Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Früchte aufpickt. Ferner durchstrelft er die im Roden 
begriffenen Pflanzungen nach Insekten. Ornithologen, 
denen ich diese Tatsache erzählte, schüttelten zwelfelnd 
den Kopf. Sle mögen sich selbst überzeugen. Der 
Nashornvogel ist für den Ost= und West-Baininger 
ein wertvoller Vogel, da Federn und Schnabel ihm 
beim Tanz als Schmuck dienen. 
Ein sehr häufiger Vogel in Balning ist auch das 
Buschhuhn (Megapodins eremita). Es ist kleiner 
und unansehnlicher von Farbe und Gestalt, als 
unser europälsches Huhn. Kopf und Hols, die im 
rhältnis zum übrigen Körper klein sind, sind nur 
spärlich mit Federn bedeckt. Die Farbe des Feder- 
eides ist ein Gemisch von Graubraun und Rot. 
Der Schwanz ist sehr kurz. Der Vogel lebt meistens 
vereinzelt; doch begegnet man auch zwei bis drei 
zusammen. Das Buschhühn hält sich gern an Wald- 
wegen auf, wo es wie unser Huhn scharrt. Auf- 
gescheucht, fliegt es nur schwerfällig davon und läßt 
sich entweder wieder auf die Erde nieder oder setzt 
ich auf einen niederen Baum. Es verrät seine 
Gegenwart nicht nur durch Scharren am Boden, 
sondern auch durch den häufigen Lockruf. Der Hahn 
kräht, aber seine Stimme ist gurgelnd. Das Busch- 
huhn brütet bekanntlich seine Eler ulcht selbst aus, 
sondern scharrt sie in die Erde, sehr oft unter um- 
gestürzte Bäume. Sie find länglich, größer als 
unsere Hühnereler und von hellroter Farbe, ihr 
Geschmack ist jedoch bei weitem nicht so angenehm 
und gleicht vielmehr dem der Enteneier. Es wird 
allgemein behauptet, daß sie nur im heißen Sande 
durch die Bodenwärme ausgebrütet werden können, 
doch scheint mir dies für Baining nicht zuzutreffen. 
Hier gibt es wenig der Sonne. ausgesetzte Plätze 
im Urwalde und an den Flußufern. Demnach scheint 
also auch die Bodenwärme im kühlen Urwalde schon 
zum Ausbrüten hinreichend zu sein. Die Eingeborenen 
wollen wissen, daß das Buschhuhn die Stelle, an 
der es seine Eier verscharrt hat, zuweilen besucht 
und nachschaut, ob die Jungen noch nicht hervor- 
kommen. Die Küchlein folgen sofort der Mutter 
nach, werden aber vielfach von den Eingeborenen 
gefangen und gegessen. . 
Ein niedlicher Vogel ist der hiesige Star. Er 
ist klelner als der europälsche und schwarzglänzend 
von Farbe. Er lebt immer in kleineren oder 
größeren Gesellschaften, zu gewissen Jahreszeiten 
beobachtet man ihn zu Tausenden. Die Stare niften 
auch zusammen auf sehr hohen Bäumen, oft dicht 
neben den Wohnungen der Menschen, oder auch 
mitten im Walde oder in Schluchten. Nur muß 
die Umgebung des betreffenden Baumes licht oder 
nur mit kleineren Bäumen bestanden sein. Ihre 
Nester gleichen denen der Webervögel und hängen 
haufenweise nebeneinander von den Zweigen herab. 
Das Gezwitscher, das die heitere rührige Schar den 
ganzen Tag verübt, ist unglaublich. Interessant ist 
es, wenn sie gegen Sonnenuntergang truppenweise, 
immer einige Minuten nachelnander, mit Sturmes- 
  
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elle dahersausen, in ihr Nachtquartier einziehen und 
sich gegenseitig mit tausendfachem Willkommschrei 
empfangen. Erst die hereinbrechende Nacht macht 
dem Lärm ein Ende. Auch auf der Insel Massawa 
hoben sie ein Stelldichein für die Nacht. Sobald 
der Tag graut, erheben sie sich wie auf Zauber- 
schlag in die Höhe, fallen plötzlich, ihre Linie auf- 
lösend, wieder herab und ziehen dann wie ein breites, 
schwarzes Band ans Festland. Der Baininger stellt 
ihnen nicht nach, und doch wäre es ihm eln lelchtes, 
den Nestbaum zu ersteigen und die Brut auszu- 
en. 
Es würde uns zu weit führen, alle Vogelarten 
im einzelnen zu besprechen, für den Rahmen dieser 
Arbelt müssen wir uns mit den wenigen oben er- 
wähnten Repräsentanten begnügen und wollen nur 
noch zum Schlusse dieses Kapitels ein Wort über 
die Feinde der Vögel hinzusügen. Der erste Feind 
ist der Baininger selbst; er macht aber nur Jagd 
auf die Vögel, wenn ein Tanz in Aussicht steht 
oder ihm der Vogel gerade in die Hände fliegt. 
Doch richtet er aus Mangel an geeigneten Jagd- 
geräten — er hat nur Schleuder, Schlinge und 
Leim — sehr wenig Schaden on. Er ißt das 
Fleisch aller bei lihm vorkommenden Vögel, nur vor 
den Seevögeln, den „Meereskindern“, wie er sie 
nennt, hat er eine abergläubische Scheu. Der einzige 
Seevogel, für den er in seiner Sprache einen Namen 
bat, ist der Seeadler (Pandion halic). Er kommt 
nämlich zuweilen in die Berge, besonders wenn 
draußen starker Wind weht und das Meer hoch 
geht. Bei seinem Erscheinen in den Lüften entsteht 
unter den Bainingern eine freudige Bewegung, wie 
etwa in Nordeuropa, wenn der Klapperstorch im 
Frühling von seiner Erholungsreise aus dem Süden 
anlangt. Alt und Jung fieht ihm nach und schrelt: 
„Der Ufermann ist dal“ Elnes Tages kamen auch 
zwei Bachfielzen (Tongariri — Rhipidura tricolor), 
die nur an der Küste zu Hause sind, hier angeflogen, 
setten sich auf das Kreuz unseres. Daches und 
machten ihre Bücklinge nach rechts und links, 
zwitscherten, wohl zufrieden über das, was sie sahen 
und flogen dann wieder zur See. Dieser seltene 
Besuch ist noch in aller Erinnerung. Kommen meine 
Schulkinder ans Ufer und sehen einen dieser zierlichen 
Vögel, so heißt es: „Weißt du noch, früher kamen 
einmal zwei nach St. Paul, setzten sich aufs Kreuz 
und kehrten dann zu den Uferleuten wieder zurück.“ 
Ein schlimmerer Feind als der Mensch für die 
Vögel sind die Schlangen und Ranbvögel. Unter 
den Schlangen ist es besonders die oft rlesige 
Esingeicht, die nicht nur Eler und Brut der Vögel, 
sondern auch Hunde raubt. Von den Raubvögeln 
nenne ich den Seeadler, der neben Fischen auch 
Papageien frißt, ferner den Rabaska (Astur 
dampieri), einen kleinen grauen Habicht. Er tötet 
die Brut im Nest und holt sich gern junge Hühnchen. 
Stundenlang sitzt er zuweilen auf einem Baumast 
und erwartet den günstigen Augenblick, um über
	        
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