Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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gemäß wieder an seinem Teil auch die gewohnte 
Lebensweise und die gewohnte Arbeit des Einge- 
karenen. Dann kommen neue und bis dahin unbe- 
VBante Pflanzen, wie der Kakao und der Kassee, die 
aumwolle, der Sisalhanf und der Gummibaum, 
venn nicht ganz unbekannt als Spezies, so doch als 
Da artetät und mit ganz neuen Kulturmethoden, und 
uch denen muß sich nun wieder der Eingeborene 
anpassen. 
Mit diesem allen aber kommt einec neue Obrig- 
i mit neuer Sprache und ein neues Recht und 
6 ht zum wenigsten, es kommt zu ihm ein neuer 
. aube, neue moralische Begriffe und es kommt zu 
m die Schule, Dinge, die zusammen neu auftre- 
7 selbst einen Europäer in Verwirrung setzen 
withen. Nun ist aber der Eingeboreneder 
sachtigste Gegenstand der Koloni- 
la ton, ganz besonders in allen unseren Plan- 
Dnnkolonien. Denn da die Sklaverei — Gott sei 
nur — abgeschafft ist, die geeigneten Arbeiter also 
ererntweder auf dem Wege des Kontrakts aus an- 
fönm Kolonien, oder aus der eignen bezogen werden 
das rno und die manuelle Leistung des Eingeborenen 
nent vichtigste Aklivum bildet, so liegt hier ein emi- 
das wichtiges Problem. „Ich glaube nicht“, sagte 
englische Parlamentsmitglied Emmot beim vor- 
dang internationalen Baumwollkongreß in 
i# gendester, „daß ein europäischer Kongreß für 
eha eine Frage notwendiger ist als für die einer 
ölhandlung der schwarzen Rassen, die den curo- 
8 den Mächten unterlan geworden sind.“ Tau—- 
vom on Jahren haben jene Eingeborenen gelebt 
Tier; rieg und der Sklavenjagd, von Jagd und vom 
er dang, von der okkupatorischen Gewinnung wil- 
os ruchte, in den wenigsten Fällen von sehr mühe- 
haben vachsenden Pflanzenkulturen. Jahrtausende 
lie ihre eigenen Chefs und deren Gerichts- 
Or Win* Jahrtausende war es ganz in der 
mist 88 daß man die Rache am Feinde nahm un- 
zahlen to- daß man Frauen hielt, so viele man be- 
sondern onnte, daß man die Feinde nicht nur tötete, 
Fetische auch fraß. Jahrtausende hat man an die 
langen und die Erdgeister geglaubt. Nun ver- 
halb 30 oisse deutsche Kolonisatoren, daß inner- 
Zei# Jahren oder einem ähnlichen 
an im nun diese Menschen alle umgewandelt 
pbäischer Hollisiert und produktiv werden nach euro 
werden deihedr, Handel treiben und konsumkräftig 
deren kolo en. Wenn schon die Geschichte aller an- 
leil scsssonisatorischen Nationen das direkte Gegen- 
demselben' g 4rt eine einsache überlegung zu 
dieses Herren, das ist das Haupiproblem. Daß 
überhan es der schversten Probleme ist, die es 
er Veit zu lösen gibt, zeigt Ihnen die Geschichte 
100 Jal Iniglen Staaten. Dort haben Sie seit 
hren und mehr eine meistens von der afrika- 
  
nischen Westküste bezogene schwarze Bevölkerung, 
also aus den Gegenden wo unsere Kolonien Togo 
und Kamerun liegen. Seit dem Jahre 1864 hat 
man diesen Negern die vollen Bürgerrechte eines 
republikanischen Gemeinwesens verliehen, mehr als 
40 Jahre üben sie dieselben aus. Aber wenn man 
heute fragt, wo kann eine Gefahr für den Bestand 
der nordamerikanischen Republik und ihrer poli- 
ltischen Verhältnisse liegen, so wird ausnahmslos 
hingedentet auf jene Masse von 9 Millionen vieriel- 
und halbgebildelter Neger, die ihre ererbten Eigen- 
schaften nicht verloren, von der Kultur nur diejeni- 
gen angenommen haben, die ihre Rechte vermehren, 
und deren Selbstbewußtsein in den meisten Fällen 
in einem umgekehrten Verhältnis zu ihrer Intelli- 
genz und ihrer Leistung steht, und das sind aus- 
nahmslos christliche Neger in der dritten und vier- 
ten Generation, freie Amerikaner in der zweiten. 
Hier liegt das kulturelle Problem, das ethische 
Problem, welches wohl wert ist, daß man seine 
besten Kräfte einsetze. Wenn man mit gewalttätiger 
Hand eingreift in uralte Lebensgewohnheiten, 
Familienrechte, wenn man in aller Ehrlichkeit und 
mit allem Wohlwollen zu Felde zieht gegen den 
Aberglanben, wenn man Rechtsbegriffe aufpfropft, 
wo das entsprechende Rechtsempfinden fehlt, wenn 
man deulsch verwaltet mit der Pünktlichkeit des 
hohen Rechnungshofs in Potsdam, wenn man die 
Neger, deren Leislungssähigkeit in den Tropen teils 
durch die Ungewohntheit zur Arbeit, teils durch das 
fruchtbare Klima eine beschränkte ist, zu stark an- 
spannt, und wenn man — ich sage das mit aller 
Überlegung — über manche üblen und grausamen 
Gewohnheiten nicht unter Umständen wegsehen kann, 
so kommt man natürlich in den Zustand des bestän- 
digen Konflikles, und wo man auf selbstbewußte, gut 
bewaffnete und ihrer numerischen Überzahl nach 
sichere Eingeborene trifft, kommt man selbstverständ- 
lich in den Aufstand, den man mit großen Opfern 
zu beruhigen hat. Hier hilst nur langsame, ver- 
ständige, überlegte Tätigkeit besonders befähigter 
und vorgebildeter Leute, deren Bewegungsfähigkeit 
nicht zu stark eingeschränkt werden darf. Nicht zu 
viel Vorschristen, keine Bureankratie, sondern 
Männer mit gesundem Menschenverstand, freier 
Anschauung, die nicht zu viele Ziele zugleich im 
Auge haben und den Druck der neuen Regierung 
nur da ausüben, wo es eben zur Erfüllung jener 
beschränkten Aufgaben absolnt notwendig ist. 
Meinc Herren! Wie hat man früher kolonisiert? 
Es kam der Händler, es kam die Adventurers Com- 
pany und sie verkauften dem Eingeborenen, was er 
am liebsten haben wollle, den Schnaps, das „Feuer- 
wasser“, die Feuerwaffen. Man hat damit den 
Grund zur Zerstörung großer Massen gelegt. Es 
ist ja zweifellos, daß manche Eingeborenenstämme 
geradeso wie manche Tiere in der Zivilisation unter- 
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