DPerschiedene Witteilungen.
Ausbilbung in astronomischen Längen- und Breiten-
bestimmungen.“)
Der Wettbewerb der praktische Kolonialpolitik
treibenden Nationen in der Erschließung der Reich=
tümer Afrikas macht es notwendig, die politischen
Grenzen der einzelnen Schutzgebiete so genau fest-
zulegen, daß Verwicklungen jedweder Art ausge-
schlossen bleiben. Der deutschen Regierung, die sich
in diesem Bestreben mit ihren Grenznachbarn eins
weiß, muß es daher vor allem daran liegen, für die
hiernach notwendigen Vermessungsexpeditionen jeder-
zeit ein in der Aufnahme astronomischer Längen-
und Breitenbestimmungen genügend vorgebildetes
Personal an der Hand zu haben, um den oft plötzlich
eintretenden Anforderungen gerecht werden zu können.
Unsere Leser werden sich erinnern, daß auf Ver-
anlassung der Kolonialabtellung erstmalig im De
zember 1900 ein solcher Unterrichtskursus unter
Leitung des Observators an der Königlichen Stern-
warte in Göttingen, Professors Dr. Ambronn,
stattstand. Bereits im Mai 1901 folgte ein zweiter
Kursus unter Professor Schnauder am geodätischen
Institut bei Potsdam und im Dezember 1901 ein
dritter wiederum in Göttingen unter Professor
Dr. Ambronn. Die damals ausgebildeten Kräfte
stehen der Kolonialverwaltung heute nur noch tell-
weise zur Verfügung, so daß sich die Einrichtung
neuer Unterrichtskurse empfahl.
Für diese Kurse kommen in erster Linie Offfiere
in Betracht, die neben der nötigen Ruhe und Be-
sonnenheit im Verkehr mit Weißen und Farbigen
sprachliche und technische Vorbildung für die ihnen
zugedachten neuen Aufgaben mitbringen. Mit solchen
hat die deutsche Kolonialverwaltung ebenso wie die
englische und französische die besten Erfahrungen
gemacht.
Es wurde im Jahre 1905 ein neuer, vierter
Kursus eingerichtet. Die Leitung desselben, welcher
am 1. Mai 1905 begonnen hatte, war im Ein-
verständnis mit dem Herrn Minister der gelfllichen,
Unterrichts= und Medizinalangelegenheiten wiederum
dem Professor Dr. Ambronn üÜbertragen worden.
Zur Tellnahme waren berufen der Oberleutnont im
2. Königlich Sächsischen Pionier-Bataillon Nr. 22
Winkler und der Leutnant im Königlich Bayerischen
Infanterle-Lelb-Reglment Freiherr v. Reltzenstein;
später trat noch der Oberleutnant in der Betriebs-
abteilung der Elsenbahn-Brigade v. Roebel hinzu.
Diese drei Offiziere haben nach der im Herbst v. Is.
erfolgten Beendigung ihrer Ausbildung sämtlich so-
fort Verwendung im Grenzexpeditionsdienste ge-
funden. Oberleutnant Winkler und Leutnant Frei-
herr v. Reitzenstein sind der Expedition zur Festlegung
der Ostgrenze des Schutzgebiets Kamerun zugeteilt
*) VgI. Deutsches Kolonialblatt 1901, S. 326 und 1
1902, S. 52. S. 617
172
und haben am 28. September v. Is. die Ausreise
nach diesem Schutzgebiet angetreten; Oberleutnant
v. Roebel ist der Expedition zur Regelung der
Grenze zwischen Nordwest-Kamerun und Nigeria
als Mitglied beigegeben worden und am 9. No-
vember v. Is. von Hamburg aus nach Kamerun
ausgereist. Da voraussichtlich demnächst weitere
Expeditionen zu Grenzregulierungszwecken auszu-
rüsten sein werden, ist die Abhaltung eines fünften
Unterrichtskursus unter Professor Dr. Ambronn in
Göttingen in die Wege geleitet. Dieser Aus-
bildungskurfus hat am 15. Januar d. Is. seinen
Anfang genommen. Zur Teilnahme an demselben
sind berufen der Major im Infanterie-Regiment
Freiherr von Sparr (3. Westsälisches) Nr. 16
Haering, der Leutnant im Königlich Sächsischen
6. Feldartillerie-Regiment Nr. 68 Rothe und der
Leutnant im Königlich Bayerischen 2. Pionier=
Bataillon Cuno.
Vorbildung portugiesischer Rolonialbeamten.")
Dem Beispiele Deutschlands, Frankreichs, Hollands
und Belgiens folgend, ist in Portugal jetzt durch
zwei Königliche Dekrete vom 18. Januar d. Is. die
Errichtung einer Kolonialschule in Lissabon und von
Fachschulen in den afrikanischen Kolonien Portugals
angeordnet worden.
Die Kolonlalschule in Lissabon soll mit der dort
bestehenden Geographischen Gesellschaft eng ver-
bunden werden. Der jährlich neu zu wählende Prä-
sident der Gesellschaft wird gleichzeitig Direktor der
Schule sein, welche besonders für die Ausbildung
der zukünftigen Kolonialbeamten bestimmt ist. Der
Kursus ist ein zweijähriger; im ersten Jahre werden
Kolonialgeographie, Kolonisation und die Amlundo-
sprache gelehrt werden, im zweiten koloniale Volks-
wirtschaft, Zwil- und Finanzverwaltung nebst der
darauf bezüglichen kolonialen Gesetzgebung, die
Landim--Sprache sowie kolontales Gesundheitswesen.
Die Lehrer sollen unter den Professoren der Lissa-
boner Schulen sowie den Offizieren des Heeres und
der Marine ausgewählt werden.
Fachschulen sollen in den Provinzen Kap Verde,
S. Thome und Angola errichtet werden. Für die
Kap Verdischen Inseln sind mehrere derartige
Schulen vorgesehen, die ihren Sitz in den Haupt-
punkten der Inselgruppe haben und unter anderem
der Vorbildung von Schiffern, Fischern, Bauhond=
werkern, Zimmerleuten, Schlossern, Schustern, Schnel-
dern usw. dienen sollen. Für die Provinzen
S. Thome und Angola ist je eine Schule ähnlichen
Charakters mit dem Sitz in der Hauptstadt der
Insel S. Thome und in Loanda in Aussicht ge-
nommen.
*7) Wegen der Vorbildung der Kolonialbeamten der
verschiedenen Länder vgl. D. Kol. Bl. 1894 S. 355, 1895
S. 666, 1896 S. 259, 1897 S. 330, 1904 S. 137, 1905