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Die Bahovenkultur in Surinam.
Schon lange, bevor die sogenannte Krülloten-
krankheit ihren verderblichen Einfluß auf die
Kakaokultur fühlen ließ, wurde durch maßgebende
Persönlichkeiten in Surinam auf die Gefahr der
bisherigen Gepflogenheit hingewiesen, den Ertrag
des Landbaues hauptsächlich von nur einem
Produkte abhängig zu machen. Die Krisis in der
Kakaokultur, eine Folge des epidemischen Auf-
tretens der Krüllotenkrankheit, hat diese Gefahr
auf empfindliche Weise dargetan. Der Landban
Surinams schien dem Untergange nahe.
Nach Jahren des Kampfes gegen das fort-
wuchernde Übel war die Gefahr nahe, daß die
Plantagen nach und nach völlig ausgegeben und
der Verwilderung überlassen werden würden.
Ein in Gebäuden und Eindeichungen angelegtes
Kapital von Millionen würde damit verloren ge-
gangen sein. Dieser kritische Zustand öffnete endlich
die Augen der Beteiligten. Man begriff, daß die
Einführung neuer Kulturen dringend nötig war.
Jedoch die Mittel waren durch den Kampf
mit der Kakaokrankheit erschöpft. Ein Ersuchen
um finanzielle Unterstützung zum Fortsetzen des
Kampfes wurde durch das Gorvernement ab-
gewiesen, wobei man mit Recht anführte, daß
nicht mit Sicherheit zu sagen wäre, ob die Krank-
heit der Kakaokultur zu Ende käme und mit
welchen finanziellen Mitteln des Gouvernements
geholfen werden könnte. Darauf wurde der Ge-
danke reif, mit Hilfe des Gonvernements neue
Kulturen anzulegen. Schon lange hatte sich die
Aufmerksamkeit auf die günstigen Resultate bei
der Verschiffung von Bakoven (Bananen) von
den Britisch-Westindischen Inseln gerichtet. Nun
meinte man aber in Surinam, daß die Kolonie
in zu großer Entfernung von den Vereinigten
Staaten und von Europa liege, um Bakoven in
frischem Zustande dorthin verschiffen zu können.
Durch die Landbauprobestation wurden im Laufe
des Jahres 1904 Proben vorgenommen, und
diese bewiesen, daß der Abstand kein Hindernis
der Verschiffung bildete.
Die erste öffentliche Besprechung der Ein-
führung der Bakovenkultur mit finanzieller Unter-
stützung des Gouvernements wurde in einem
Hauptartikel der Zeitung „Onze West“ vom
Oktober 1904 gedruckt. In derselben Zeitung
wurde wenig später vorgeschlagen, unter Bei-
fügung eines genauen Kostenanschlages eine
Petition an den Gouverneur zu richten wegen
finanzieller Hilfe für die Bakovenkultur. Dieser
Gedanke wurde durch die Vereeniging voor den
grooten Landbouw aufgenommen in einer Ver-
sammlung Ende Oktober 1904. Die Petition
mit dem Kostenanschlage wurde von der Ver-
einigung im Jannar 1905 eingereicht.
In der Zwischenzeit wurden Schritte getan,
um junge Pflanzen von der vorteilhaftesten Sorte
Bakoven, hauptsächlich Groß-Michel= oder Bananen-
Bakoven, von Jamaika kommen zu lassen, und
zwar durch Privatleute sowohl als auch durch
das Gouvernement.
Im April 1905 reichte der Gouverneur bei
der Volksvertretung einen bedeutungsvollen Ent-
wurf ein, in welchem vorgeschlagen wurde, durch
Vorschüsse auf die Arbeitskosten zum Anpflanzen
von 3000 ha mit Bakoven anzuregen, um da-
durch den Landbau vor drohendem Untergange
zu bewahren und namentlich die bestehenden
Plantagen in Stand zu erhalten.
Der Entwurf wurde durch die Volksvertretung
(die Kolonialen Staaten von Surinam) mit allen
Stimmen angenommen in der Sitzung vom Juli
1905.
In der Zweiten Kammer der Generalstaaten
in Holland fand der Entwurf keine ungeteilte
Zustimmung, und erst nach langen Debatten
wurde er im Dezember 1905 mit 65 gegen
8 Stimmen angenommen, aber unter dem aus-
drücklichen Vorbehalt, daß das Geld nicht eher
dürfe gebraucht werden, bis die Verschiffung und
der Verkauf der Früchte richtig geregelt wären.
Einige Tage später wurde auch durch die Erste
Kammer der Generalstaaten der Entwurf mit
31 gegen 9 Stimmen angenommen.
Der Koloniale Rat trat nun in Unterhand-
lung mit dem Kon. West-Ind. Maildienst wegen
Verschiffung der Früchte und mit der Ned. Handels-
Maatschappy wegen Gewährung ihrer Hilfe bei
dem Verkaufe. Die Unterhandlung zwischen dem
Rat der Kolonie und dem Kon. West-Ind. Mail-
dienst scheiterte an gewissen Bedingungen, welche
diese Gesellschaft wegen der Berschiffung stellen
zu müssen meinte. Durch einen Agenten der
Ned. Handels My. wurden jedoch in Boston
Unterhandlungen angeknüpft mit der United Fruit
Company, welche sozusagen das Monopol in den
Vereinigten Staaten für den Verkauf von Bakoven
hat. Bei diesen Unterhandlungen wurde das
Gouvernement von Surinam vertreten durch
Dr. C. J. J. van Hall, Inspecteur van den
Landbouw in West Indie.
Im März 1906 teilte Dr. van Hall mit, daß
die Fruit Company im allgemeinen bereit wärc, die
Früchte in Surinam anzukaufen und einen Stell-
vertreter schicken würde, um den Zustand in
Surinam kennen zu lernen sowie die Unter-
handlungen mit dem Gouvernement von Surinam
fortzusetzen. Der Stellvertreter der Fruit Comp.
besuchte verschiedene Plantagen der Kolonie, und
es wurde ein Kontrakt entworfen, welcher später
beinahe unverändert durch beide Parteien au-
genommen wurde. Nach diesem Kontrakt werden
die Früchte gegen feste Preise, die saisonweise
geändert werden können, in Paramaribo gekauft,