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(6. B. Gesindeordnung) zur Tätigkeit berufen ist. „Gefahren“ sind Zustände, welche die Besorgnis
begründen, daß sie einen Schaden herbeiführen werden. Bloße Nachteile, Störungen oder Belästi-
gungen sind keine Gefahren im Sinne der Vorschrift. Nur erhebliche Gefahren erfordern ein poli-
zeiliches Einschreiten. Sie müssen „bevorstehend“, d. h. nach verständigem Ermessen zu befürchten
sein, und es reicht weder eine bloß mögliche, in weiter Ferne liegende Gefahr aus, noch ist eine
unmittelbar bevorstehende Gefahr Voraussetzung.
2a. Soweit die Polizei zum Schutze des Strafrechts mitberufen ist (s. Nr. 1), ist sie ein
Hilfsorgan der Bezirksrichter, des Oberrichters und der Staatsanwaltschaft, bzw. der Militärgerichte
und hat deren Ersuchen zu erledigen (vgl. §§ 2, 3, 6 Nr. 2 des Schutzgebietsgesetzes, § 56 des
Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit, § 5 der Kaiserlichen Verordnung, betreffend die Rechts-
verhältnisse in den deutschen Schutzgebieten, vom 9. November 1900, § 153 des Gerichtsverfassungs-
gesetzes; ferner §§ 153 bis 155, 161 der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898). Im
einzelnen ergeben sich die Befugnisse und Obliegenheiten der Polizei auf dem Gebiete der Straf-
rechtspflege der ordentlichen Gerichte, namentlich hinsichtlich der Feststellung des Tatbestandes, der
Befugnis zu Vernehmungen, Beschlagnahmen und Durchsuchungen, Berhaftungen und vorläufigen
Festnahmen aus der Strafprozeßordnung (vgl. insbesondere §§ 156 ff., § 94, 85.112 f..), sowie aus
den im Schutzgebiet eingeführten, dieselbe ergänzenden Gesetzen (z. B. Preßgesetz vom 7. Mai 1874,
Reichs-Gesetzbl. S. 65). Gewisse Besonderheiten, die für das Schutzgebiet bezüglich der Festnahmen
durch die weite Entfernung mancher Dienststellen von dem zuständigen Gerichte bedingt werden,
behandelt der Runderlaß vom 17. April 1903 (III. Nachtrag zur L. G., S. 21).
2b. Die Polizeibehörden sind ferner an der Strafrechtspflege insofern mitbeteiligt, als sie
Ülbertretungen gegen die Strafgesetze und Strafverordnungen im Wege polizeilicher Strafverfügungen
ahnden, vorbehaltlich des Antrags des Beschuldigten, auf gerichtliche Entscheidung (für die Schutz-
gebiete jetzt durch die §8§ 23 bis 28 der Kaiserlichen Verordnung geregelt).
Die polizeilichen Strafverfügungen unterscheiden sich einerseits von den Polizeiverfügungen
dadurch, daß letztere erst Gebote und Verbote schaffen, die dann mit Zwangsmitteln, einschließlich
Strafenzwanges, durchgesetzt werden, anderseits von den im § 15 des Schutzgebietsgesetzes erwähnten
„polizeilichen und sonstigen die Verwaltung betreffenden Vorschriften“ dadurch, daß diese in Ergänzung
der bestehenden Gesetze neue Rechtsnormen schaffen, — wogegen die polizeilichen Strafverfügungen
die Nichtbefolgung vorhandener Rechtsnormen ahnden.
Polizeiverfügungen und „polizeiliche Vorschriften“ im Sinne des § 15 des Schutzgebiets-
gesetzes unterscheiden sich ihrerseits dadurch, daß die ersteren konkrete Fälle regeln wollen, diese
letzteren abstrakte, objektive Rechtsnormen schaffen (weshalb diese Befugnis auch lediglich dem Reichs-
kanzler und den von ihm durch die Verfügung vom 27. September 1903, Kol. Bl. S. 509,
Nachtr. II zur L. G. S. 44, ermächtigten Beamten vorbehalten ist).
3. Auch abgesehen von der Verfolgung strafbarer Handlungen (Nr. 2) ist die Polizei
berechtigt, Personen in polizeiliche Verwahrung zu nehmen, sobald deren eigener Schutz oder die
Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dies dringend erfordert (z. B. wenn ein
Betrunkener auf der Straße selbst gefährdet erscheint oder andere gefährdet). In solchen Fällen
muß jedoch spätestens im Laufe des folgenden Tages die Freilassung erfolgen, sofern nicht hinterher
der Verdacht einer schweren Straftat sich herausstellt, deshalb unter Berücksichtigung des Runderlasses
vom 17. April 1903 (s. oben Nr. 2a a. E.) eine weitere Festhaltung angezeigt erscheint und das
zur Uberweisung an das Gericht Erforderliche veranlaßt wird.
Ebenso sind die Beamten der Polizei, falls dies aus Gründen der öffentlichen Sicherheit
und Ordnung unbedingt notwendig erscheint, auch in anderen als den in der Strasprozeßordnung
vorgesehenen Fällen befugt, in eine Wohnung einzudringen, z. B. wenn deren Beschaffenheit gefahr-
drohend ist oder es sich darum handelt, ein Verbrechen zu verhüten.