Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Die Bahovenkultur in Surinam. 
Schon lange, bevor die sogenannte Krülloten- 
krankheit ihren verderblichen Einfluß auf die 
Kakaokultur fühlen ließ, wurde durch maßgebende 
Persönlichkeiten in Surinam auf die Gefahr der 
bisherigen Gepflogenheit hingewiesen, den Ertrag 
des Landbaues hauptsächlich von nur einem 
Produkte abhängig zu machen. Die Krisis in der 
Kakaokultur, eine Folge des epidemischen Auf- 
tretens der Krüllotenkrankheit, hat diese Gefahr 
auf empfindliche Weise dargetan. Der Landban 
Surinams schien dem Untergange nahe. 
Nach Jahren des Kampfes gegen das fort- 
wuchernde Übel war die Gefahr nahe, daß die 
Plantagen nach und nach völlig ausgegeben und 
der Verwilderung überlassen werden würden. 
Ein in Gebäuden und Eindeichungen angelegtes 
Kapital von Millionen würde damit verloren ge- 
gangen sein. Dieser kritische Zustand öffnete endlich 
die Augen der Beteiligten. Man begriff, daß die 
Einführung neuer Kulturen dringend nötig war. 
Jedoch die Mittel waren durch den Kampf 
mit der Kakaokrankheit erschöpft. Ein Ersuchen 
um finanzielle Unterstützung zum Fortsetzen des 
Kampfes wurde durch das Gorvernement ab- 
gewiesen, wobei man mit Recht anführte, daß 
nicht mit Sicherheit zu sagen wäre, ob die Krank- 
heit der Kakaokultur zu Ende käme und mit 
welchen finanziellen Mitteln des Gouvernements 
geholfen werden könnte. Darauf wurde der Ge- 
danke reif, mit Hilfe des Gonvernements neue 
Kulturen anzulegen. Schon lange hatte sich die 
Aufmerksamkeit auf die günstigen Resultate bei 
der Verschiffung von Bakoven (Bananen) von 
den Britisch-Westindischen Inseln gerichtet. Nun 
meinte man aber in Surinam, daß die Kolonie 
in zu großer Entfernung von den Vereinigten 
Staaten und von Europa liege, um Bakoven in 
frischem Zustande dorthin verschiffen zu können. 
Durch die Landbauprobestation wurden im Laufe 
des Jahres 1904 Proben vorgenommen, und 
diese bewiesen, daß der Abstand kein Hindernis 
der Verschiffung bildete. 
Die erste öffentliche Besprechung der Ein- 
führung der Bakovenkultur mit finanzieller Unter- 
stützung des Gouvernements wurde in einem 
Hauptartikel der Zeitung „Onze West“ vom 
Oktober 1904 gedruckt. In derselben Zeitung 
wurde wenig später vorgeschlagen, unter Bei- 
fügung eines genauen Kostenanschlages eine 
Petition an den Gouverneur zu richten wegen 
finanzieller Hilfe für die Bakovenkultur. Dieser 
Gedanke wurde durch die Vereeniging voor den 
grooten Landbouw aufgenommen in einer Ver- 
sammlung Ende Oktober 1904. Die Petition 
mit dem Kostenanschlage wurde von der Ver- 
einigung im Jannar 1905 eingereicht. 
In der Zwischenzeit wurden Schritte getan, 
  
um junge Pflanzen von der vorteilhaftesten Sorte 
Bakoven, hauptsächlich Groß-Michel= oder Bananen- 
Bakoven, von Jamaika kommen zu lassen, und 
zwar durch Privatleute sowohl als auch durch 
das Gouvernement. 
Im April 1905 reichte der Gouverneur bei 
der Volksvertretung einen bedeutungsvollen Ent- 
wurf ein, in welchem vorgeschlagen wurde, durch 
Vorschüsse auf die Arbeitskosten zum Anpflanzen 
von 3000 ha mit Bakoven anzuregen, um da- 
durch den Landbau vor drohendem Untergange 
zu bewahren und namentlich die bestehenden 
Plantagen in Stand zu erhalten. 
Der Entwurf wurde durch die Volksvertretung 
(die Kolonialen Staaten von Surinam) mit allen 
Stimmen angenommen in der Sitzung vom Juli 
1905. 
In der Zweiten Kammer der Generalstaaten 
in Holland fand der Entwurf keine ungeteilte 
Zustimmung, und erst nach langen Debatten 
wurde er im Dezember 1905 mit 65 gegen 
8 Stimmen angenommen, aber unter dem aus- 
drücklichen Vorbehalt, daß das Geld nicht eher 
dürfe gebraucht werden, bis die Verschiffung und 
der Verkauf der Früchte richtig geregelt wären. 
Einige Tage später wurde auch durch die Erste 
Kammer der Generalstaaten der Entwurf mit 
31 gegen 9 Stimmen angenommen. 
Der Koloniale Rat trat nun in Unterhand- 
lung mit dem Kon. West-Ind. Maildienst wegen 
Verschiffung der Früchte und mit der Ned. Handels- 
Maatschappy wegen Gewährung ihrer Hilfe bei 
dem Verkaufe. Die Unterhandlung zwischen dem 
Rat der Kolonie und dem Kon. West-Ind. Mail- 
dienst scheiterte an gewissen Bedingungen, welche 
diese Gesellschaft wegen der Berschiffung stellen 
zu müssen meinte. Durch einen Agenten der 
Ned. Handels My. wurden jedoch in Boston 
Unterhandlungen angeknüpft mit der United Fruit 
Company, welche sozusagen das Monopol in den 
Vereinigten Staaten für den Verkauf von Bakoven 
hat. Bei diesen Unterhandlungen wurde das 
Gouvernement von Surinam vertreten durch 
Dr. C. J. J. van Hall, Inspecteur van den 
Landbouw in West Indie. 
Im März 1906 teilte Dr. van Hall mit, daß 
die Fruit Company im allgemeinen bereit wärc, die 
Früchte in Surinam anzukaufen und einen Stell- 
vertreter schicken würde, um den Zustand in 
Surinam kennen zu lernen sowie die Unter- 
handlungen mit dem Gouvernement von Surinam 
fortzusetzen. Der Stellvertreter der Fruit Comp. 
besuchte verschiedene Plantagen der Kolonie, und 
es wurde ein Kontrakt entworfen, welcher später 
beinahe unverändert durch beide Parteien au- 
genommen wurde. Nach diesem Kontrakt werden 
die Früchte gegen feste Preise, die saisonweise 
geändert werden können, in Paramaribo gekauft,
	        
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