Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Südafrika ist aber das Kapland, namentlich die 
Karroo, hauptsächlich nicht mit Gras, sondern mit 
den sogenannten Karroobüschen bedeckt, Futterpflanzen, 
die sich für die Rindviehzucht weniger eignen, um- 
somehr aber für Kleinvieh. Erst gegen den Westen 
und Nordwesten, in den Distrikten von Frazerburg, 
Calvinia, Kenhardt und Upington, geht das Busch- 
feld allmählich ins Grasfeld über; anfangs noch mit 
starkem Überwiegen der Futterbüsche. Jenseits des 
Orange Flusses, in Britisch-Betschuanaland und Gri- 
qualand West, herrscht reines Grasfeld, stellenweise 
unter starkem Uberwiegen der hohen, schnell hart 
und holzig werdenden sogenannten Sauergräser. 
Dementsprechend ist die Rindviehzucht nur in diesen 
letzteren, westlichen und nordwestlichen, Gebieten der 
Kapkolonie relativ entwickelt, abgesehen natürlich von 
dem regenreichen Osten und der Südküste, wo die 
Farmer in der Lage sind, ihr Rindvieh großenteils 
mit besonders hierfür angebautem Kraftfutter zu 
unterhalten. 
Bedingungen, die für die Rindvlehzucht, was 
Weide anbetrifft, so günstig sind wie im ganzen 
Hererolande und in ausgedehnten Strichen weiter 
gegen Süden und Norden innerhalb unserer Kolonie, 
kommen im ganzen englischen Südafrika überhaupt 
nur in wenigen Gegenden vor. Das schließt aller- 
dings nicht aus, daß infolge der älteren Kultur auch 
in solchen Gebieten des Kaplandes, in denen die 
Weide von Natur ungünstiger ist, als z. B. im 
Hererolande, tatsächlich ein erstklassiges Vleh produziert 
wird: Tiere, an deren Qualltät selbst unsere besten 
sogenannten Afrikaner Rinder kaum heranreichen. 
Wenden wir uns zunächst dem Kleinvieh zu. 
Am wichtigsten auf diesem Gebiet ist für das Kap- 
land die Schafzucht, wobei übrigens zu bemerken ist, 
daß in den letzten Jahren viele Farmer wieder von der 
Wollschafzucht zurückgekommen sind und statt dessen, 
wie schon vor Jahrzehnten, vor Einführung der 
Merinos, von neuem das alte sogenannte Afrikaner 
Schaf als Schlachtvieh züchten. Die Ursachen dafür 
sind verschiedener Art. Das Merinoschaf ist em- 
pfindlicher gegen die sogenannte Brandzikte, weniger 
beweglich im Falle eintretender Dürre und über- 
haupt anspruchsvoller als das Afrikoner Schaf. Die 
letzten dürren Jahre räumten daher im Kaplande 
unter den Merinos besonders stark auf. Dazu kam 
die den Buren besonders lästige und verhaßte Ver- 
schärfung der englischen Gesetzgebung über das so- 
genannte Dippen der Schafe, das bei den Merinos 
für besonders notwendig gehalten wird, und schließlich 
nicht zum mindesten die hohe Steigerung der Fleisch- 
preise nach dem Burenkriege infolge der allgemeinen 
Verminderung des Vilehbestandes und des wieder 
schnell anwachsenden Bedarfs in den Minenstädten. 
So muß also damit gerechnet werden, daß die Woll- 
produktion des Kaplandes noch für eine Reihe von 
Jahren zurückgehen wird: ein Wink, den wir für die 
Beschlemigung und Unterstützung unseres Woll- 
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farmbetriebes in Südwestafrika nicht außer acht 
lassen sollten. 
Welche Möglichkeiten eröffnet nun die Beobachtung 
der Verhältnisse im Kapland zahlenmäßig für die 
Schafzucht in unserer Kolonie? 
Indem wir jene bereits bezeichneten Regen- 
grenzen von 125 bis 500 mm jährlich festhalten, 
sehen wir, daß sich innerhalb dieses Gebiets die 
Dichtigkeit des Schafbestandes, der Abnahme der 
jährlichen Regenmenge von Ost nach West ent- 
sprechend, süblich des Orange-Flusses folgendermaßen 
gestaltet: 
Es haben, auf den Quadratkilometer berechnet, 
die einzelnen Distrikte innerhalb jenes Regengeblets 
folgende Mengen von Kleinvieh (Schafe und Ziegen): 
Distrikte Schafe Ziegen 
Hopetooo 23 5 
Philippston 32 9 
Britstonno 30 5 
Victorla-West 32 4 
Richmonddpd 31 6 
Hannobeer 866 7 
EELIEEEL 10 
WMidbbelburg... . . 28 12 
Beaufort-West 25 8 
Murraysburg 28 28 
Aberden 10 35 
Graaf-Reinet 35 35 
Jansenvillle. 6 46 
Willowpmore 12 27 
Prince-Albert. 135 9 
Sutherland 17 3 
Frazerbuurg 10 2 
Carnarvovoo 11 2 
rieska 16 4 
enhardt .. . . 4 1 
Calvinia . . . . 9 2 
Van-Rhynsdorb. 6 4 
Namaqualandnddd 2 
8 
Durchschnittlich etwa 20, etwa 11 
Bei dieser Berechnung sind diejenigen Distrikte, 
namentlich im Süden der Kapkolonie, fortgelassen, 
in denen auch, abgesehen von der Regenmenge, noch 
andere Faktoren die Kleinviehzucht nicht zu dem 
durchschnittlich maßgebenden Erwerbszweig der Be- 
völkerung machen. 
Das Ergebnis ist also, da auf einen Quadrat- 
kilometer 100 ha gehen, daß für jedes Stück Klein- 
vieh in den vorstehend aufgezählten Distrikten im 
Durchschnitt etwa 8 ha Weidefläche zur Verfügung 
steht. Rimmt man an, daß von Deutsch-Südafrika 
das Land südlich vom 24. Breitengrade mit einem 
Flächenraum von (ausschließlich der Namit) 
250 000 qkm oder 25 Millionen Hektaren für die 
Kleinviehzucht zunächst vorzugsweise in Berracht 
kommt, so ergibt sich, daß allein innerhalb dieses 
Gebiets, unter Voraussetzung derselben durchschnitt- 
lichen Ernährungsverhältnisse wie in den oben auf-
	        
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