn herbei, welches ge- 
schlachtet wird. Dann röstet man das heraus- 
genommene Herz am Feuer, teilt es in zwei Teile 
und gibt jedem der beiden Freunde ein Stück in 
die Hand. Hierauf fragen die Simeträger die Bluts- 
freundschaftskandidaten nach ihren Namen und ob 
sie wirklich einen engen Freundschaftsbund schließen 
wollen. Auf die bejahende Antwort hin tauchen
	        
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