Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

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nossen, und daher war ich an Trübsal und Kümmer- 
nisse aller Art gewöhnt; aber so viel Arger und 
Verdakt, wie mir die Träger bei dieser Reise vom 
anganjika zum Nyassa täglich bereitet haben, ist 
mtr mie vorher zuteil geworden. mag hier in 
* Hauptsache der Umstand zu meinem Nachtell 
ugewirt haben, daß die Träger wußten, daß ich 
n Fremder sei, dem Land, Leute und Sitten un- 
bekannt waren und der kein Machtmittel besaß, auf 
hie irgendwie zu drücken. Ob ich anderseits Macht- 
mittel zur Anwendung gebracht haben würde, wenn 
sie mir verfügbar gewesen wären, möchte ich fast 
vemeinen, denn es mußte natürlich mein Haupt- 
#strebe sein, den englischen Behörden in keiner 
eise Veranlassung zu geben, sel es nun mit oder 
ohne Grund, an meine Reise durch ihr Gebiet später 
noch irgendwelche unliebsamen Erinnerungen zu 
d üpfen. Jedenfalls möchte ich bestimmt behaupten, 
uns ein Engländer in Nordost-Rhodesia, noch dazu, 
S# er Beamter ist, leichter und mit weniger 
chwierigkeit reist, als ich es konnte. 
di ein Träger sind keine berufsmäßigen Tröger; 
4. e Eingeborenen unterziehen sich aber diesem Dienst 
rotzdem willig. Ich habe überhaupt hinsichtlich des 
gegenseitigen Verhältnisses zwischen den Eingeborenen 
und den englischen Beamten und Angestellten der 
„African Lakes Corporation“ glelch am ersten Tage 
deeer Landung in Klkuta den Eindruck gewonnen, 
aß dieses ein besonders vertrauensvolles ist, und 
dieser Eindruck hat sich von Tag zu Tag meines 
Verwellens im englischen Gebiet gesestigt. Ich kann 
mich nicht entsinnen, eine gleiche oder ähnliche Ver- 
trauensseligkeit der schwarzen Bevölkerung zu dem 
Kropäer irgendwo in unserer Kolonie bemerkt zu 
haben Mich hat diese angenehme und sehr ouf- 
falende, weil seltene und ungewöhnliche Erscheinung 
nteressiert und ich habe mir viel Mühe gegeben, sie 
zu ergründen. 
su Nach meinem Dafürhalten ist sie nicht darin zu 
üchen, daß der Engländer auf das Wesen und die 
und Charaktereigentümlichkeiten oder 
in Abern Anschauungen seiner schwarzen Untertanen 
es bodeesia und Zentralafrika mehr eingeht, als wir 
glauben zuseren Besitzungen tun; ich möchte sogar 
deusch daß er es weniger tut. Wir, mit unserer 
licteihen vielgerühmten und viel getadelten Gründ- 
* ürften eher vorbildlich sein. Wir geben 
ffenbar weit mehr Mühe, die Ethnographie, 
# Fusasze Laltur- und Sittenleben der Eingeborenen 
* chmrn und uns in ihre Gedankenwelt und ihre 
llscherseitseen hineinzudenken. Es wird auch eng- 
#amien unumwunden anerkannt, daß unsere Be- 
gene achere und Kaufleute erheblich bessere 
. er Eingeborenensprache besitzen. Auch 
zerihtüch " der Eingeborenen in Anwendung 
Keled er trafen und körperlicher Züchtigungen 
al bei en Engländern nicht humaner und milder 
sind ei uns, und die jährlichen Steuerforderungen 
zwar insofern geringer, als sie pro Hütte nur 
  
8 Schilling gegenüber 3 Rupien bel uns betragen; 
aber dieser Umstand kann nicht die günstige Ein- 
wirkung auf die Neger haben, weil dem Neger in 
Rhodesia und Zentralafrika der Schilling als Rupie 
bekannt ist und gilt, und er die Wertdifferenz zwischen 
3 Rupien und 3 Schilling nicht einzuschätzen und 
zu begreifen vermag. Von ungleich größerem Werte 
ist der Umstand, daß die Engländer in ihren An- 
sprüchen an die Arbeitsleistungen der Elngeborenen 
bescheidener und insbesondere in der Ausführung der- 
selben duldsamer sind als wir. 
Der Grundzug deutschen Volkscharakters, eine 
unermüdliche sehr intensive Arbeitsamkeit, zeitigt bei 
uns das: aheia, heia, upesi sana upesi sana, 
das uns in unserer Kolonie überall da in den Ohren 
gellt, wo gearbeitet, wo Tätigkeit entfaltet wird. 
Wir sind gewöhnt, an unsere Arbeitsleistungen 
hohe Ansprüche zu stellen; wir sind es gewöhnt, 
täglich viele Stunden und ununterbrochen zu ar- 
beiten, und wir find es gewöhnt, viel zu leisten. 
Wir vergessen, einen wie niedrig in der HKubaurstuft 
stehenden Menschen wir in dem Neger vor uns 
haben, und verlieren, wenn wir ihn als Arbeiter in 
unsere Dienste stellen, leicht das richtige Maß für 
das, was er normal leisten kann, weil wir unsere 
Leistungsfähigkeit und das Resultat unserer Arbeits- 
leistungen für normal halten. Hier macht der Eng- 
länder — und ich glaube durch seine fast 500 jährige 
koloniale Erfahrung gewitzigt — der schwächsten 
Seite des Negercharakters welt mehr Konzessionen. 
Noch habe ich keinen Engländer gesehen, der in 
nervöser Hast den Neger unter fortwährendem: 
aomach schnell, mach schnell“ zur Arbeit antrieb. Er 
weiß, Kolonien entwickeln sich nicht von heute auf 
morgen; er läßt sich mit seinen Anforderungen an 
die Arbeitskraft und Arbeitsamkeit des Negers ebenso 
Zeit, wie dieser mit der Ausführung. Elr stellt sehr 
viel mehr Leute für dasselbe Arbeitspensum ein als 
wir und zahlt dafür weit geringere Löhne. So 
erreicht er dasselbe wie wir und ohne Aufwand 
größerer Mittel; aber er erhält die Leute in Arbeits- 
wllligkeit und Dienstbereitwilligkeit, und das ist viel, 
viel mehr wert, als schnelle Arbeitsausführung und 
darauf folgender Mangel an Arbeitern, wenn es 
gilt, welter zu bauen und zu schaffen. Bei uns 
laufen die Eingeborenen von der Arbeit fort; beim 
Engländer leisten sie sie willg. 
Ich habe noch nicht erklärt, warum der Eng- 
länder in Rhodesia und Zentralafrika für geleistete 
Arbeiten so sehr viel geringere Löhne zahlt. Das 
liegt hier im System der an der Landesverwaltung 
interessierten Gesellschaften. Da liegen allerdings 
die Verhältnisse überaus günstig; denn es kommen 
nur zwei Gesellschaften in Frage. Das ist erstens 
die „British South African Company“, zweitens 
die „Afrika Lakes Corporation“. Sie sind hier die 
Alleinherrscher, ein Dritter exlstiert nicht und könnte 
neben beiden nicht aufkommen. Und diese belden 
vertragen sich ganz außerordentlich gut. Sie ar-
	        
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