Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

uu, weil sie wissen, daß sie auch für den Bau und 
e Ausbesserung ihrer eigenen Häuser auf die Hilse 
der Stammesangehörigen angewiesen sind. Die 
lungen Burschen hingegen, die überall einen Plotz 
zum Schlafen finden, und deren ganze Bedürfsnisse 
zwei oder drei Hüfttüchern und ebensovielen 
olljacken bestehen, haben keine Lust zu arbeiten. 
An einigen Orten entweichen sie, sobald sie ein 
Haus bauen sollen, nach einer Nachbarinsel und 
leiben dort, bis das Hous feriig ist. Während 
leser Zeit arbeiten sie an einem der verkehrsreichen 
Hafenplätze oder sonstwo und bringen Lohn genug 
mit nach Haus, um die verwirkte Strafe mit 
Leichtigkelt bezahlen zu können. 
Um einem Mißbrauch des Lala-Rechtes entgegen- 
zutreten, hat man seit dem Jahre 1897 vier 
Provinzialinspektoren angestellt, die sich im ganzen 
Lande persönlich überzeugen sollen, ob die im Interesse 
er Elngeborenen erlossenen Verordnungen auch be- 
folgt werden. Diese Einrichtung hat sich nicht be- 
kt. Wenn auch indirekt durch die Wirksamkelt 
der Inspektoren die Lage der Eingeborenen verbessert 
worden ist, hat doch ihre eigentliche Tätigkeit so viel 
Unfrieden erzeugt, doß man sie wieder abschaffen will. 
Eine weitere Maßregel ist die Aufstellung eines 
Trbeitsplanes. Für jede Art von Gemeindearbeit 
#t eine bestimmte Zeit angesetzt, so daß der Ein- 
geborene von vornherein weiß, wieviel Zeit ihm zu 
seiner freien Verfügung bleibt. 
Auch diese Verordnung hat nicht viel genutzt, 
da ihre Durchsührung zu schwierig war. Sie hat 
aber vorteilhaft dadurch gewirkt, daß sie den Em- 
geborenen klar machte, daß er ein Recht auf freie 
elt hat, und daß er sich beschweren kann, wenn sie 
m genommen wird. Dadurch ist ein gewisses 
· und Individualitätsgefühl in ihm geweckt 
orden. 
Das ist um so notwendiger, als der Begriff des 
Privateigentums noch fast völlig fehlt. Das Grund- 
eigentum steht ausschließlich dem Stamme zu, Privat- 
Eigentum des einzelnen am Boden kennt man kaum. 
Das Land geht allerdings durch Erbgang von einem 
erwandten auf den anderen über, gewöhnlich vom 
oter auf den Sohn oder auf einen Bruder. Aber 
er Einzelerbe ist nur der Vertreter einer Gruppe 
don Verwandten, die neben ihm Erben sind und die 
ihm sogar die Erbschaft fortnehmen können, wenn 
er sich schlecht aufführt. 
In ähnlicher Weise vererbt sich auch die Be- 
sehigung zur Häuptlingswürde. Aus den zu dem 
mt befahigten Verwandten wird der Häuptling 
gewählt ohne Rücksicht auf die Nähe der Ver- 
wandtschaft. 
d Die Landkommission hat, den Rechtsanschauungen 
* ngeborenen entsprechend, den „mata quali“ 
t bden Stamm als den Grundstückseigentümer in 
* Grundbuch eingetragen. Ein Wechsel bereitet 
ich hierm insofern vor, als die Kommtssion neuer- 
iange auch Land auf den Namen einzelner „Kansivt“ 
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oder Familien eingetragen hat. Das bedeutet einen 
wünschenswerten Schritt auf dem Wege, allmählich 
das Stammeseigentum durch das Privateigentum 
zu ersetzen. 
Die von den Eingeborenen aufzubringende Steuer 
ist im wesentlichen eine Kopfsteuer, die von den 
einzelnen Stämmen in Landeserzeugnissen entrichtet 
wird. Ihr Gesamtbetrag von ungefähr 20 000 8. 
jährlich verteilt sich auf die einzelnen Provinzen „je 
nach der Dichte der Bevölkerung, der Fruchtbarkeit 
des Bodens und dem Stande der Zieillsation“. 
Die Steuer wird meistens in Kopra und Zucker- 
rohr, aber auch in Mais, Tabak und Yaquona bezohlt. 
Im Unvermögensfalle kann sie auf staatlichen Zucker- 
plantagen abgearbeirtet werden. Liefert eine Ge- 
meinde eine größere Menge von Erzeugnissen ab, 
als ihrer Steuer entspricht, so erhält sie für den 
Ülberschuß den Markipreis in barem Geld. Die 
Eingeborenen haben auf diese Weise einen guten und 
sicheren Absatz für ihre Waren. Die Rückzahlungen 
sind daher durchweg sehr erheblich, zumal auch der 
Buli an mäglichst großen Lieferungen dadurch 
interessiert ist, daß er von der Rückzahlung 10 v.H. 
erhält. 
Seit der Einführung der. Kopfsteuer haben sich 
die Verhältnisse in mancher Beziehung geändert, so 
daß eine Steuerreform notwendig geworden ist. 
Ursprünglich bildeten die Eingeborenen 99 v. H. der 
Bevölkerung, und es war daher billig, daß sie die 
Steuer allein aufbrachten. Nachdem sie jetzt nur 
noch 80 v. H. bilden und 20 v. H. auf farbige Ein- 
wanderer entfallen, wollen sie nicht mehr alleln die 
öffentlichen Lasten tragen. Außerdem geht ihre Zahl 
sehr schnell zurück. Im Jahre 1881 verteilte sich 
der Steuerbetrag von 20 000 8 auf 114 748 Per- 
sonen, während im Jahre 1901 fast dieselbe Steuer- 
summe von nur noch 91 019 Personen zu tragen 
war. Die weitere Abnahme der Eingeborenen ist 
auf wenigstens 1000 Köpfe jährlich zu schätzen. 
Auch die Verteilung der Steuer auf die einzelnen 
Provinzen entspricht nicht mehr den jetzigen Ver- 
hältnissen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die- 
jenigen, die ihre Steuer in Kopra zahlen können, 
erheblich günftiger gestellt sind als die Bewohner 
ärmerer Provinzen, die in Zuckerrohr oder noch 
minderwertigeren Erzeugnissen zahlen müssen. Ein 
Ausgleich muß durch verhöltninmäßig höhere Heran- 
zlehung der Kopra gewinnenden Bezirke geschaffen 
werden. Die Eingeborenen wünschen endlich, daß 
die Zuckerplantagen so angelegt werden, daß sie nicht 
allzuweit von ihren Wohnsitzen liegen, und daß sie 
die Steuer auch in bar entrichten dürfen. Die Re- 
gierung will ihnen hierin entgegenkommen und be- 
absichtigt auch, die Steuersumme von 20 000 & um 
3000 2 jährlich zu ermäßigen. 
(Aus: Correspondence relating to native taxation anud. 
the commonal system in Fia Parlamentedrucksache, 
September 1904).
	        
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