Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

breitete sich mein Mimbo-Ruf, und häufig fanden wir 
am Wege Töpfe dieses nahrhaften Getränkes auf- 
gestellt, wodurch wir erst darauf aufmerksam wurden, 
daß rechts oder links hoch oben in den Felsen Men- 
schen hausten und unseren Marsch aus sicheren Ver- 
stecken mit neugierigem und üngstlichem Auge be- 
gleiteten. ’ . 
Die Seledeba-Heiden sind, obwohl vom selben 
Stamme der Wahas (Unterstamm der Margis), mit 
ihren weiter südlich sitzenden Brüdern von Lufua, 
Goso usw. so arg verfeindet, daß sie nichts am Leben 
lassen, wo sie einander treffen. So kommt es, daß 
jene zu Mandara gehören, Lufua, Goso und die 
weiter südlich sitzenden Gruppen aber nach Mada- 
gali Tribut zahlen. 
Mit dem Eintritt in diesen Bezirk merkt man 
die sichere Hand seines gewandten, schlauen und 
energischen Beherrschers, des einzigen, vor dem die 
Heiden Respekt haben, obwohl sie seine Leute an 
Zahl weit übertressen und ringsum einkreisen. 
Madagali ist das Bollwerk an der Westselte des 
Gebirges, das bislang dem Heidenansturm getrotzt 
und damit zugleich auch die Existenz der übrigen 
Fulla-Herrschaften gefristet hat; sein Fall bedeutete 
den der Fulla-Herrlichkelt auf dieser ganzen Front, 
wenn belden nicht seitens der Regierung vorgebeugt 
würde. Diese frühzeitige Erkenntnis und die völlige 
Isolierung hat den Bezirk vor dem rapiden Verfall 
der übrigen Fulla-Staaten bewahrt und ihm einen 
Rest des früheren Wagemutes und berechtigten 
Stolzes der Fullas erhalten. 
Von Lufua ab ließ die große Angstlichkeit der 
Heiden bei unserem Heronkommen nach. Weiber 
und Kinder waren natürlich in die Berge gebracht, 
auch ein erheblicher Teil des männlichen Geschlechtes 
in die nächsten Höhlen geflüchtet; schon aber kam 
uns der Arnado zur Begrlung entgegen; einige 
Männer waren im Orte selbst auwesend, zum Teil 
bereits am Hüttenbau beschäftigt. Und später, als 
wir von Madagali aus wieder das Mandara-Massiv 
erstiegen, holten uns sogar zwei Arnados mit Mufik 
ein; eine Hütte für den Weißen war fertig und ein 
Rind zur Stelle. Wer den Geiz der Helden gerade 
hinsichtlich ihres Großviehs kennt, muß diesen Er- 
folg des Madagali-Lamidos rückhaltlos anerkennen. 
Ülberall waren seine Abgesandten bereits am Tage 
vor unserer Ankunft in den wahrscheinlichsten Quartier- 
orten elngetroffen, hatten die Heiden zum Bleiben 
ermahnt und Unterkunft und Essen vorbereiten lassen. 
Anderenorts wagt sich der Fulla überhaupt nicht in 
ein Heidendorf. 
Vom Lamido selbst erhielt ich einen interessanten 
Beitrag zur Erklärung dieses erfreulichen Zustandes. 
Er führte aus, die Heiden seines Bezirkes wären 
jetzt so zahlreich, daß sie mit ihren Farmen von den 
Berghängen in die Täler hätten vov- oder auf das 
Plateau selbst zurückgreifen müssen. Im ebenen Ge- 
lände aber sei er ihnen überlegen, und so habe er 
ihnen gedroht und die Drohung auch einige Male 
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ausgeführt, ihre Farmen zu vernichten, wenn sie nicht 
parierten oder ihn an Vieh und Leuten zu Schaden 
brächten. Seitdem hätten die Heiden klein beigegeben 
und meist auch ihren Tribut entrichtet. Wider- 
spenstigkeiten blieben natürlich nicht aus, wie eben 
neuerdings bei den Miltas, und um so dankbarer 
sel er für die erhaltene Unterstützung. Denn dränge 
er an elnem Punkte nicht durch, so sei die Gefahr 
der schnellen Verbreitung dieses Widerstandes zu groß. 
Ob der schlaue Fuchs aus wirklicher Bescheiden- 
heit sein Licht so unter den Scheffel gestellt hat 
oder durch den bescheidenen Ton nur destomehr 
imponieren wollte, mag dahingestellt blelben, an dem 
Verdienst selbst wird nichts geändert. 
Madagali genießt den Ruf, ein harthufiges 
Pferdematerlal zu besitzen. Von einer eigentlichen 
Pferdezucht kann indes kaum gesprochen werden. 
In der Hauptsache bezleht der Lamido seine Reit- 
tiere aus Bornu und ist eben durch die Verhältnisse 
seines Bezirkes auf die Auswahl eines besonders 
guten Hufmaterials angewiesen. 
Ich hatte Madagali am 3. Januar 1906 von 
Seledeba über Lufua 1. Jonuar 1906 — Ham- 
bogsa (2. Januar 1906) erreicht. Nach einem 
Ruhetag verabschiedete ich mich am Morgen des 
5. Januar von Hama Jadl, der mich ein Wegestück 
begleitet hatte, mit dem von Herzen kommenden 
Wunsch, Allah möge ihm ein langes Leben be- 
scheren. Sein in Bungel, nahe Demssfa, sitzender, 
etwa 12jähriger Sohn scheint glücklicherweise nach 
dem Vater zu schlagen; trotz der Jugend erkennt 
man an dem Gehorsam der Leute und seinem selbst- 
bewußten und bestimmten Auftreten die Rasse. 
Hierbei sel die allgemein verbreitete Fulla-Sitte er- 
wähnt, daß die mächtigeren Herrschaften einander 
durch solche Enklaven beobachten; als Marschquartier 
und Reservoir für die eigene Verpflegung sowie die 
bei Besuchsgelegenheiten mitzuführenden Geschenke 
gedacht, ist eine der Hauptaufgaben dieser Posten 
die Spionage. 
8. Zum zweiten Male in Gauar. 
5. bis 10. Januar 1906. 
Mein nächstes Ziel war, wie früher angegeben, 
Gauar. Die dortigen Heiden hatten zwar einmal 
zu dem in Gauar-Stadt belassenen Posten geschickt, 
sich bezüglich der Gestellung von Geiseln und der 
Mithilfe beim Wiederaufbau der Stadt aber ab- 
lehnend verhalten, ebenso wie sich auch ihr Arnado 
nicht hatte blichen lassen. Es war mittlerweile fest- 
gestellt worden, daß sich eine größere Gruppe nach 
den Tagen vom 17. Dezember 1905 in Sirak zu- 
sammengefunden hatte, von welcher ein Teil in die 
mehr östlich der Gauar-Höhe gelegenen Niederlassungen 
zurückgekehrt war. Eine zweite Hauptgruppe sollte 
bei den Hina-Heiden Aufnahme gefunden haben; 
indes konnte Oberleutnant Schipper bei seinem 
Marsch nach und von Binder keinerlei Spuren 
hiervon wahrnehmen, so daß ich mehr der Ansicht
	        
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