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ein größeres Arcal in Anspruch als irgend ein
anderes Getreide, ausgenommen den Reis. Bei
der Abschätzung der Bedeutung des Aubaus
dieser beiden Früchte für die Landwirtschaft und
die Volksernährung ist allerdings nicht zu über-
sehen, daß einerseits die gleiche Fläche Reis
bedeutend größere Erträge liefert, als Sorghum,
anderseits letzteres vielfach nur als (allerdings
erstklassiges) Biehfutter angebaut wird. Immerhin
ist die Kultur des Sorghums als Getreide von
größter Wichtigkeit.
Klima und Witterung. Ein Grundzug
des Klimas in den wichtigsten Getreidedistrikten
Vorderindiens und Ostafrikas liegt in dem Wechsel
mehrjähriger Trockenperioden mit Perioden regen-
reicherer Jahre. In der Präsidentschaft Madras ist
die Geringfügigkeit der Regenfälle ständiger
Charakter des Klimas; mit wenigen Ausnahmen
beträgt die Höhe der jährlichen Niederschläge nur
20 bis 25 englische Zoll = 508 bis 635 mm.
Schwere Regen während der Blütezeit gelten als
schädlich, da sie oftmals den Pollen mehr oder
weniger abspülen und damit die Befruchtung
verhindern. Schwüles und wolkiges Wetter ohne
Winde soll während der Fruchtreife die Ein-
nistung schädlicher Insekten begünstigen, namentlich
einer grünen Motte, welche die Ahre gewisser
Sorten befällt. Auf die selbstverständlich bestehende
Abhängigkeit der Methodik des Getreidebaus von
Klima und Witterung wird im Folgenden wie-
derholt verwiesen werden.
Bodenverhältnisse. Die Auswahl der
Sorghumsorten richtet sich in erster Linie
nach der Beschaffenheit des Bodens: die
frühen Sorten werden in der Präsidentschaft
Madras gewöhnlich auf leichtere Böden gepflanzt,
auf den mittelschweren und lehmigeren Böden
findet man gewöhnlich die „Middle scason rarie-
ties“ und die späten Sorten auf den schweren Böden.
Reiche Ernten liefern die roten und schwarzen
„Baumwollböden“, während stark sandige Böden
nur bei Bewässerung gute Erträge bringen, im
übrigen aber versagen; zudem sollen die Sorghum-
pflanzen auf leichtem Sandboden oft den Angriffen
der weißen Ameisen und gewisser anderer In-
sekten unterliegen. Auch gewisse sandige, aber
stark verkrustende Laterite sollen spärliche Ernten
liefern. Auf Kalk erzielt man ebenfalls nur bei
Bewässerung reichliche Erträge.
Wie die Verteilung der Regenfälle, so ist auch
die Beschaffenheit des Bodens von Einfluß auf
die Qualität des Korns und des Strohs: beide
doppelt soviel als auf Weizen, Reis und Gerste zu-
sammen. Auch in Berar nimmt die Hirse eiwa ein ½
des gesamten Kuliurgeländes in Anspruch, und ihr
Anbau übertrifft an Ausdehnung den sämtlicher anderen
etreide.
Produkte sollen z. B. auf den roten Böden wohl-
schmeckender und nahrhafter ausfallen als auf
den schwarzen Baumwollböden, und leichtere
Böden geben größeres und volleres Korn als
die letztgenannten.
Zuchtformen und Varietäten. Die bo-
tanische Kenntnis und Systematik der zahllosen
Sorghumformen Indiens scheint noch im
argen zu liegen, so daß ich darauf verzichte,
einzelne Varietäten und Formen anzuführen.
Einige Varietäten, so z. B. die im Küstenlande
Deutsch-Ostafrikas weitverbreitete lockerrispige Va-
rietät Roxburghii Hack. hat übrigens unsere
Kolonie mit Indien gemein, während die im
Zentrum Ostafrikas und im Seengebiet bevor-
zugten kompaktrispigen Formen sich jedenfalls in
Afrika selbst herausgebildet haben. Wie ander-
wärts, so werden auch in Indien Varietäten mit
lockeren und solche mit kompakten Rispen, zucker-
reiche und zuckerarme Formen angebaut. Sämt-
liche Kulturformen sind von den Eingeborenen
mit besonderen Namen belegt worden.
Die indischen Früh= und Spätsorten unter-
scheiden sich in der Ausbildung des Wurzelsystems,
Größe, Dicke und Härte des Halms — und damit
in ihrer Verwertung für Futterzwecke — ferner
im früheren oder späteren Absterben der Blätter,
in ihrer Eignung für bestimmte Bodenarten, in
ihrer Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit, wie
gegen Krankheiten und Schädlinge und selbst-
verständlich in den Erträgen und der Güte des
Korns. Die frühen Sorten geben geringere
S C„The early crop produces food for a
Die Dauer der Entwicklung bis zur
Fruchtreife schwankt zwischen 3 und 6 Monaten,
ist aber kein beständiger Charakter der einzelnen
Varietäten, sondern richtet sich nach dem Termin
der Aussaat. So kann man die Entwicklungs-
dauer gewisser Sorten durch späte Aussaat oder
durch Bewässerung um einen Monat verkürzen.
Fruchtwechsel. Bemerkenswerterweise unter-
scheiden auch die Eingeborenen Indiens zwischen
den Boden stärkenden („restorative crops") und
erschöpfenden Feldfrüchten Qexhaustive crops“).
Zur ersteren Klasse gehören vornehmlich: Tabak,
Paprika, Rizinus, Baumwolle, Indigo, italienische
Hirse (Panicum miliaceum), Lein, Dolichos
biflora Ohorsegram“) und der Korakan, Eleu-
sine coracana.7)
Die wohltätigen Einflüsse dieser Kulturen auf
den Boden sind verschiedener Natur und kommen
*) Sehr auffallend und nur durch das Attribur
stärkerer Düngergaben erklärlich erscheint die Nennung
des Korakans an dieser Stelle. In Ostafrika hat man
die Erfahrung gemacht, daß dieses Getreide den Boden
im höchsten Grade erschöpft.