Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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die Kosten der Verwaltung zu Hause und draußen 
über den Effekt hinaus gesteigert hat; das ist 
z. B. in Ostafrika stark der Fall. Hier anzu- 
setzen, ist für die Kolonialverwaltung eine dank- 
bare Aufgabe. 
Nicht enthalten in der obigen Aufzählung sind 
Konzessionsabgaben, und diese sind ein wichtiges 
Element für die finanzielle Unabhängigkeitsstellung 
der Kolonien. Hier hat zunächst der Grundsatz 
Platz zu greifen, daß das werbende Kapital in 
Kolonien nicht gezogen werden kann, wenn es 
sich von vornherein einer fiskalischen Belastung aus- 
gesetzt sieht, die bei ungünstigem Ausgange der 
Unternehmung zu einer harten Auflage wird. 
Wenn für Eisenbahnen und Verkehrsmittel die 
Staatsregie im allgemeinen als das Gegebene er- 
scheint, ist alle weitere Entwicklung füglich dem 
Privatkapital überlassen. Die Theorie ist, daß 
alles herrenlose Land in den Kolonien Kronland 
ist, daß alle Bodenschätze in den Kolonien Re- 
galien sind. Sobald man nun zur Entwicklung 
dieser Ländereien bzw. der Entwicklung des Berg- 
baues Kapitalien heranzieht, so gilt es, auszu- 
gleichen die Rechte des ursprünglichen Besitzers, 
d. h. des Fiskus, mit den Anforderungen der- 
jenigen, die ihr Geld befruchtenderweise in die 
Unternehmung hineinlegen. Dieser Ausgleich findet 
statt durch die Beteiligung des Fiskus am Rein- 
gewinn bergmännischer Unternehmungen u. dgl., 
nachdem eine entsprechende Verzinsung zugunsten 
des Unternehmerkapitals herausgewirtschaftet ist. 
Auf dieser Basis ist z. B. abgeschlossen die be- 
kannte Konzession des Gibeon-Syndikats zur Auf- 
findung von Diamanten, wo nach der gesetzlichen 
Einlage im Reservefonds und 5 Progent Divi- 
dende ein Fünftel des Reingewinns dem Fiskus 
zufällt. Neuere Konzessionen, die noch nicht zur 
Veröffentlichung gekommen sind, enthalten wesent- 
lich höhere Prozentsätze für den Fiskus, nachdem 
auch dem Privatkapital eine höhere Vordividende 
zugesichert worden ist. Man ging von der Er- 
kenntnis aus, daß für ein koloniales Unternehmen 
eine 5 prozentige Rente keinen genügenden Anreiz 
bietet, während von dem eine 8prozentige oder 
10 prozentige Rente übersteigenden Betrag sehr 
wohl die Hälfte und mehr abgegeben werden 
kann. Auf dieser Basis sind mehrere Konzessionen 
teils abgeschlossen, teils in der Bearbeitung. Was 
dabei unter Umständen herauskommt, möchte ich 
an dem Beispiele der Premier Diamond Mine 
auseinandersetzen, bei der ohne jede Vordividende 
die Trausvaal-Regierung mit 60 Prozent an der 
Produktion und am Licquidationserlöse der Mine 
beteiligt ist. Bei 2 Millionen Karat Diamanten, 
die diese Mine nach anderthalb Jahren jährlich 
zu fördern in der Lage sein wird (im gegen- 
wärtigen Jahre sind bereits über 1 Million ge- 
  
fördert), gehören 1 200 000 Karat im Werte von 
je 30 Schilling der Regierung, das macht für das 
Transvaal ein Nettoeinkommen von 36 Millioimen 
Mark, und dessenungeachtet stehen die Aktien 
dieser Gesellschaft praeter propter 75 Pfund Ster- 
ling für eine Aktie von 1 Pfund Sterling nominal. 
Es ist natürlich nicht jede Mine eine Premier 
Diamond Mine, aber die Form der Konzession 
hat den Vorzug, daß sie eben an den Chancen 
des Unternehmens den Fiskus teilnehmen läßt, 
ohne ihn an den Lasten zu beteiligen, d. h. daß 
der Fiskus nichts ganz aus der Hand gibt von 
denjenigen Schätzen, die — ihm vielleicht selbst 
unbekannt — in seinem Besitz sind. Ist eine 
sehr leichte Art der Besteucrung für tätige Unter- 
nehmungen angezeigt, so muß ein anderes Prinzip 
befolgt werden bei solchen Unternehmungen, welche 
durch Untätigkeit der Entwicklung der betreffenden 
Landstrecken hindernd in den Weg treten, wie ins- 
besondere solche Landgesellschaften, welche nicht 
das Außerste für die Verwertung ihres Landbesitzes 
tun, und da bietet dann sowohl eine Grundwert- 
steuer und eine Werterhöhungssteuer eine geeignete 
Handhabe. 
Ich habe einige derjenigen Fragen enwisckelt, 
welche die koloniale Finanzpolitik und die Kolonial- 
politik Deutschlands überhaupt entweder heute oder 
demnächst zur Lösung stellt. Deutschland wird an 
seinen Kolonien nur dann eine Freude haben, 
wenn sie verständig und zielbewußt entwickelt und 
die Ausgaben auf ein Nötiges reduziert werden, 
die Einnahmen aber zur Entlastung des Staats- 
budgets gesteigert werden. Aus allem ergibt sich, 
daß gemäßigte Selbstverwaltung und Bau von 
Verkehrswegen dazu am geeignetsten sind. Aber 
wie jede koloniale Entwicklung müssen alle diese 
Dinge sehr langsam und überlegt, aber ziel- 
bewußt durchgeführt werden. Sie können nur 
ihre Wirkung äußern mit der Hebung des kolo- 
nialen Besitzes überhaupt, und auch diese Hebung 
kann ohne mancherlei Enttäuschungen, ohne eine 
vieljährige Arbeit, ohne große Zähigkeit nicht vor 
sich gehen. „Das ganze Geheimnis jeglichen Er- 
folges in Afrika heißt Geduld“, sagt schon Nach- 
tigal. Wir haben wertvollen, sogar sehr wert- 
vollen Besitz in unseren Kolonien. Wir haben 
verhältnismäßig günstige Eingeborenenverhältnisse. 
Wir haben mancherlei Lehrgeld bezahlt, aber wir 
müssen uns darauf einrichten, daß wir noch 
längere Zeit als Staat keine volle Befriedigung 
unserer Anslagen, als Private nicht überall 
glänzende Resultate haben werden. Aber die 
Entwicklung bisher ist nicht so unbefriedigend, 
wie sie von manchen Seiten angesehen wird, und 
die Erkenntnis über den Wert und die Aussichten 
der Kolonien ist im Steigen, so daß der Kreis 
derjenigen, die ein wirkliches Interesse an der
	        
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