Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVI. Jahrgang, 1905. (16)

die Kirche war, als wir anlamen, nur noch ein 
Trümmerhaufen. Ebenso die nebenstehende Wohnung, 
nur der Teil stand noch, in den wir das Aller- 
heiligste gerettet. Uns belden, Pater Fldelis und 
mir, war es unmöglich, so lange die Heftigkeit des 
Sturmes andauerte, vor herumfliegenden Trümmern 
in das Haus zu gelangen. Wir suchten daher Schutz 
und Obdach unter den Asten eines entwurzelten 
Baumes. Dort lagen wir 1 bis 2 Stunden, vom 
Regen gepeitscht, bis auf die Haut durchnäßt und 
vom Sturme biswellen fortgerissen. Das Sturm- 
geheul war derart stark, daß man, um sich einiger- 
maßen verständlich machen zu können, sich aus 
Lelbeskräften zurufen mußte. Von der Gewalt des 
Sturmes nur einige Beispiele: Ein in der Nähe 
stehender Kokosbaum (1½ Fuß Durchmesser) wurde 
von einem dahersausenden Stück Wellblech voll- 
ständig durchschnitten; jede Krümmung des Bleches 
war auf dem Stumpfe deutlich sichtbar. Elne unserer 
Kisten, so schwer, daß zwei Mann sie kaum zu 
tragen vermochten, wurde etwa 20 m weit fort- 
geschleudert. Einige Häuser rückte der Sturm, bevor 
er alles aus den Fugen riß, zuerst einige Meter 
weit von der Stelle. 
Gegen 4 Uhr ließ der Sturm etwas nach; er 
kam nur noch stoßweise, aber diese einzelnen Stöße 
waren von ungeheuerer Heftigkeit. Bis auf die 
Haut durchnäßt und schlotternd vor Kälte konnten 
wir uns jetzt wieder aus unserem Verstecke heraus- 
wagen. Aber welch ein Bild grauenhafter Ver- 
wüstung bot sich unseren Blicken dor! Die schöne 
deutsche Kolonie war gänzlich vom Erdboden ver- 
schwunden. Fork war das Regierungsgebäude, fort 
die schöne, erst vor wenigen Wochen fertiggestellte 
Privatwohnung des Herrn Gouverneurs Berg, fort 
die Wohnungen der Beamten und Kaufleute, fort 
jedes Haus und jede Hütte, nur unser altes Re- 
fektorium mit dem Sanktissimum stand noch sturmfest 
da. Erhalten blieb auch unsere Kirche in der 
Station Jokos. Die belden Schiffe, welche gerade 
im Hafen lagen, der neue, erst einen Tag aus 
Francisco eingetroffene Regierungs-Motorschuner 
„Ponape“ und der der Jaluit-Gesellschaft gehörige 
Motorschuner „Diana“ waren auf die Riffe ge- 
schleudert. Letzterer wurde heute auf Abbruch ver- 
steigert. Ersteren hofft man wieder flott zu machen. 
Die ganze Insel bietet einen traurigen Anblick 
dar. Die einst so schönen, immergrünen Berge sind 
lezt nackt und kahl, die Bäume vom Sturme geknickt, 
die noch stehenden sind aller Zweige, Blätter und 
Früchte beraubt. Auch die Fruchtbäume sind ver- 
nichtet oder wenigstens für mehrere Jahre trag- 
unfähig geworden. Und doch bleten gerade die 
Fruchtbeume hier die Hauptnahrung (Kokos, Brot- 
frucht, Bananen usw.). So ist ganz Ponape wie 
mit einem Schlage obd 
brotlos 8 obdachlos und sozusagen auch 
561 
  
Aus fremden Rolonien und 
Produhktionsgebieten. 
SPolltarif in Lagos. 
Durch eine Verordnung des Gouverneurs vom 
23. August 1904 — Customs Tariff Ordinance, 
1904 (Nr. 16/1904) — sind unter Aufhebung der 
Zolltarifverordnungen Nr. 8 vom Jahre 1899, 
19 vom Jahre 1900, 2 vom Jahre 1901 sowie 
1 und 8 vom Jahre 1904 mit Wirksamkeit vom 
23. September 1904 ab für die Einfuhr in die 
Kolonie und das Schutzgebiet von Lagos neue Zölle 
festgesetzt worden, die zum größten Teil den bis- 
herigen entsprechen. Die wesentlichsten Anderungen 
sind folgende: Schill. Pce. 
Patronen, gefüllt. . . 100 Stück 2 — 
(bisher 100 Stück oder ein Teil davon) 
Zigarren 50 Stück — 6 
(bisher 100 Stück 1 —) 
Zigaretten — 100 Stück — 3 
(bisher 1000 Stück 1 —) 
Kaurimuscheln: 
auf dem Landwege aus Nord= und 
Süd-Nigeria eingefühnt.. frel 
sonst . ......verboten 
(biöher8entner1—) 
Schießpulver...... und — 6 
(bisher: Pfund oder ein Teil desselben — 6) 
Sal--z= Zentner 1 — 
(bisher Tonne 20 —) 
Der Freiliste sind elnige weitere Artlkel hinzu- 
gefügt worden, von denen die wesentlichsten sind: 
Mais (corn), der in Westafrika gewachen ist, Kohlen, 
frische Fische, Fleisch, Gemüse und Früchte, Eis, 
Maße (imperial standard), Muster, Proben und 
Musterkarten, Drucker= und Buchbinder-Materialien, 
Samen, Sträucher und Bäume zu Pflanzungen sowie 
Schiffe. 
Die Bestimmungen über Rückvergütung von 
Zöllen sind gleichfalls abgeändert. Danach wird 
nunmehr für alle Waren, für die Zoll gezahlt 
worden ist und die nach einem Platze außerhalb der 
Kolonie oder des Schutzgebiets, ehe sie innerhalb 
der Kolonie oder des Schutzgebiets verkauft sind, 
wieder ausgeführt werden, elne Rückvergütung in 
Höhe von 95 v. H. des für dieselben gezahlten Zolles 
gewährt. Diese Bestlmmungen sollen indessen keine 
Anwendung finden auf Waren, die im Wege der 
Binnenschiffahrt oder auf dem Landwege nach Nord- 
oder Süd-Nigeria ausgeführt werden. Von ein- 
geführten zollpflichtigen Waren, für die kein Zoll 
gezahlt worden ist und die nach einem Platze außer- 
halb der Kolonie oder des Schutzgebiets durchgeführt 
oder wieder ausgeführt werden (einschließlich der 
über Zollniederlagen gehenden und von Zolllagern 
ausgeführten Waren), soll kein Zoll erhoben werden, 
dagegen können nach Anordnung des Gouverneurs 
im Rate zur Deckung etwaiger dem Zolldepartement 
in Verbindung mit solchen Waren entstehender Aus-
	        
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