Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

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In den ersten Nächten nach den heftigen Aus- 
brüchen des Nordwest, wenn der Wind sich gelegt 
und der Regen aufgehört hat, wenn Totenstille über 
der Landschaft ausgebreitet ist, und die ganze Natur 
wie ein Gefühl der Erschlaffung überfallen hat, 
überkommt den einsam Wachenden belm Rauschen 
und Tosen der Wasser ein eigenartiges Gefühl von 
Furcht. Doch die Wassermassen verteilen sich schon 
nach wenigen Tagen und eilen wieder beruhigt dem 
Meere zu. Strahlend steht die Tropensonne über 
Berg und Tal und drückt tausend phantastische 
Schattenbilder auf das glitzernde Silberband. Ju- 
gendlich strotzen und prangen wieder Moose, Farren, 
Blattpflanzen und Buschwerk an den Stellen, über 
welche noch unlängst die Wasserflut zerstörend ge- 
gangen, und bald suchst du vergebens nach den 
Spuren der Verwüstung. 
Das Rinnsal der Flüsse besteht meistens aus 
Sand und Steingeröll (Kallstein, Kiesel, Granit, 
Feldspat, Quarz u. a.) und ist wenig tief. Je 
näher der Quelle, desto riesiger sind die im Fluß- 
bette liegende Blöcke, die nicht selten mit Sträuchern 
und Ranken, aus dem in allen ihren Vertlefungen 
angesammelten Sand und Humus emporwachsend, 
gekrönt sind. Fallen die Gebirgswände stell in den 
Wildbach, so daß die hüben und drüben wirr mit 
Lianen verwebten Bäume Laubdächer bilden, und 
die Wasser vielleicht in Absätzen steile Felsen hinab 
tosen, so steht man vor einem Bilde von wilder 
Großartigkeit. Auf der Strecke des Unterlaufes, 
wo das Geftille immer mehr abnimmt, findet man 
nur Kles oder reinen Sand. Bei den Biegungen 
oder zeitweiligen Verstopfungen durch aufgeworfenes 
Geröll oder Stämme reißt das Wasser mit furcht- 
barer Gewalt Stücke vom Ufergelände weg, bohrt 
tiefe Löcher in den Grund oder bahnt sich ein neues 
Rinnsal durch den Wald. 
Die Flüsse des Baininger Gebietes eignen sich, 
wie aus den obigen Schilderungen hervorgeht, nicht 
für die Schiffahrt. Der einzige, der vielleicht auf 
einige Kllometer mit einer Dampfpinasse befahren 
werden kann, ist der Toriu, an dessen Ufern von 
der Mission ein Sägewerk errichtet wurde (1903). 
Andere Wasseradern von Bedeutung sind der Ka- 
rawat und Patongo im Weberhafen, weiter hinauf 
der Nambung, der Tongolienakanal und der Nesai. 
An der Ost= und Südküste kann ich bloß den 
Warongoi und Wulwut (Henry-Reid-river) mit 
Namen anführen. Die übrigen zahlreichen Wasser- 
läufe sind bislang noch unerforscht. 
Die Edelsteine unserer europäischen Alpen, die 
Seen, mangeln den Baininger Bergen ganz. 
sehr geringer Ersatz dafür sind vereinzelte tiefe, zum 
Teil mit Wasser gefüllte Einsenkungen, welchen man 
mitten im Urwald oder auch auf Abhängen be- 
gegnet. Der abergläubische Eingeborene schreibt ihre 
Entstehung dem Teufel zu, der hier sein Unwesen 
treibt und die Vorübergehenden eranlockt, um sie 
mit in die Tiefe zu ziehen. 
Ein 
Überraschend schöne Bilder gewähren die zahl- 
relchen Quellen der Bäche und Flüsse. Die dunkle 
Szenerie um dieselben, Felsengrotten, liebliche Farren- 
palmen, großblättrige wilde Bananen, mannigfache 
Aaronsarten, verleiht dem Quell etwas Ehrfurcht- 
gebietendes, wie einem Helligtume. Die Wasser 
kommen entweder aus einem tiefen Bassin oder ent- 
strömen den verwitterten Kalkgesteinen an der Ober- 
fläche des Bodens. 
Zwei der schönsten Quellen dieser Art find die 
des Nawin hinter der Station Wunamarita und 
die des Atmei in der Nähe von St. Paul. Der 
Atmei entspringt am Juße einer senkrecht abfallenden 
Felswand, die mit einem Gewirr von Schling- 
pflanzen überzogen ist. Das Wasserbecken ist etwa 
5 m breit und 6 m tief. Dreimal hintereinander 
wirbelt der Quell aus der Tiefe in die Höhe, bildet 
rasch sich folgende Ringe, ruht dann eine Sekunde, 
gleichsam um Atem zu schöpfen, und beginnt dann 
von neuem aufzuwellen. Die hervorsprudelnde 
Wassermenge dürfte sich auf 1 chm in der Sekunde 
belaufen. An der rechten Seite des Beckens ergießt 
sich aus dem Lehmboden eine zweite Wasserader, 
die aber bei weitem nicht so stark ist. Das Wasser 
in beiden ist gewöhnlich krtistallklar; bei heftigen 
Gewitterregen wird es trübe, auch vermehrt sich 
alsdann die Wassermenge. Fische, groß und klein, 
tummeln sich mit Behagen in dem herrlichen Becken. 
Während die kleineren sich auch zuweilen über den 
Rand hinaus wagen und sich von der Strömung 
abwärtsgleiten lassen, bleiben die großen beständig 
im tiefen Wasser. Am scheuesten sind die Aale, 
von denen man nur hcchst selten einen erspäht. 
Sie halten sich mit Vorliebe unter den zerklüfteten 
Steinwänden verborgen. Es kommen ihrer wahre 
Prachtexemplare vor, bis zu 1 m Länge und noch 
darüber hinaus. Der Reichtum an Fischen und 
Flußkrebsen ist überhaupt in Baining ein sehr großer. 
Da der Balninger infolge des Mangels an Fisch- 
geräten nur in seichtem Wasser dem Fischfang ob- 
liegen kann, so wird der Fischstand kaum jemals 
vermindert. 
  
V. 
Wasserfälle. 
Der Reiz der Baininger Täler wird in hohem 
Grade durch die imposanten Wasserfälle erhöht, die 
in großer Anzahl vorhanden sind. Nennen wir 
u. a. nur den Hälka, der in den Patongo fällt, 
und die zwei kaum über 250 m voneinander ent- 
sernten Sturzbäche Narurungut und Malaulau im 
Süden von der Insel Missamissakor in unmittel- 
barer Nähe des Meeres. Beide stürzen von der 
Quelle an in terrassenförmigen Kaskaden durch eine 
engge Klause voller Steinblöcke hinab in die See. 
Der Eingang zum Malaulau ist über alle Be- 
schreibung schön. Rechts ein steil ansteigender Ab- 
hhang, mit der herrlichsten Vegetation überwuchert, 
links eine kleine Mangroveninsel, ein reizendes 
schwimmendes Boskett, und dahinter eine Reihe von
	        
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