Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Impfung an sich ist also unschädlich. Dann 
wurden 42 Tiere durch den Stationsleiter aus- 
gewählt und zur Küste nach Kpeme geschickt 
(Serie 2 a). Dort sind von 42 Stück 23 
(= 54 vH.) eingegangen, ob sämtlich an Nagana, 
ist nicht festgestellt. Von den übriggebliebenen 
19 Stück, die ja auf dem langen Wege von etwa 
300 km zwischen Sokodé und der Küste aller 
Wahrscheinlichkeit nach von infizierten Tsetsefliegen 
gestochen worden waren, muß man also annehmen, 
daß sie damals gegen diese natürliche Infektion 
unempfindlich gewesen sind. Von ihnen waren 
sechs verkauft worden, so daß ich im Mai d. Js. 
noch 13 Stück vorfand. Diese wurden nun 
daraufhin untersucht, ob ihr Blut noch Parasiten 
enthielt; bei keinem der Tiere waren solche nach- 
zuweisen (durch Impfung von je 20 cem Blut 
auf einen Hund). So war also die Infektion bei 
allen diesen Tieren zur Ausheilung gelangt. 
Nun war noch die Frage zu entscheiden: 
Hat das Uberstehen der durch die Vorbehandlung 
gesetzten Infektion eine Immunität zurückgelassen? 
Um dies zu ermitteln, wurden elf Stück davon 
mit den vier oben erwähnten Rindern der Serie 1 
und den sechs Kontrolltieren zusammen am 
27. Mai 1907 nach Tobkpli geschickt. Eines kre- 
pierte schon auf dem Wege, dürfte also wohl nicht 
mitzurechnen sein. Die übrigen Tiere sind im 
Verlauf von 12 bis 53 Tagen sämtlich der Tsetse- 
krankheit erlegen. Da es anzunehmen ist, daß 
diese Tiere die bei dem Transport zur Küste im 
Jahre 1905 erworbene Infektion überstanden 
haben, so muß die damals vorhandene Immunität 
nur von kurzer Dauer gewesen, jedenfalls im 
Juni 1907, also nach zwei Jahren, soweit ge- 
schwunden sein, daß die Tiere im Durchschnitt 
ebenso schnell verendeten als die Kontrolltiere. 
III. Endlich wurde noch eine dritte Serie 
von zehn Rindern mit den oben genannten in 
Tokpli vereinigt (Serie 2b); sie waren ganz in 
der gleichen Weise vorbehandelt wie die Serie 2a, 
waren aber dauernd in Sokodé geblieben. Bei 
diesen Rindern war vor dem Abmarsch nach 
Tokpli das Blut nicht auf Parasiten untersucht 
worden; aber Dr. Jaffé hat später 25 Rinder 
im Sokodêbezirk daraufhin untersucht und bei zwei 
(S 8 b.) noch Parasiten gefunden. Wenn wir 
den gleichen Prozentsatz auch für die zehn Rinder 
der Serie 2b annehmen, so wäre vielleicht 
höchstens eines davon noch mit Parasiten im 
Blute von Sokodé abgegangen. Sie waren Mitte 
Mai 1907 von dort in Marsch gesetzt worden 
und trafen am 1. Juni 1907 in Tobpli ein, 
mit ihnen sechs Kontrolltiere. Auch diese Tiere 
sind sämtlich in 26 bis 43 Tagen der Krankheit 
erlegen (Durchschnitt 34,9), während die Kontroll- 
rinder 38 bis 65 Tage lebten (Durchschnitt 31,6). 
  
  
  
Aus diesen Versuchen folgt, daß es mit der 
von mir bisher geübten Methode nicht gelingt, 
Rinder gegen die Tsetsekrankheit in ihrer schwersten 
Form zu schützen. Auch wenn die Rinder der 
Serie 1a und 1b die Infektion überstehen und 
am Leben bleiben, so hat dieser Versuch doch 
ergeben, daß eine absolute Immunität in dem 
Sinne, daß die Infektion durch den Stich der 
Fliege überhaupt nicht mehr angeht, daß die Tiere 
also nicht mehr als Parasitenträger anzusehen 
sind, auf diesem Wege nicht zu erreichen ist. 
Wie kommt es, daß ein so bestimmtes Resultat 
bei den früheren Versuchen nicht zum Vorschein 
kam? Es hängt dies offenbar damit zusammen, 
daß die Nagana je nach der Ortlichkeit, an der 
die Infektion erfolgte, verschieden schwer verläuft. 
Am schönsten kommt dieser Unterschied zum Vor- 
schein in den Versuchen von Martini, der mit 
zwei „Stämmen“ von Nagana arbeitete, die beide 
aus Togo stammten, von denen der eine nur 
schwach virulent war, der andere aber die 
Versuchstiere schnell tötete. Panse hat ähnliche 
Unterschiede in Ostafrika konstatiert und auch bei 
meinen letzten Versuchen bin ich Stämmen von 
sehr ungleicher Virulenz (Giftigkeit) für Hunde 
begegnet. Die wesentlichen Unterschiede in den 
früheren Versuchen — Transporte von Sokodé 
nach der Küste — gegenüber dem eben be- 
schriebenen — Transport nach Tokpli — sind 
höchst wahrscheinlich aus solchen Differenzen in 
der Virulenz zu erklären. Daneben spielen Unter- 
schiede in der Jahreszeit und in den einzelnen 
Jahren eine nicht unwesentliche Rolle; die 
Schwankungen in der Schwere der jährlichen 
Seuchengänge sind auch von anderen Infektions- 
krankheiten her bekannt. Inwieweit die Tsetse- 
fliege hierbei eine Rolle spielt, kann nur vermutet 
werden. Ebenso wird es noch langdauernder 
Untersuchungen bedürfen, bis wir Klarheit darüber 
gewinnen, von welchem Einflusse die im „Busch“ 
wild lebenden Tiere auf die Ausbreitung und 
die örtlich verschiedene Virulenz der Nagana sind. 
Versuche, die Nagana durch chemische Agentien 
(Atoryl, Farbstoffe) zu heilen, sind von mir an 
einer Reihe von Tieren angestellt worden. 
Zusammenfassend kann man sagen, daß diese 
Mittel keinen irgend neunenswerten Einfluß auf 
den Verlauf der Erkrankung hatten. 
Von praktischer Wichtigkeit sind noch folgende 
Punkte: 
Von mehrfachen Versuchen, Vieh in Tokpli zu 
halten, waren zwei Kühe übrig geblieben, welche 
mehrmals gekalbt hatten, so daß ich jetzt in 
Tokpli fünf Stück Vieh vorfand. Von diesen 
brachte ich Ende Juni drei zur Küste mit; zwei 
von diesen gingen bereits an Nagana zugrunde, 
das dritte ist infiziert. Daraus geht hervor, daß
	        
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