Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVII. Jahrgang, 1906. (17)

Malariageblete, das assaniert werden soll, Beobach- 
tungen über Malaria. 
Am 14. Juni verließ ich Herbertshöhe und da- 
mit das Schutzgeblet von Deutsch-Neu-Guinea mit 
dem Postdampfer des Norddeutschen Lloyd und kam 
am 21. Juni, ohne einen anderen Hafen angelaufen 
zu haben, in Sydney an. 
Anthropologie. 
Die Bewohner des von mir durchstreisten Ge- 
bietes von Neu-Mecklenburg vartieren in den ein- 
zelnen Landschaften nicht nur im Aussehen, sondern 
auch in Größe und Körperbau. Es ist aber doch 
viel Gemeinsames da, so daß man einen Typus 
herausfinden kann. Dieser Typus ist auch von dem 
von Neu-Mecklenburg-Nord nicht wesentlich ab- 
weichend, aber wohl verschieden von dem typischen 
Papua auf Neu-Guinea und auch verschieden von 
dem Bainingmann. 
Ich möchte daher in den Neu-Mecklenburgern 
(Neu-Irländern) die typischen Vertreter der mela- 
nesischen Inselvölker sehen, im Gegensatze zu den 
Papuas der Halbinsel Neu-Guinea. 
Uber die Stellung der Bainingleute kann ich 
mich noch nicht äußern. Ich kann heute nur nach 
dem äußeren Eindruck und einigen Zahlen bei der 
Messung am Lebenden urteilen; dle Verhältnisse, 
unter denen ich in Neu-Guinea und im Blsmarck- 
Archipel zu leben hatte, waren meist so primittve, 
daß an eine Verarbeitung des ganzen beobachteten 
und gesammelten Matertals, namentlich der osteolo- 
gischen Objekte, an Ort und Stelle nicht zu denken 
war. 
Gerade in bezug auf die Bainingleute ist mein 
Material eln ziemlich reiches und vielseitiges. Zu 
den im letzten Bericht erwähnten Messungen am 
Lebenden und Photographien an den gefangenen 
Baining in Friedrich-Wilhelmshafen kommen noch 
Weichteile eines im Spital Verstorbenen und dle 
oben erwähnten drei Skelette. 
Die Eingeborenen des von mir besuchten Teiles 
von Neu-Mecklenburg bestatten ihre Toten häufig in 
Höhlen (näheres siehe unter „Ethnologle“). Ich 
war daher darauf aus, in den Höhlen, die im Ko- 
rallenkalk recht häufig sind, nach Skeletten zu suchen. 
Meine Bemühungen hatten Erfolg bei einer Durch- 
suchung einer größeren Höhle in den Bergen südlich 
von Kudukudu (Nordostküste von Neu-Mecklenburg). 
Die Höhle heißt „Tahakoma“, sie ist über 40 m 
lang und an manchen Stellen 3 m hoch; ein kleiner 
Bach verschwindet in ihr. Dle Höhle wurde von 
den Eingeborenen bis vor kurzem als Begräbnssstätte 
benutzt, in der Weise, daß sie die Leichen etwa zehn 
Schritt weit in die Höhle trugen und ins Wasser 
legten; nach Regengüssen schwillt der Bach an und 
schwemmte die Leichen weiter ins Innere der Höhle. 
Ich brachte während einer zweitägigen Untersuchung 
der Höhle, am 24. und 25. Mai, zehn noch gut er- 
haltene Schädel heraus, ferner ein vollständiges 
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Rumpfskelett und zahlreiche einzelne Knochen von 
Kindern und Erwachsenen. 
Es geht das Gerücht, daß im Gebirge des süd- 
lichsten Teiles von Neu-Mecklenburg Zwergstämme 
wohnen. Die Angaben der Eingeborenen verlieren 
dadurch an Wert, daß sie unter „Zwergen“ auch 
kleine, unsichtbare Geister verstehen, die in den 
Bergen hausen und den „Höhenrauch“ (Bergnebel) 
erzeugen. In Herbertshöhe sah ich einen „Zwerg“, 
den ein Kapitän aus dem Gebirge südlich von Kap 
Sa. Maria (Ostküste von Neu-Mecklenburg) mit- 
gebracht hatte. Es ist ein typischer Fall von 
rhachitischem Zwergwuchs. Die Zwergfrage kann 
aber heute noch nicht entschieden werden, da das 
Gebirge im südlichsten Teile der Insel noch ganz 
unbekannt ist. (Eine Durchquerung der Insel an 
dieser Stelle würde mindestens sechs Tage dauern 
und einen Aufwand von vielen Polizelsoldaten und 
Trägern erfordern und die Scharterung elnes Fahr- 
zeuges für die Dauer der Expedition.) 
Bel meinen anthropologischen Untersuchungen in 
Herbertshöhe begegneten mir, wie erwähnt, Vertreter 
verschiedener Stämme, welche die umliegenden Inseln 
bewohnen: · 
Leute von der Gazelle-Halbinsel (Umgebung von 
Herbertshöhe); es ist wahrscheinlich, daß dieser Typus 
mit den Typen der Neu-Mecklenburger und der 
Bainingleute zusammenhängt oder sich mit ihnen 
vermischt hat. 
Salomons-Insulaner (die Bewohner der Insel 
Buka und Bougainville sind die besten Soldaten der 
deutschen Polizeltruppe). Häufig begegnet man einem 
Typus mit flachwelligem Haar, höherem Nasenrücken 
und schwarzer Hautfarbe, der in allen diesen Merk- 
malen stark vom melanesischen Grundtypus abweicht 
und eine rätselhafte Sonderstellung einnimmt. 
Manusleute (Admiralitäts-Insulaner). Ich sah 
sowohl Leute von der Küste, eigentliche Manus, als 
auch Inlandleute, Usiai. Merkwürdigerweise schließt 
sich der Typus der Admiralitätsinsulaner mehr an 
den papuanischen als an den melanesischen Typus an. 
St. Mathias-Insulaner. Durch eine Hungersnot 
gezwungen, ließ sich eine größere Anzahl dieser sonst 
ganz unzugänglichen und kriegerischen Leute zur Ar- 
beit in den Plantagen auf der Gazelle-Halbinsel an- 
werben. Sie sehen ebenfalls ganz anders aus als 
die Bewohner der ihnen so nahe gelegenen Inseln 
Neu-Hannover und Neu-Mecklenburg. 
Künstliche Verunstaltungen des Schädels. Im 
Gebirge landeinwärks vom Vorgebirge Matana- 
Taberan?) herrscht die Sitte, die Stirn des Kindes 
beiderlei Geschlechts in sehr früher Jugend von oben 
nach unten mehrmals tief einzuschneiden. Die Schnitte 
werden mindestens bis in das Perlost des Os fron- 
tale geführt, manchmal ist der Knochen ganz durch- 
geschnitten. Es bleiben tief eingezogene Narben zurück. 
*) „Augen der Geister“, nach einer Höhle mit zwei 
Osnungen, auf allen Karten irrtümlich Matante beren 
genannt.
	        
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