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Kolonial- Wrtschaftliches.
Baumwolle in den deutschen Kolonien.
Dem soeben erschienenen Frühjahrsbericht des
Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees über die
„Deutsch-kolonialen Baumwoll-Unter-
nehmungen“" entnehmen wir folgende interessante
Mitteilungen:
Die Unternehmungen haben nach den Fest-
stellungen des Komitees im letzten Jahre er-
freuliche Fortschritte gemacht. Die Baum-
wollproduktion hat in Togo eine Steigerung
gegen das Vorjahr um 60 v. H. erfahren, und
auch in Deutsch-Ostafrika ist trotz des Auf-
standes eine Zunahme zu verzeichnen. Insgesamt
betrug die Ernte 1905/06 etwa 1 Million Pfund
im Werte von etwa 600 000 Mark. Die fort-
gesetzte Verbesserung der Qualitäten hat für west-
afrikanische Baumwolle einen Durchschnittspreis
von 57, für ostafrikanische einen Durchschnittspreis
von 80 Pf. und für Baumwolle aus dem Vikto-
riasee-Gebiet einen Rekordpreis von 1,02 Mk.
für ½ kg erzielt.
Das Interesse für den Baumwollbau in den
Kolonien selbst wie im Mutterlande ist im Wachsen
begriffen. Der früher vom Komitee besorgte
Einkauf und die Aufbereitung der Baumwolle wird
letzt mehr und mehr von in der Kolonie ansässigen
Firmen, die dem Baumwollbau früher stkeptisch
gegenüberstanden, bewirkt.
Das Vertrauen auf eine weitschauende Kolo-
nialpolitik des neugewählten Reichstages und auf
eine großzügige kaufmännische Leitung des Kolo-
Valamtes hat das Interesse breiter Schichten der
lich ] für die Kolonien geweckt und nament-
nehm andel und Industrie zu kolonialen Unter-
ungen angespornt.
skeue Baumwo
in Bidung begriffen
Im Gebiete d ; l)
Ostafrika) im Ungann orbirtoriasees (Deutsch-
seitens der Leipziger Bann 00 und 20 000 ha
ens der Kipöiger iwollspinnerei, Aktien-
gesellschaft Leipzig-Lindenau, und der Textilfi
Heinrich Otto, Reichenbach i. W. im 1 Sunmn
Deutsch-Ostafrikas, Kilwa-Bezirk, im Umfan von
zunächst 4000 ha ebenfalls unter Mitwirtung von
Textilindustriellen; im Gebiet der Daressalam —
Morogoro-Bahn hat die Eisenbahngesellschaft mit
Baumwollkulturen begonnen; in der Alluvial=
ebene des Benue (Kamerunny) ist eine Baumwoll-
pflanzung von einigen tausend Hektaren vorbereitet.
Im Zusammenhang mit den ostafrikanischen Baum-
wollprojekten ist eine Transportgesellschaft auf
dem Viktoriasee im Werke, die der Ausfuhr von
Exportprodukten, insbesondere von Baumwolle,
dienen soll.
II-Unternehmungen sind
Die Kolonialverwaltung hat in die Etats
der Schutzgebiete für 1907 105 000 Mk. zur
Förderung des Baumwollbaues eingestellt. Das
Reichsamt des Innern hat zur Unterstützung
der Bestrebungen, welche darauf gerichtet sind,
der deutschen Baumwollindustrie die Beschaffung
des Rohmaterials zu erleichtern, 50 000 Mk.
in den Etat eingestellt.
Der Baumwollmarkt 1906/07 steht unter
dem Zeichen einer Vermehrung der Produktion
und Verminderung der Oualitäten. Trotz der
verhältnismäßig großen Ernten in den letzten
Jahren haben die Preise für Rohbaumwolle eine
Steigerung erfahren. In folgendem finden sich
die höchsten, niedrigsten und Durchschnittspreise
für Rohbaumwolle eines jeden Jahres von 1901
bis 1906.
1901 1902 1903 1904 1905 1906
Pfennige
Höchste Preise 11 45 63 75 54 35
Niedr. 35 37 39 30 31 14
Durchschnitts-
preise 39 10 50 55 412 50
1*
ÜUber die einzelnen Kolonien enthält der
Bericht folgende interessante Angaben:
Der Export aus Togo ist im letzten Jahre
um 60 v. H. gestiegen, der erlöste Verkaufspreis
übertrifft den für middling amerikanisch ge-
zahlten noch um einige Pfennige.
Die vom Komitee trassierte und nunmehr dem
Betrieb übergebene Eisenbahnlinie Lome —
Palime wird außer den Eingeborenkulturen im
allgemeinen besonders einer weiteren Vermehrung
der Baumwollproduktion zugute kommen. Eine
Erschließung des Atakpame= und Sokodé-=
Bezirkes durch eine Eisenbahn bleibt aber als
dringende Forderung bestehen.
Die vom Komitee eingerichtete Ackerbauschule
in Nuatschä dient in erster Linie der weiteren
Verbesserung der Qualität. Die ausgebildeten
Schüler wurden als selbständige kleine Baumwoll-
bauer angesetzt. Eine Hauptaufgabe der Schule
ist auch die Einführung der Pflugkultur, durch
die man natürlich ganz andere Flächen unter
Kultur bringen kann, als mit der von Menschen-
hand geführten Hacke. Ganz besonders günstig
scheint die vom Komitee angeregte Landwirt-
schaftliche Ausstellung in Palime (Bericht
siehe an anderer Stelle dieser Nummer. D. Red.)
die eingeborenen Kreise zu beeinflussen. Nicht
weniger als 4126 Eingeborene haben selbstgezogene
Baumwolle ausgestellt. Das Komitee hat für