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kein Wunder. Dort sind tüchtige, gut gebante,
fleißige und geschickte Leute; sie sind alle Acker-
bauer, mehr oder weniger landsässige schwarze
Bauern und zwar einen Teil des Jahres als Träger
im Lande herumziehend oder Handel treibend,
aber doch mit Vorliebe ihre Felder bestellend.
Der Taborabezirk ist ungefähr so groß wie das
Königreich Bayern und hat eine Million Ein-
wohner. Es ist eine Hochsteppe mit vielen ein-
zelnen Gneißkuppen in grotesker Form. Wo
Wasser vorhanden, ist sie überall besiedelt, sonst
mit einem Buschwald bedeckt. Die Leute bauen
sich ihre Nahrung selbst, Vieh halten sie als
bewegliche Vermögensobjekte, mit denen man
Handel treiben, Steuern bezahlen und Franen
kaufen kann. Die Bedürfnisse sind nicht klein,
der Erwerbsinn ziemlich rege. Daß schon eine
erhebliche Ausfuhrproduktion da ist, haben Ihnen
die Ziffern gezeigt. Hochwertige Produkte kommen
von überall aus dem Hinterland; Mais und
Olfrüchte nicht weiter als 150 km. 150 km ist
ungefähr der fünfte Teil der Ausdehnung des
Landes. Sie können sich denken, welcher Handel
entstehen wird, wenn man eine 150 km Zone
nach der anderen erschließt. Das ganze Land
macht einen friedlichen Eindruck, aber ich möchte
über das Wort „Eindruck“ nicht hinausgehen. Die
Sultane erscheinen auf den Lagerplätzen und jeder
zeigt mit einem gewissen Stolz sein Papier
vor, worin auch ihm auf Grund des Kaiser-
lichen Schutzbriefes der Schutz des Deutschen
Reiches versprochen ist. Dieses Papier wird sehr
in Ehren gehalten, wie überhaupt all und jede
Sorte Papier mit europäischen Schriftzeichen.
Das ist von gewissenlosen Weißen und schlauen
Schwarzen oft mißbraucht worden, so daß Re-
gierungsladungen jetzt nur mehr auf schwarz-=
weißrot gestreiften Scheinen ausgestellt werden.
Ich habe herrliche Viehherden, sehr wohl be-
stellte Felder in großer Anzahl gesehen und habe
von dem ganzen Land einen guten und tüchtigen
Eindruck.
Die weiße Verwaltung genießt, soweit sie sich
ausdehnen kann, Vertrauen. Aber natürlich ist
sie hier sehr beschränkt, denn im diesem Lande,
so groß wie Bayern, ist nur ein weißer Bezirks-
amtmann und ein weißer Bezirkssekretär. Das
ist der ganze Beamtenstand. Und es ist eine
Reise vom Südende zum Nordende von 30 Tagen
oder mehr. Auch sind die Arbeiten so umfang-
reich, daß die Beamten kaum Zeit finden, sich
vom Verwaltungssitz wegzubegeben, besonders da
sie auch noch die ganze Gerichtsbarkeit zwischen
Weißen und Eingeborenen zu besorgen haben.
Eine Gerichtsbarkeit über eine Million Menschen!
In ganz Tabora waren 12 Weiße, 2 Beamte,
4 Offiziere und Unteroffiziere, ein Postbeamter,
2 Missionare und 1 Arzt, drei Kaufleute und
Arbeitsanwerber. In einer Stadt von 40 000
Köpfen! Da gehört denn ein großes Maß von
Takt und Anpassung an die Landesgebräuche
dazu, um jederzeit korrekt zu sein und dabei das
Vertrauen der Eingeborenen zu behalten. Man
muß diese Verhältnisse sich ernst vergegenwärtigen,
will man einen gerechten Standpunkt einnehmen
gegenüber dem Tun und Lassen unserer Beamten da
draußen, deren Aufgabe eine schwere ist, selbst
wenn man nicht rechnet den Einfluß des tropischen
Klimas und der tropischen Sonne, die Abgeschlossen-
heit von allem Berkehr, den Mangel jeder Zer-
streuung, die Unmöglichkeit, sich einer Gesellschaft
zu entziehen, die einem oktroyiert ist und auf
deren Zusammensetzung man keinen Einfluß hat.
Und man wird sagen müssen, daß jeder deutsche
Kolonialbeamte, der sich mit Ehren seiner Aufgabe
entledigt, eine große und dankenswerte Leistung
vollbringt, und daß es nur der Tüchtigkeit und
der Entsagung des deutschen Beamtenstandes zu
danken ist, daß wir mit so wenig Leuten noch
auskommen.
Weil mich die Frage der Rechtspflege ganz
besonders interessiert (denn sie ist das Fundament
nicht bloß der Herrschaft, sondern des Vertrauens),
habe ich, wo immer ich konnte, den Gerichts-
sitzungen beigewohnt und auch in Tabora einen
ganzen Vormittag damit verbracht. In der Nähe
der Boma, der Feste, steht ein großer tempel-
artiger Rundbau, ein spitzes Dach auf hölzernen
Säulen, die unten durch eine Art Balustrade
miteinander verbunden sind; rückwärts geht die
Mauer bis oben hin, innen ist eine Erhöhung,
auf welcher der weiße Beamte an einem Tische
sitzt. Auf dieser Balustrade sitzen zunächst der
Bürgermeister von Tabora, ein Araber, der als
Dolmetscher fungiert, 4 oder 5 angesehene ara-
bische Gutsbesitzer, ebensoviel indische Kaufleute,
ein Teil der 260 Sultane, die von der deutschen
Herrschaft bestätigt sind, die Abgesandten der
anderen Sultane, die nicht gerade anwesend sein
können. Im Gerichtsraum stehen mehrere Askari
zur Aufrechterhaltung der Ordnung, und der ganze
Boden ist bedeckt von hockenden, teils neugierigen,
teils interessierten Zuschauern; ebenso gucken sie
rechts und links über die Estrade hinüber. Ich
rechnete, daß wohl über 300 Menschen anwesend
waren an einer Gerichtsverhandlung, in die ich
ohne Anmeldung hineingekommen bin. Zunächst
werden alle Bekanntmachungen, Verordnungen
usw. verlesen und erklärt in der Art, wie sie in
Deutschland manchmal noch ausgeschellt werden.
Dann werden die Fälle einer nach dem anderen
aufgerufen, aber auch solche, die nicht angemeldet
oder vorbereitet sind, kommen zur Berhandlung.
Kläger und Beklagter stehen auf, es beginnt die