Der erste Teil meiner Reise — Strecke Bukoba,
Posten Ussuwi — verlief leidlich. Ich konnte die
auf dieser Route allgemein üblichen täglichen Märsche
einhalten und gelangte daher bereits am 27. März,
am 8. Marschtage, zu dem Posten Ussuwl. Dieses
Marschresultat verdanke ich den sehr günstigen
Umständen, unter denen ich durch den Bulobabezirk
marschierte. Erstens waren die Wege, trotzdem
ich mich inmitten der Regenzelt befand, durchweg
von recht guter Beschaffenheit. Abgesehen von ein-
zelnen kürzeren Partien habe ich von Bukoba bis
Ussuwi die 5 bis 7 m breite Barra-barra (aus-
geschlagener Weg) verfolgt. Das Erdreich war fest
und nur während längerer und heftigerer Regengüsse
weich und schlüpfrig.
Zweitens war den Trägern der Weg gut be-
kannt; da sie sich noch in ihrer Heimat befanden.
Auch wurden sie von ihren Sultanen scharf be-
wacht, indem letztere der Karawane bei Betreten
ihres Reiches Abgesandte mitgaben, die sie erst bei
Überschreiten der jenseltigen Grenze verließen.
Drittens fand ich stets für die Verpflegung der
Träger sehr reichlich Nahrung und Fleisch bereit-
gestellt, sehr reichlich Wasser und gute Unterkunft in
sesten Rasthütten.
Viertens fiel gerade in diesen Tagen verhälltnis-
mäßig wenig Regen.
Fünftens hatte ich die schwersten Lasten voraus-
gesandt. Dieselben fand ich in Ussuwi gut und heil
vor. Die Träger hatten die Tour ebenfalls in
8 Tagen gemacht, so daß ich zu hoffen anfing, daß
sich auch für den Weitertransport derselben keine
Schwierigkeiten ergeben würden, um so mehr als
kemer der Träger irgendwie ktlagte.
Nachdem ich in Ussuwi einen Ruhetag gemacht
hatte, setzte ich meinen Marsch am 29. März fort.
Ich verließ die bisher innegehaltene füdwestliche
Richtung und wandte mich nunmehr hauptsächlich
nach Westen, soweit nicht Abweichungen von dieser
Richtung durch Terrainhindernisse bedingt wurden.
Wenngleich ich in den nächsten Togen immer
noch im Reiche des Sultans Kassussura und dann
in dem des Sultans Kinanira marschierte, konnte
ich doch sofort und mit der wachsenden Entfernung
von Ussuwi die Abnahme der Macht der Sultane
über die Bevölkerung konstatieren. Schon bei
meinem Abmarsche von Ussuwi fehlten sämtliche
Träger der schweren Lasten. Sie hatten das
Weite gesucht und vorgezogen, über die nahe
Grenze nach Uha hinein zu flüchten. Zwar
stellte der Sultan Kassussura sofort neue Leute, aber
auch diese waren am nächsten Morgen wieder ent-
laufen, und diese wenig erfreuliche Sache wieder-
holte sich täglich, bis ich mit der Überschreitung der
Kagera am 9. April und mit dem Eintritt in Urundi
weiteren Desertionen ein Ziel setzte, indem die Träger
nunmehr aus Furcht vor den Warundi es vorzogen,
bei der Expedition zu bleiben.
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Mit dem Abmarsch von Ussuwi mußte ich gleich-
zeitig die breite Barra-barra verlassen, denn dieselbe
ist nicht weitergeführt. Es begann nun der Marsch
auf Negerpfaden und damit beginnen die eigent-
lichen Transportschwierigkeiten für die größeren Lasten.
Der schmale Negerpfad gestattet nur ein Hinter-
elnandergehen der Träger, nicht Nebeneinandergehen.
Hierdurch wird die Art des Transportes größerer
Lasten eng vorgeschrieben. Man muß die Lasten
an langen Stangen, am empfehlenswertesten ist
hierzu Bambus wegen seiner Leichtigkeit in Ver-
bindung mit vorzüglicher Haltbarkeit und großer
Elastizität, befestigen, so daß die tragenden Leute
hintereinander gehen können. Als Befestigungs-
mittel ist dünnes Drahttauwerk oder in Streifen
geschnittene ungegerbte Ochsenhaut zu verwenden,
weil alle andern Berschnürungsmittel sich als nicht
haltbar erwelsen. Bei sehr großen Lasten, ich möchte
sagen, bei Lasten, an denen mehr als 6. Träger
(drei vor der Last und drei hinter der Last hinter-
einander) tragen müssen, kann man die vorbeschriebene
Transportart kaum noch anwenden, well die der
Last zunächst tragenden Leute ungleich mehr belastet
werden, als die dahinter befindlichen, oder man muß
dafür Sorge tragen, daß die kleinsten Leute der
Last am nächsten, die größten der Last am ent-
ferntesten Verwendung finden. Hier wird man also
an Stelle einer Tragstange zwei nebeneinander ge-
schnallte verwenden müssen, und dleser Umstand ist
es, der den Transport größerer Lasten auf Neger-
Pfaden so außerordentlich erschwert. Die Träger
sind gezwungen, neben den Pfad zu treten, und sie
zerschneiden sich in dem dichten Gestrüpp, dem
hohen starken Gras die Füße oder stoßen sich in
bergigem Gelände an Steinen. Eine erste Folge
ist große Ermüdung der Träger bei wesentlich
vermindertem Vorwärtskommen; dann aber tritt
eine ungewöhnlich große Anzohl von kleineren Ver-
letzungen der Beine und Füße ein, die, wenn auch
nicht an sich ernstlichen Charakters, doch den Mann
für elnen oder zwei Tage zum Tragen der großen
Lasten ungeeignet machen. Das ist aber insofern
ein großer Ubelstand, well täglich andere Leute zum
Transport der großen Lasten angespannt werden
müssen, und es dadurch gar nicht möglich ist, eine
auf das Tragen der großen Lasten auch nur eini-
germaßen eingeübte Mannschaft zu erhalten. Es
würde für das Vorwärtskommen größerer Karawanen
mit großen Lasten eine ganz erhebliche Erleichterung
bedeuten, wenn die vorhandenen Negerpfade —
und sei es auch nur um das Doppelte ihrer jetzigen
Breite — erweitert würden. Ob das in den
Landschaften Ost= und West-Ussuwi sowie in Urundi
auf besondere Schwierigkelten stoßen würde, ob man
nicht vielleicht die einzelnen Ortschaften anhalten
könnte, diese verhältnismäßig mühelose Arbeit in
ihrer Umgebung vorzunehmen, vermag ich infolge
zu geringer Kenntnis der einschlägigen Verhältnisse