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ausgestellte Baumwolle den goldenen Preis er-
halten. Für die Erstarkung der Eingeborenen-
kultur zu einer wirklichen Volkskultur, wofür sonsft
die günstigsten Verhältnisse vorliegen, ist die
Schaffung der nötigen Transportwege uner-
läßliche Vorbediugung.
In Kamerun ist eine Baumwollkultur im
Urwaldgürtel und in der Olpalmenzone ausge-
schlossen; Baumwollkulturversuche in den regen-
reichen Küstengebieten anzustellen, ist zwecklos.
Dagegen sind zweifellos die weiten Hochlands-
gebiete im Innern hervorragend für den Baum-
wollbau geeignet. Schon Professor Passarge weist
in seinem Werk „Adamana“ auf das Vorkommen
wildwachsender Baumwolle hin. Bei den großen
Entfernungen nach der Küste aber ist die Baum-
wollfrage in Kamerun zugleich eine ernste Trans-
portfrage. Im Bamum= und Balilande und
insbesondere in Adamang bis zum Tschadsee hin
besteht heute schon eine nicht unerhebliche Baum-
woll-Eingeborenenkultur; das Produkt wird an
Ort und Stelle von den Eingeborenen für eigenen
Bedarf verarbeitet. Nach der Bewertung durch
Industrie und die Bremer Baumwollbörse ist das
in primitiver Weise gewonnene Produkt mindestens
der middling amerikanischen Baumwolle gleich-
wertig. Die Regierung hat im Adamana= und
Bennegebiet erfolgreich begonnen, für eine weitere
Verbreitung der Kultur unter den Eingeborenen
zu sorgen, indem sie einen Teil der zu leistenden
Steuern in Baumwolle erhebt. Am schiffbaren
Benue ist zur Zeit bereits eine größere Baum-
wollplantage in der Gründung begriffen. Durch
den Wasserweg Niger— Benne und insbesondere
durch eine Fortsetzung der Duala—Manenguba-
Eisenbahn können weitere Gebiete des Hoch-
landes in Kamerun der Baumwollkultur erschlossen
werden. Die Eisenbahnfrage und der Ausbau
der Verkehrsstraßen spielen auch hier eine wichtige
Rolle.
In Neuguinea befinden sich die Baumwoll-
bauversuche noch im Anfangsstadium. Eine von
der Missionsstation in Herbertshöhe gezogene
Probe wurde sogar von der Bremer Baumwoll=
börse äußerst günstig beurteilt, jedoch ist bei der
Unregelmäßigkeit der Niederschläge und den un-
genügenden Arbeiterverhältnissen vorläufig Zurück-
haltung geboten.
In Deutsch-Südwestafrika stellt die Otavi-
Minen= und Eisenbahngesellschaft Pflanzversuche
zur Feststellung der günstigsten Pflanzzeit an,
über die das Ergebnis noch aussteht. Das
Kolonial-Wirtschaftliche Komitee beabsichtigt, zu-
nächst einen erfahrenen Pflanzer aus der Kolonie
nach Nebraska, wo ähnliche Witterungsverhältnisse
wie in Südwest herrschen, zu entsenden, um das
sogenannte Campbellsche System zu studieren,
durch das die in trockenen Ländern besonders
schnelle Verdunstung des Wassers verzögert
werden soll.
Aus Deutsch-Ostafrika hat auch in diesem
Jahre wieder der Export trotz des Aufstandes,
der im Süden der Kolonie im Anfang des vorigen
Jahres die Vernichtung eines großen Teiles der
Felder zur Folge hatte, eine Steigerung erfahren.
Über die Größe derselben läßt sich Genaueres
nicht sagen, da die Verschiffungen der Ernte erst
zum Teil erfolgt sind. Bisher sind verschifft:
786 Ballen à 500 Pfund durch die Deutsche
Ostafrika-Linie,
205 Ballen durch Wm. O'Swald & Co.,
130 Ballen Viktoriasee-Baumwolle durch die
Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft.
Die Qualität ist in diesem Jahre besonders
gut ausgefallen. Sadani-Baumwolle wurde am
25. Oktober mit etwa 85 Pf. bewertet, Baumwolle
ans Ssamanga im Kilwabezirk erzielte am 2. Fe-
bruar einen Preis von 95 Pf., den höchsten Preis
von 1,02 Mk. für ½ kg brachte eine Sendung
aus dem Viktoriasee-Gebiet. Größere Baumwoll-=
Entkernereien befinden sich in Tanga, Bagamojo,
Kilwa, Daressalam, Sadani, Morogoro, Mombo
und Muansa. Außerdem sind Ansiedlern und
Missionen im Innern Entkernungsmaschinen mit
Handbetrieb vom Komitee geliefert worden.
Ein bedeutungsvolles Unternehmen ist in den
letzten Monaten von dem Kolonial-Wirtschaftlichen
Komitee in Sadani geschaffen worden. In dem
dortigen Alluvialland hat sich eine Art von Baum-
wollbau= und Dampfpflug-Genossenschaft gebildet,
deren Mittelpunkt die Versuchspflanzung des
Komitces ist. Insgesamt sind von dem Komitee
und Interessenten über 2000 ha zusammen-
hängendes Baumwollland dort in Pacht genommen,
deren Kauf nach den Bestimmungen des Gou-
vernements entsprechend den Fortschritten der
Kultivierung erfolgt. An dem Unternehmen sind
u. a. beteiligt: Die Kommune Bagamojo mit
500 ha, R. & O. Lindemann, Dresden-Alexan--
drien, 2000 ha, Cangos & Norre, Alexandrien,
8000 ha, Gruppe Pesanis 1000 ha, Altrock
200 ha, Spethmann 500 ha, Tresos 300 ha,
Devers 800 ha und das Komitee mit 1000 ha.
An dieses Unternehmen schließt sich die in Ent-
wicklung begriffene Eingeborenenkultur im Hinter-
lande von Sadani an. Entkernen und Pressen
wird von der Ginstation des Komitees in Sadani
besorgt. Der Dampfpflug mit zwei 16pferdigen
Lokomotiven wurde am 10. November verschifft
und am 19. Dezember in Betrieb gesetzt. Nach
dem Bericht des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees
vom 24. Jannar sind die Versuche bisher gut
gelungen. Es wurden zunächst 14 ha gepflügt.
Der Boden war zum Teil sehr schwer und mit