Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Verwandten in den Zustand der Sklaverei, ver- 
hängt werden. 
Südafrika. 
Natal besitzt in dem Gesetz Nr. 19 von 1891, 
welches den „Code of Native Law“ in Kraft setzte, 
die umfassendste Kodifikation von Eingeborenenrecht 
innerhalb der englischen Kolonien in Afrika. Zu 
diesem „Code" sind verschiedene Abänderungsgesetze 
ergangen, auch gellen noch verschiedene frühere Gesetze 
zum Teil strafrechtlichen Inhalts. Der „Code“ gllt 
nicht in der Provinz Zululand. In dieser wird das 
nicht schriftlich festgelegte Eingeborenen-Gewohnheits- 
recht angewandt. 
Der „Code of Native Law“ stellt in der Haupt- 
sache eine Kodifizierung des Gewohnheitsrechts der 
Eingeborenen mit den durch die Gesetze der Kolonie 
und die Rücksichten europälscher Humanität bedingten 
Abänderungen dar, ohne daß er indessen die sub- 
sidläre Anwendung ungeschriebenen Gewohnheltsrechts 
ausschließt. Sofern weder der „Code“, noch das 
Eingeb Gewohnheitsrecht, noch die speziell für 
die Eingeborenen erlassenen Bestimmungen anwend- 
bar sind, unterliegen die Eingeborenen demselben 
Recht wie die Europäer. 
Der „Code“ enthält in strafrechtlicher Beziehung 
hauptsächlich Bestimmungen über Widerstand gegen 
die Staatsgewalt, Ungehorsam gegen Anordnungen 
des höchsten Häuptlings (das ist der jeweilig die 
Gouvernementsgeschäfte wahrnehmende Beamte), 
Zauberei, Partelkämpfe, Ausstand, Landfriedensbruch 
Sittlichkeitsverbrechen, Zuwiderhandlungen gegen Ehe- 
rechtsvorschrisften, Betrug u. dgl., Verbreitung von 
Krankheiten, Verlassen hilfloser Verwandter, Tragen 
von Waffen bei Versammlungen us. 
Von den Abänderungen des „Code“ ist am 
wichtigsten ein Gesetz von 1896, welches neben 
Einzelbestimmungen Ungehorsam gegen das Geset 
allgemein zur strafbaren Handlung erklärt. Dasselbe, 
Act Nr. 40, 1896 „to amend. the Code of Native 
Law“ sagt in Nr. 15: 
„Disobedience or disregard by any native 
of any dut), obligation, direction, or prohibition 
imposed on him by Law No 19, 1891 or any) 
of the sections of the schedule thereto, shall 
be deemed to be an offence“. 
Ein weiteres Abänderungsgesetz, Act Nr. 8 von 
1897, bestimmt, daß jede Zuwiderhandlung gegen 
die Vorschriften des „Code“, soweit dieser nicht be- 
sondere Strafen festgesetzt hat, mit Geldstrafe bis zu 
10 Pfd. Sterl. oder Gesängnis bis zu 6 Monaten 
oder Prügelstrafe bis zu 15 Hieben bestraft wird. 
Weiteres Strafrecht ist in dem umfangreichen 
Gesetz zur Verhütung von Viehdiebstählen enthalten, 
Act 1, 1899 „for the prevention of the crime of 
cattle stealing and kindred Crimes“, welches be- 
sonders eingehende Bestimmungen über „spoor lav“ 
aufweist, das heißt die Rechtssätze, welche zur An- 
wendung gelangen, wenn die Spuren verschwundenen 
Viehs in einen Kraal leiten. 
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Strafvorschriften betreffend Eingeborene neben 
solchen für Weiße enthält auch Gesetz Nr. 15 von 
1899 „for the punishment of idle and disorderly 
persons and vagrants within the colony of 
Natal“. 
In der Kapkolonie wurde bereits früher, 1880, 
eine Kommission zur Feststellung des Eingeborenen- 
Gewohnheitsrechts eingesetzt. Auf Grund der Ar- 
beiten dieser Kommission wurde der „Transkelan 
Territories Penal Code“ erlassen, welcher nur in 
den von den melsten Eingeborenen bewohnten östlichen, 
jenseits des Keislusses gelegenen Gebieten der Kolonie 
gilt. Nach Sir Henry de Villiers, Oberrichter der 
Kapkolonie („The Law of South Africa“ in 
„Journal ofthe Society of Ccomparativelegislation“ 
1901, New Series Nr. 1) beruht dieser Code zum 
Teil auf dem indischen Penal Code, zum Tell auf 
Eingeb Gewohnheitsrecht, zum Teil auf dem 
in der Kapkolonie geltenden Recht. Insbesondere 
sind gewisse Grundsätze über „spoor law“ (s. oben) 
dem Gewohnheitsrecht der Eingeborenen entnommen. 
In Transvaal ist das Gewohnheitsrecht der 
Eingeborenen anerkannt, soweit dasselbe den all- 
gemeinen Grundsätzen der Zivilisation nicht wider- 
streitet. · 
In der Oranjefluß-Kolonie gilt für die 
Eingeborenen, von einzelnen Gesetzen abgesehen, 
dasselbe Strafrecht wie für die Weißen. 
Sudan. 
In dem ägyptischen Sudan, welcher allerdings 
formell keine englische Kolonie ist, ist 1899 ein 
Penal Code und ein Code of Criminal Procedure 
erlassen worden, beide nach dem Vorbilde der gleich- 
namigen indischen Gesetze, welche sich nach englischem 
Urteil in Indien mit seiner zum Teil mohammeda- 
nischen Bevölkerung gut bewährt haben. 
" Südsee. 
In Fijl ist 1889 eine ziemlich umfangreiche 
Verordnung über die Bestrafung von Sittlichkeits- 
verbrechen und damit in Zusammenhang stehenden 
Vergehen erlassen worden, die „Criminal Law and 
Procedure Amendment Ordinance 1889“, sto make 
further provision for the protection of women 
and girls, the suppression of brothels and other 
Purposes'“. Ferner ist 1901 eine Verordnung "#to 
make fürther provision for the peace and good 
order of the colony“ ergangen, durch welche jede 
Person, die unter den Eingeborenen Unzufriedenheit 
gegen das Gouvernement erregt oder zu erregen 
versucht, oder elnen Eingeborenen zu einer Hand- 
lung verleitet oder zu verleiten versucht, welche auf 
den Umsturz oder eine Anderung der jetzigen Form 
des Gouvernements abzielt, mit sechsmonatlicher 
Gefüngnisstrafe bedroht wird. Neben einzelnen 
Strafbestimmungen, welche sich in sonstigen Ver- 
ordnungen finden, ist eine Reihe von Strafvor- 
schriften speziell für die Eingeborenen in den von 
dem „Native Regulation Board“ erlassenen „Native
	        
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