Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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demselben Maße nnn, wie wir maschinelle Vor- 
richtungen in den afrikanischen Ackerbau einführen, 
werden Arbeitskräfte frei. Wir ahmen damit nur 
denselben Vorgang im kleinen nach, der sich in 
den Kulturländern im großen bei der Einführung 
elektrischer Betriebe abspielt. 
Zwischenkulturen sind in Ostafrika nicht 
überall mit dem Hirseban verbunden; in zahl- 
reichen Landschaften fand ich die Sorghumhirse 
in Reinkultur, anderwärts in geringfügigem 
Maße Gurken, Kürbisse und Flaschenkürbisse als 
Zwischenfrüchte. Die Mischkultur mit Mais, 
die ja auch in Unyamwesi eine Rolle zu spielen 
scheint, habe ich nur in Kilossa kennen gelernt.“) 
Zweifellos bringt das Mischkultursystem für die 
Neger viele Vorteile mit sich, und ich würde es 
als verfehlt ansehen, wollte man in dieser Hin- 
sicht gleich radikale Anderungen einführen, soweit 
nicht ein wirkliches Bedürfnis vorliegt.““) Gewisse 
Reformen werden sich allerdings als zweckmäßig 
erweisen, so z. B. die ausgedehntere Verwendung 
krantiger Leguminosen als Zwischenfrüchte, 
wie sie in Indien gang und gäbe zu sein scheint. 
Ich darf hier auf die analoge Verwendung 
von Lupinen, Serradella, Erbsen, Ackerbohnen 
und Wicken in unserem heimischen Ackerbau ver- 
weisen. Abgesehen von der Bereicherung des 
Bodens an Steckstoff ist auch die dichtere Be- 
schattung des Bodens und der günstige Einfluß 
der Zwischenfrüchte auf die Wasserversorgung der 
Nachfrucht nicht zu unterschätzen. Allerdings bringt 
die Durchführung des Zwischenfruchtbaus in grö- 
ßerem Maßstabe eine beträchtliche Steigerung des 
Aufwandes an Arbeit mit sich. 
Beseitigung des Unkrauts geschieht in 
Ostafrika keineswegs überall; die Wassagara hacken, 
wie Lambrecht mitteilt, zweimal, und zwar zwei 
und sechs Wochen nach der Aussaat das Unkrant 
aus und lassen es auf dem Felde liegen. In 
anderen Bezirken findet diese Prozedur nur ein- 
mal statt, und die Felder bieten in späterem 
Stadium bisweilen ein Bild unglanblicher Ver- 
wilderung dar. Auch in dieser Beziehung wird 
sich mit Einführung der Pflugkultur vieles bessern, 
allein schon deshalb, weil dann überall regelrechte 
Pflanzreihen in geraden Linien geschaffen 
werden, wodurch die weitere Bearbeitung erheblich 
erleichtert wird. Mit dem Pfluge wird natürlich 
auch eine rationelle Bodenlockerung Eingang 
finden, die sich mit der kleinen primitiven Hacke 
doch nur höchst unvollkommen bewirken läßt. Die 
Erde wird nur wenige Zentimeter tief aufgelockert. 
Näheres bei Lambrecht a. a. O. 
*.) Für den Baumwollbau z. B. halte ich die 
Mischkulturen nicht für zweckmäßig. (Vgl. meinen Be- 
uen über die Baumwollkultur in Togo. Beihefte zum 
Tropenpflanzer", 1906, J5. 
  
Anders bei der Kammkultur, wie sie in vielen 
Gegenden Ostafrikas für gewisse stärkereiche 
Knollengewächse, z. B. Bataten und Maniok be- 
nutzt wird, in Ungoni und namentlich in Unyam- 
wesi aber auch für den Getreidebau allgemein 
im Gebrauch ist. Höhe und Abstand der Kämme 
wechselt; die Wanyamwesi werfen sie 40 bis 50 cm 
hoch auf und bemessen den Abstand zwischen den 
Scheitelmitten auf 1 m oder mehr. Die Kamm- 
kultur bringt besondere Vorteile durch die erhöhte 
Bodenlockerung und -durchlüftung mit sich, gewährt 
in nassen Lagen den Vorzug einer Drainage und den 
eines Schutzes gegen allzuheftige Regengüsse in der 
ersten Zeit der Entwicklung der jungen Pflängchen. 
Für die flachwurzelnden Getreide aber liegt bei 
Aussaat in Kämmen, wenn die Regen vorzeitig 
nachlassen, die Gefahr der Austrocknung nahe. 
Manu wird also von Fall zu Fall erwägen müssen, 
wie weit es vorteilhaft ist, die Kammkultur durch 
Flachkultur zu ersetzen oder aber sie durch An- 
wendung des Pfluges zu erleichtern und zu 
verbessern. Denn das Aufwerfen der Kämme 
mit der Hacke ist selbstverständlich ein höchst müh- 
sames und zeitraubendes Geschäft.“) 
Das Ausdünnen und Versetzen steht im 
ganzen tropischen Afrika, wovon ich mich auch im 
Westen überzeugt habe, meist auf einer recht 
niedrigen Stufe; nur wenige Völkerschaften halten 
sich von dem Fehler frei, zu viele Pflanzen in 
einem Pflanzloch stehen zu lassen.““) Hierdurch 
erklärt sich u. a. die mangelhafte Entwicklung der 
einzelnen Pflauzen auch in guten Jahren auf 
Feldern, deren Bodenverhältnisse ein üppiges 
Gedeihen und reichen Fruchtansatz gewährleisten 
sollten. 
Die Erute findet in einigen Gegenden Ost- 
afrikas schon vor vollendeter Reife statt, doch ist 
mir niemals zu Ohren gekommen, daß dieses 
Verfahren einen Nachteil mit sich brachte ganz 
im Gegensatz zum Mais, dessen Exportfähigkeit 
durch das in Ostafrika übliche vorzeitige Ernten 
empfindlich beeinträchtigt wird. In dieser Hinsicht 
bleibt für die Wirtschaftsinspektoren noch viel zu 
tun übrig. 
In Kilossa, wie in Ugogo werden die ab- 
geschnittenen Fruchtstände auf besonderen Ge- 
stellen 1 bis 1½ Monate getrocknet; bei den 
Wamus5ra im Hinterlande von Lindi (Akidat 
Ilulu) wird die Hirse über dem Boden abge- 
schnitten und bleibt dann auf dem Halm etwa 
einen Monat hindurch auf dem Acker liegen, 
währenddessen die Sonne das Nachreifen besorgt. 
Dann erst werden die Rispen abgetrennt; das 
Saatgetreide für die nächstjährige Bestellung 
*) Vgl. P. Reichardt a. a. O. S. 375 f. 
") Ugl. Lambrecht a. a. O. S. 399.
	        
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