Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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schöner Menschenschlag, der sich im wesentlichen 
von Bananen nährt. Die Banane ist eine ein- 
jährige Pflanze, aber sie erneuert sich beständig aus 
Wurzelschößlingen und wächst bei geringer Pflege 
und einiger Düngung viele viele Jahre auf der- 
selben Stelle. So ist denn jede Eingeborenen- 
hütte mit Bananen umgeben, und hier ist der 
erste Ansatz zu einer Düngungswirtschaft. Der 
Eingeborene hält im wesentlichen Kleinvieh 
(Ziegen) für diesen Zweck, sehr im Gegensatz zu 
anderen Teilen Ostafrikas, wo diese Nutzbar- 
machung der tierischen Exkremente unbekaunt ist. 
Die Exportprodukte sind demnach im wesent- 
lichen jene Kleinviehfelle und in steigendem Maße 
der Kaffee. Es ist interessant, hier eine Ver- 
gleichung mit der Eingeborenen= und Plantagen- 
wirtschaft gerade bei diesem Artikel anzustellen. 
Bekanntlich ist in Usambara, wo eine gute 
Qualität Kaffee erzeugt wird, die Plantagenwirt- 
schaft in Kaffee nicht mehr rentabel. Alle Plau- 
tagen setzen jedes Jahr Geld zu und versuchen, 
nach und nach, andere besser rentierende Ge- 
wächse zu ziehen. In Brukoba steigt die Kaffee- 
produktion von Jahr zu Jahr und die Qualität 
ist derart, daß der Export zum großen Teil nach 
Arabien stattfindet, wo er mit dem dortigen 
Kaffee vermischt als Mokka-Kaffee in den Handel 
kommt. So stehen denn um jede Hütte 19, 20 
und 30 Kaffeebäume zwischen den Bananen. 
Es erscheint auf den ersten Blick wunderbar, daß 
ein mit europäischer Intelligenz betriebener, mit 
reichen Geldmitteln angelegter und mit maschinellen 
Einrichtungen zum Teil komplizierter Art für 
Enthülsung und Trocknung ausgestatteter Betrieb, 
nicht mehr konkurrenzfähig ist. Aber gerade 
darin liegt zum Teil der Mißerfolg. Eine Kaffee- 
plantage ist belastet mit den Kosten für Grund 
und Boden; den Eingeborenen gehört der 
Boden frei. Sie ist belastet mit den Kosten der 
Rodung; Plantagen können ja nur da angelegt 
werden, wo kein Eingeborenen-Besitz vorhanden 
ist. Diese Kosten sind sehr hoch. Der Eingeborene 
zieht den Kaffee als Zwischenkultur. Eine 
Plantage ist belastet mit den Kosten eines euro- 
päischen Aufsichtsrats, einer europäischen Leitung, 
weißen, sehr teuren Angestellten im Schutzgebiet 
und vor allem mit Zinsen auf Kapital und Arbeit 
für 5 bis 6 Jahre, nämlich der Zeit zwischen 
Anlage und Ertragsfähigkeit. Nehmen Sie nun 
die Kosten des Hektar bloß auf 3 Rp. an, so 
müssen Sie doch mindestens 50 Rp. per Hektar 
rechnen für die Rodung und 10 Rp. für die 
Pflanzung, so haben Sie 63 Rp. Kosten. Auch 
solange der Kaffee nicht ertragsfähig ist, muß dieses 
Land rein gehalten, müssen Abzugsgräben, Wasser- 
löcher usw. gemacht werden. Dazu gehört min- 
destens 1 Mann für je 2 ha, d. h. für 6 Jahre 
  
per Hektar ½ Mann, macht 3 Arbeitskräfte zu 
150 Rp., macht 450 Rp., zu jenen 63 hinzu, 
zusammen also zunächst 513 Rp. Dazu kommen 
mindestens 30000 Mk. per Jahr Generalunkosten 
der Weißen, und wenn Sie das auf 500 ha an- 
schlagen, so macht das 60 Mk. per Jahr oder 
360 Mk., bis die Plantage trägt, und das sind 
270 Rp., zusammen 782 Rp. Wir haben also 
ziemlich 800 Rp. auf den Hektar Unkosten oder 
/10 Rp. per Kaffeebäumchen, 1000 auf den Hektar 
gerechnet. Sie müssen also, wenn Sie nur 
15 v. H. Zinsen rechnen, 4 Heller = 5⅛½ Pff. 
von vornherein Unkosten rechnen. Nun kommt 
die Zeit der Ernte, und da brauchen Sie minde- 
stens 1 Mann auf den Hektar, d. h. 20 Pfg. für 
das Bäumchen im Jahr; so haben Sie schon 
25½ Pfg. Trägt nun ein Baum 2 Pfund Kaffec, 
wovon ½⅛ dem Gewicht der reinen Bohne ent- 
spricht, so haben Sie 200 g Kaffee. Wenn Sie 
nun nichts rechnen für Maschineric und ihre 
Anlage und Betrieb, so ist es klar, daß bei 
Kaffeepreisen von höchstens 50 Pfg. auf das Pfund, 
200 g nur 20 Pfg. wert sind, und Sie deshalb 
5 bis 6 Pfg. zu jedem Pfund beizulegen haben. 
Das ist eine sehr bescheidene Rechnung, die nichts 
ansetzt für Erneuerung des Bestandes, für Aus- 
fall infolge Absterbens und Pflanzenkrank- 
heiten, und eine Rechnung, die mit einem 
sehr hohen Ertrag rechnet. Diese 26 Pfg. Un- 
kosten hat der Eingeborene nicht, er hat gar 
keine Unkosten. Er macht die Sache nebenbei, er 
lebt von seiner Banane, er hat also jene 20 Pf. 
rein, wo die Plantage 6 Pf. zusetzt. Diese Wahr- 
heit, daß in vielen Fällen die Eingeborenenkultur 
unglaublich viel billiger produziert wie Plau- 
tagenkultur, ist für manche Leute nicht sehr er- 
baulich, aber sie muß im Interesse unserer Ko- 
lonien und ihrer Entwicklung ausgesprochen 
werden. 
Das Bild ändert sich natürlich sofort, wo es 
sich um sehr hochwertige Produkte handelt, die 
nur mit großen maschinellen Anlagen, wie Sisal, 
und mit großen Geldaufwendungen, wie Baum- 
wolle bei der Bewässerung, gemacht werden 
können; denn der Eingeborene kann weder Ma- 
schinen bestreiten, noch Kapital schaffen. Aber es 
ist noch ein anderes, was ernsthaft ins Auge ge- 
faßt werden muß. Der Kaffeebau war rentabel, 
solange nicht die ungeheuere brasilianische über- 
produktion eintrat, d. h. die Plantage ist mehr 
oder weniger abhängig von der Weltkonjunktur. 
Ob sie bestehen kann oder nicht, hängt von Fak- 
toren ab, über die man keine Gewalt hat, und. 
das ist der Grund, weshalb man dafür sorgen 
muß, daß ein Schutzgebiet nicht vom Plantagen- 
bau abhängig wird, damit bei sehr schlechten 
Konjunkturen nicht das ganze Schutzgebiet, Leben
	        
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