Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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mehrerer Sorten ist wegen seiner Härte als Bieh- 
futter nicht zu gebrauchen; höchstens, wenn das 
Futter knapp ist, wird solches Stroh in Stücke 
geschnitten, in Wasser geweicht und dann verfüttert. 
Andere Sorten liefern wiederum Stroh, das 
frisch kein Futter abgibt, sondern erst längere 
Zeit — 3 bis 4 Monate, sogar bis zu 2 Jahren 
hindurch — lagern muß. Auch hat die Er- 
fahrung gelehrt, daß Sorghumvarietäten, die im 
allgemeinen als Futter hoch geschätzt sind, auf 
gewissen Böden und unter gewissen Witterungs- 
verhältnissen für diesen Zweck vollständig versagen. 
Wird die Hirse ausschließlich für Futterzwecke 
angepflanzt, so sät man sie breitwürfig und dicht, 
um dünne Halme zu erzeugen, und außerdem zu 
später Jahreszeit, da auf das Reifen kein Wert 
dabei gelegt wird. 
Da die Hirse in Indien im allgemeinen nicht 
grün, sondern als Trockenfutter verwendet wird, 
scheint auch der durch einen Blausäuregehalt des 
grünen Krautes bedingten Giftigkeit") keine be- 
sondere Bedentung beigemessen zu werden. 
In Dekkan rechnet man bei einem Kornertrag 
von 500 bis 900 lbs per Acre 350 bis 450, 
in Gujarat bei 800 bis 1000 lbs Korn 300 bis 
400 Bündel, das Bündel zu 4 bis 6 lbs, Futter- 
stroh. 
1 # 
Die Regierung ist, wie in allen Zweigen der 
Landwirtschaft, so auch um die Hebung des 
Sorghumbaus unter den Eingeborenen eifrig be- 
müht., Versuchs= und Lehrfarmen wurden ein- 
gerichtet, von denen wiederum genügend geschulte 
Leute zwecks Vervollkommnung der Pflugkultur 
und überhaupt der Bodenbearbeitung, zwecks 
Verteilung hochwertigen Saatguts und Unter- 
weisung der Eingeborenen in der Bekämpfung 
von Krankheiten (Saatbeizung usw.) in die ein- 
zelnen Distrikte entsandt werden. 
Ehe wir aus der vorstehenden Schilderung 
diejenigen Punkte hervorheben, deren Beachtung 
bei der zukünftigen Gestaltung des Sorghumbaus 
in Ostafrika uns erwünscht erscheint, seien einige 
Angaben über den heutigen Stand der Hirsekultur 
in der ostafrikanischen Kolonie eingeschaltet. 
In Ostafrika wird die Sorghumhirse zu ver- 
schiedenen Zwecken angebaut: in erster Linie als 
Mehlkorn, ferner zur Bier-(„Pombe“-) Bereitung 
und endlich als Zuckerhirse. Von einer nennens- 
*) Das # Auftreten von Blansäure in der frischen 
Sorghumpflanze ist jedenfalls keine konstante Erschei- 
nung, sondern als Folge einer chemischen Variation“ 
anzusehen, deren Ursachen nicht nur in — bisher un- 
erkannten — Eigentümlichkeiten des Bodens, sondern 
auch in klimatischen Bedingungen zu suchen sind. So 
soll bei Dürrezeiten grüne Hirse stets ein gefährliches 
Viehfutter sein. 
  
werten Verwendung als Viehfutter ist mir nichts 
bekannt geworden, desgleichen fehlt die Kultur 
der rotstengligen Varietäten eigens zur Farb- 
stoffgewinnung, wie wir sie durch Kersting aus 
dem nördlichen Togo kennen. 
Die zahlreichen ostafrikanischen Kulturformen 
unseres Getreides') sind — wenn auch längst 
noch nicht vollständig — so doch schon ungleich 
besser bekannt geworden als diejenigen anderer 
Gebiete im tropischen Afrika. Sie sind in ihrer 
Vegetationsdauer, ihren Ansprüchen an das Maß 
der Niederschläge, ihren Dimensionen, in der 
Größe und Ausbildung der Fruchtstände und im 
Kornertrage außerordentlich verschieden. Gewisse, 
mit dem gemeinsamen Namen „Zuckerhirse“ be- 
legte Formen sind durch hohen Zuckergehalt der 
Stengel ausgezeichnet. 
Wir wollen hier allein die Kultur der Korn 
liefernden Formen ins Auge fassen. 
Eine erschöpfende Darstellung der landwirt- 
schaftlichen Betriebe in Ostafrika besitzen wir 
leider nicht. 
Vom Getreidebau in Unyamwesi hat uns 
P. Reichardt'') eine ebenso gründliche wie 
lebensvolle Schilderung gegeben, für den Bezirk 
Kilossa verweise ich auf die eingehende Dar- 
stellung des Bezirksamtmanns Lambrecht,“) 
für den Tangabezirk auf die Mitteilungen des 
Regierungsrats Meyer.k) 
In jedem Distrikt stoßen wir auf mehr oder 
weniger ausgeprägte Differenzen, die sich je nach 
den natürlichen Bedingungen der betreffenden 
Distrikte, nach den Überlieferungen und Gewohn- 
heiten der sie bewohnenden Stämme und nach 
der Stufe der Vervollkommnung des Ackerbaus 
richten. 
. 1 * 
An dieser Stelle moͤchte ich mir eine kurze 
Abschweifung vom Thema gestatten. 
In einer Zeit, in der die Ethnologen eifrig 
bemüht sind, die Sitten der Naturvölker in allen 
Einzelheiten für die Nachwelt festzulegen, in einer 
Zeit, da Phonograph und Kinematograph für 
diesen Zweck in das Innere Afrikas mitgeführt 
werden, sollten die in unseren Kolonien statio- 
nierten Beamten nicht versäumen, auch über den 
Ackerbau ihrer Bezirke möglichst eingehende No- 
) Val. F. Körnicke bei L. Baumann: Durch 
Massailand zur Nilquelle, 1894. S. 295 f. und W. Busse 
und R. Pilger: Uber Kulturformen der Sorghumhirse 
aus Deutsch-Ostafrika und- To r (Englers Botan. 
Jahrbücher Bd. 32 (1902] S. 182 ff. 
**.) P. Reichardt: Deutsch- ia 1892, S. 374 ff. 
)Lambrecht: Über die Landwirtschaft der Ein- 
geborenen im Bezirk Kilossa. (Berichte über Land- 
und Vorkwirsschaft in Deutsch-Ostafrika (Leidelberg. 
Winter] Bd. 1 Heft 03.) 
5) Ebenda X “ 207 ff.
	        
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