— 786
Das Entkörnen der Baumwolle geht regelmäßig
von statten und hält sich etwa auf derselben Höhe
wie im Vorjahre.
In Oberägypten hofft man auf einen gleichen
Ernteertrag wie im Vorjahre, obgleich die bepflanzte
Fläche geringer ist.
(Alexandria General Produce Association vom 29. Sep-
tember 1906.)
Die Eisenbahn Rotes Meer — sil.
Von Dr. Kürchhoff.
Der Nil mit seinen bedeutenden Windungen
zwischen Abu-Hammed und Korosko, sowie seinen
Stromschnellen zwischen Khartum und Wadi Halfa
ist keine günstige Fahrstraße nach dem Sudan, um-
soweniger, als der niedrige Wasserstand, der einen
großen Teil des Jahres über herrscht, längere Zeit
das Einstellen jeglicher Schiffahrt notwendig macht.
Schon frühzeitig kam man deshalb auf den Ge-
danken, einen kürzeren und rentableren Abzugsweg
für die Produkte der Gebiete am oberen Nil zu
schaffen. Die viel begangene Karawanenstraße
Berber—Suakin (der 6. Katarakt erschwert nur
während einiger Zeit die Schiffahrt, hindert sie aber
nie vollständig) mußte bei Erwögung derartiger
Pläne unwillkürlich die Blicke auf sich ziehen, und
bereits Ismail Pascha faßte den Entschluß, längs
der bestehenden Verbindung einen Schienenweg her-
stellen zu lassen.!) Als dann nach dem Tode Gordons
England die bedeutenden Schwierigkeilen erkannte,
die sich der Ausnutzung des Nils bzw. des Strom-
tales als Vormarsch= und Etappenstraße entgegen-
stellten, faßte es den Entschluß, zu rein militärischen
Zwecken eine Eisenbahn zwischen den beiden genannten
Orten zu bauen.:) Die damals erkundete Trace
folgte fast ausschließlich der Karawanenstraße, und
wäre der Bau wegen des in der Nähe von
Suakin sehr gebirgigen, nicht weit von Berber mit
großen Dünen bedeckten Geländes sehr schwierig
gewesen.)) Die hieraus sich ergebende Kostspielig-
kelt, die auch das schon in den siebziger Jahren
von seiten Bakers und Gordons gewünschte Be-
ginnen des Unternehmens verhindert hatte, sowie
die ganze ungünstige Entwicklung der Verhältnisse
im Sudan mögen der Grund gewesen sein, wes-
halb der mit einer Spurweite von 1.3 m begonnene
Bau eingestellt wurde, nachdem 32 km fertiggestellt
waren.") Noch im Jahre 1897 sprach sich der
britische Konsul in Khartum gegen den Bau der
Bahn aus, da diese sich niemals rentieren würde.)
) Monwewen aohuue 1906, S. 149.
2) Ausland 1
56# Ausland 1885, S. 692. Mouvement FSéographique
1897, S. 600.
5 Deutsche Rundschau für Geographie und Statistik
1886, S. 40.
5) Zeitu des Vereins lausscher,
Eisenbahnver-
waltungen 188. S. 540. Ebenda S. 7
Trotzdem ließ die englische Reglerung noch in dem-
selben Jahr mit Vermessungen beginnen, für welchen
Zweck die Summe von 200 000 Mark ausgeworfen
wurde.5) Lord Cromer begründete im Jahre 1908 die
Notwendigkeit des Baues der Bahn damit, daß wegen
der großen Entsernungen das Niltal bis zum Ver-
schiffungshafen Alexandrien nicht der natürliche Aus-
weg für den Sudan sei, sondern höchstens für Waren,
die eine hohe Fracht vertragen, wie Elfenbein, Gummi-
arabikum, während die Gewinnung von Stapel-
waren nur dann lohnend sein könne, wenn ein
kürzerer Zugang zur See offen sei. Auf der anderen
Seite müßten dem Sudan manche Waren, wie z. B.
Steinkohle, auf einem billigeren Wege als dem bis-
herigen zugeführt werden. Für Agypten sei die neue
Bahn allerdings von Nachteil, da es nach ihrer
Vollendung den Durchgangshandel noch dem Sudan
verlieren werde,) aber Agypten könne aus dem
Sudan nur Nutzen ziehen, wenn es sich bedeutend
entwickle, und dieses sei lediglich mit Hilfe der vor-
geschlagenen Bahn möglich, nach Fertigstellung dieser
würden sich die schon jetzt bedeutenden Handels-
verbindungen zwischen Indien und dem Sudan
noch inniger gestalten und zu einem indischen
Monopol des Sudanhandels führen.")
Nachdem die Erkundungen abgeschlossen, wurden
die Gesamtkosten auf 1 770 000 ägyptische Pfund
veranschlagt?') und diese Summe aus dem Fonds
der Spezialreserve bewilligt.))
Die bei den neuen Vermessungen endgültig ab-
gesteckte Trace, bei der die Bahn eine Gesamt-
länge von 532,5 km erhalten hat, weicht wesentlich
von der Karawanenstraße und somit auch von den
früheren Tracen ab. Hierdurch war es möglich, eine
Linienführung zu finden, die die den früheren Bau-
versuchen entgegentretenden Schwierigkeiten erheblich
herabmindert. Zunächst ist die allgemein übliche
Bezeichnung Suakin—Berber nicht richtig, denn die
letztgenannte Stadt wird überhaupt nicht berührt,
sondern die Bahn erreicht den Nil 32 km weiter
südlich an der Einmündung des Atbara in den
Nil.) die hier liegende Station heißt Atbara.
Auch der Anfangspunkt Suakin ist nur vorläufig,
der eigentliche Anfangspunkt zu dem hin die Schienen
jetzt nach Fertigstellung der Hauptbahn verlegt
werden, ist der 50 km nördlich des Hafens von
Suakin gelegene Hafen Mirsa Scheich Barnd, der
in Port Sudan umbenannt ist. Sobald die hier
in Angriff genommenen Arbeiten beendet sind, legen
die englischen Postdampfer hier und nicht mehr in
Suakin an.?) Der Grund für diese Veränderung
ist darin zu suchen, daß der neugewählte Hafen
Geographische Zeitschrift 1903, S. 411. Zeitun
ds 1 . 1 -6
Mouvement Foer s 1904, S. 1
8) Le Genie eivil, II. S. 316.
120, II.
) Beitung vez Trreins deutscher Eisenbahnver-
waltdg 1905, 035.
1 neer