seine Beute herzufallen. Kann er sich keine Hühner
verschaffen, so nimmt er auch mit Eidechsen und
Mäusen fürlieb. Seine Gegenwart verrät er durch
einen schrillen Pfiff, so ganz wie der geriebene
Gauner. Sofort stößt im Hofraum der Hahn seinen
Warnungsruf aus, während die Hühner erschreckt
sich verbergen oder mit Bangen in die Höhe schauen.
Ost glücken ihm die Raubanfälle nicht, weil plötzlich
ein Paar Dicrurus laemosticus erscheinen und ihn
so lange höhnend verfolgen, bis er ein Verstück im
Dickicht einer Laubkrone gefunden hat.
Wollen wir nach diesen Schilderungen noch
einmal kurz unsere Ansicht über die hiesige Vogel-
welt zusammenfassen, so müssen wir sagen: Sie sleht
zwar nicht an Zahl der Indivlduen, wohl aber an
Arten den europäischen Bögeln bei weitem nach,
und wenn auch ihr buntschillerndes Tropenkleid in
seiner mannigfachen Farbenpracht uns zur Be-
wunderung zwingt, so läßt doch ihre Stimme —
der Mangel an Gesang — durchweg Herz und
Gemüt kalt, und mir will es manchmal scheinen, als
wären sie in dleser Beziehung so recht das Bild
des wilden, unkultivierten, noch nicht erlösten Ein-
geborenen. -
VIII.
Erforschung Bainings. — Erste Ansiedler. —
Wirtschaftliche Entwicklung des Landes.
Der erste Europäer, der mit dem Teile Neu-
pommerns, den wir Balning nennen, bekannt ge-
worden ist, ist wohl der englische Reisende Powell,
der in den Jahren 1878 und 1879 die Nord= und
Westküste Neupommerns erforscht hat. Das Wenige
und zum Teil Irrige, was er uns über dasselbe zu
berichten weiß, beruht einzig und allein auf Aus-
sagen von Küstenbewohnern, die ihn begleitet haben.
Er selbst ist nicht mit dem Bergvolk in Berührung
gekommen. Zu einem solchen Besuche hätten ihm
die landeskundigen Führer gefehlt; denn der Bai-
ninger galt bei seinen Nachbarn als der Inbegriff
aller Wildheit. Tatsächlich war aber nicht er der
schreckliche Kannibale, als welcher er von den Küsten-
bewohnern geschildert wurde, sondern der Verfolgte
und Unterdrückte, dessen Rache sie fürchteten.
Da in Baining die Kokospalme nur spärlich
vorhanden ist und an einen Handel auch nicht ent-
fernt gedacht werden kann, anderseits sich auch die
hiesigen Firmen hauptsächlich nur auf Gewinnung
von Kopra verlegten, so brauchen wir uns nicht zu
wundern, wenn dem Europäer so wenig an der Er-
schließung Bainings gelegen war. Es sandte höch-
stens der eine oder andere Händler sein mit Ein-
geborenen bemanntes Boot in den Massawahafen
oder an den Weberhafen, um Schweine, Taros oder
Ethnologica einzukaufen.
Die ersten Weißen, welche wirklich in das Land
eingedrungen sind und die Bergbewohner aus eigener
Anschauung kennen gelernt haben, waren katholische
Missionare und der damalige Kaiserliche Richter
Dr. Hahl, jetziger Gouverneur von Deutsch-Neu-
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Guinea. Es war ihnen nicht schwer, zu konstatieren,
daß das Land mit seinem tiefen Humusboden und
dem Reichtum an Wasser sich eher zu Kulturzwecken
und Ansiedlungen durch Europäer eigne, als der
magere, wasser= und waldarme Lawaboden des
nördlichen Telles der Gozelle. Es ist wohl zu be-
dauern, daß die ersten weißen Ansiedler sich mit dem
schlechtesten Teil von Neu-Pommern begnügt und
nicht, bevor sie ihre Arbeiten begonnen, das nahe,
fruchtbare Berggelände Bainings besucht haben.
Ihr Beispiel hat bis auf die letze Zeit noch Nach-
ahmer gefunden. Da der hiesige Ansiedler fast aus-
schließlich Palmenkultur betrieb und dieser Baum
wenig Ansprüche an den Boden macht und außerdem
die Blanche-Bucht sich vortrefflich als Ausgangspunkt
des Handels im Archipel zu bewähren schien, so
glaubte man, aller günstigen Vorbedingungen eelnes
rentablen Plantagenbaues sicher zu sein und ver-
schwendete Zeit, Geld und Arbeltskräfte an der
Kultivierung der unwirtlichsten Ländereien. Heute
dürfte der Pflanzer den begangenen Irrtum wohl
einsehen; denn die Kokosbestände mit den wenigen
und kleinen Nüssen zeigen ihm, wie sehr er sich über
den wirtschaftlichen Wert des Bodens getäuscht hat.
Die ersten Niederlassungen der Mission in Bai-
ning sind Wunamarita und Ramandu als Missions-
stationen und Mandres am Weberhafen, wo sie eine
Plantage in Angriff genommen hat. Es folgten
dann St. Paul und einige Jahre später Toriu und
Nacharunep. Die Neu-Guinea-Kompagnie kam erst
im Jahre 1900, und zwar auf das Drängen des
Kaiserlichen Richters Dr. Hahl hin, der ihr am
Massawahafen ein beträchtliches Terrain, das den
dortigen Eingeborenen wegen der Weigerung, ihre
Sklaven auszullefern, abgenommen wurde, zugewiesen
hatte. Im Jahre 1902 ließ sich ein junger Mann,
namens Kat, in Pondo nieder, um Plantagenbau
zu betreiben. Seine Unkenntnis der hiesigen Ver-
hältnisse führte ihn unbegreiflicherweise soweit von
dem allgemeinen und einzigen Verkehrsmittelpunkt
der Kolonie, Herbertshöhe, daß dem Unternehmen
schon von Anfang an wenig Erfolg in Aussicht stand.
Die unglückliche Errichtung seines Wohnhauses in
der Nähe eines sumpfigen Geländes richtete innerhalb.
eines Jahres seine Gesundheit zugrunde. Er starb
am Schwarzwasserfieber. Seine Erben lleßen die
Pflanzung, wenn auch nur in beschränktem Maße,
unterhalten, und jetzt ist der Stand der Kokos-
palmen dort ein vorzüglicher.
Die Mission sowohl wie die Neu-Guinea-Kom-
pagnie, verlockt durch die relativ hohen Preise, welche
die Kopra auf den europälschen Märkten gegenwärtig
erzielt, pflanzen auch in Baining fast ausschließlich
Kokos. Ob dieses Verfahren klug zu nennen ist,
wird die Zukunft lehren; denn auch die Kopra so
gut wie jeder andere Ausfuhrartikel ist steten Schwan-
kungen ausgesetzt und kann, wenn der Markt einmal
überfüllt ist oder die der Kokosnuß innewohnenden
Stoffe anderen billigeren Produkten entnommen