Full text: Deutsches Kolonialblatt. XVIII. Jahrgang, 1907. (18)

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Kanus an und brachten ein großes Schwein 
sowie eine größere Menge Muschelgeld. Auch 
boten sie weitere Geiseln an. Das Anerbieten 
wurde jedoch abgelehnt. Darauf fuhren die Ein- 
geborenen wieder an Land. Durch den bis dahin 
auf dem Schiffe festgehaltenen Eingeborenen ließ 
ich nunmehr den Leuten mitteilen, daß sie bei 
Wiederholung derartiger Vorgänge strenge Be- 
strafung zu gewärtigen hätten und daß ich ihnen 
im übrigen Bedenkzeit gäbe, die gefangen ge- 
haltenen Weiber zurückzubringen. Sie sollten die 
Weiber in Komuli abliefern. Falls bis zur 
nächsten Ankunft des „Seestern“ der Befehl nicht 
ausgeführt sei, würden wir auf das schärsste 
gegen sie vorgehen. 
Es erschien mir angezeigt, mich für diesmal 
mit diesen Schritten zu begnügen. Das Dorf 
liegt sehr exponiert am Strande. Tiefes Wasser 
ermöglicht das Heranfahren bis auf hundert Meter. 
Somit wäre es ein Leichtes, das Dorf unter 
Geschütz= wie auch unter Gewehrfeuer zu nehmen. 
Auch kann man von Papitalai aus das Dorf zu 
Lande erreichen und damit den Leuten den Rück- 
zug abschneiden. Da die Loninleute aber erst 
vor etwa zwei Jahren schwer bestraft worden 
sind, wollte ich mir ein Vorgehen mit Waffen= 
gewalt für den äußersten Fall vorbehalten. Zeigt 
sich, daß die Leute trotz der wiederholten Warnung 
ihr Treiben fortsetzen, dann kann bei der nächsten 
Anwesenheit des „Seestern“ oder eines Kriegs- 
schiffes Bestrafung erfolgen. 
Vor Papitalei, das im Südosten der großen 
Manusinsel, inmitten einer ausgedehnten Lagune 
liegt, kamen wir nachmittags an. Die Einfahrt 
ist wegen der vielen, meist kaum sichtbaren Riffe 
nicht ungefährlich, doch sind bereits von S. M. 
Schiffen „Seeadler“ und „Kondor“ aufgenommene 
Skizzen da, die eine Orientierung wesentlich er- 
leichtern. Auch hier kamen die Eingeborenen als- 
bald in großer Zahl an den „Seestern“ heran. 
Unter ihnen befand sich der Missionszögling Po 
Minis, der gegenwärtig in seiner Heimat weilt, 
um für die katholische Mission anzuwerben. Da 
er sowohl Pidgin-Englisch, wie auch ziemlich viel 
Deutsch spricht, so ist er als Dolmetscher und 
Führer sehr gut zu gebrauchen. Ich nahm des- 
halb auch seine Dienste in Anspruch, um die auf 
beiden Seiten der flußartig sich dahinziehenden 
Lagune gelegenen Eingeborenen-Niederlassungen 
zu besuchen. Dank der Vermittlung Po Minis, 
welcher hier einen ziemlichen Einfluß ausübt, 
wurden wir überall gut aufgenommen, wiewohl 
die Leute ein sehr scheues Wesen an den Tag 
legten und sich erst nach längerem Hin= und Her- 
verhandeln in größerer Zahl heranwagten. Alte 
Leute, die man sonst selten sieht, bekamen wir 
hier mehrfach zu Gesicht. Bei ihrem Anblick 
  
fragt man sich unwillkürlich im Stillen, wieviele 
Menschen wohl jeder von ihnen schon verzehrt 
und sonst auf dem Gewissen habe, denn dem Kan- 
nibalismus wird im ganzen Gebiete der Admi- 
ralitäts-Inseln nach wie vor noch stark gefröhnt. 
Ein gründlicher Wandel wird hierin erst zu 
schaffen sein, wenn diese Gebiete eine eigene 
Polizeimacht besitzen. 
Am Sonnabend, den 17. November, verließen 
wir in der Frühe Papitalei und besuchten am 
gleichen Tage noch die Carpenter-Insel (im 
Nordwesten von Manus) auf welcher die Firma 
Hernsheim & Co. eine Station besitzt. Infolge 
des regnerischen Wetters, das den ganzen Tag 
geherrscht hatte, konnten wir uns jedoch kaum 
eine halbe Stunde aufhalten, da wir noch vor 
Einbruch der Dunkelheit wieder die hohe See 
gewinnen wollten, um am nächsten Morgen in 
der Gruppe der Hermits-Inseln anzukommen. 
Nach dem Berichte des Vertreters der Firma 
Hernsheim & Co. lag Anlaß zu Klagen wegen 
Ausschreitungen von Eingeborenen der Carpenter- 
Inseln nicht vor; doch ist auch hier, wie auf 
allen anderen Inseln der Gruppe, äußerste Vor- 
sicht geboten. Daß wir nur kurzen Aufenthalt 
nehmen konnten, war um so bedauerlicher, als 
während der Zeit unserer Anwesenheit von allen 
Seiten mindestens zwanzig große Kanoes mit je 
zehn bis zwölf Eingeborenen angesegelt kamen. 
Die Leute hier gehören mit zu den schönsten 
und kräftigsten Gestalten, welche mir je in der 
Südsee begegnet sind. Ihre vielen, zum Ver- 
kaufe angebotenen Holzschnitzereien und sonstigen 
Arbeiten zeugen von großer Geschicklichkeit. Die 
Leute sollen auch, wie mir verschiedentlich mit- 
geteilt wurde, recht fleißig sein. Da die Insel- 
gruppe angenscheinlich sehr stark bevölkert ist, so 
öffnet sich hier für späterhin noch ein reiches 
Feld der Arbeiteranwerbung. 
Am Sonntag, den 18. November, kamen wir 
morgens gegen sieben Uhr vor Maronn an. 
Hier hat der Kaufmann und Pflanzer Heinrich 
Rudolf Wahlen, dem die Gruppe der Hermits- 
Inseln mit Ausnahme der etwa 1000 Hektar 
großen Insel Luf und der kleinen Insel Zet 
gehört, seine Hauptniederlassung. Die Schiffe 
liegen infolge der vielen vorgelagerten Riffe vor 
Maronn einigermaßen geschützt, doch ist wegen 
allzu tiefen Wassers der Ankergrund nicht be- 
sonders günstig. Die Insel Maronn ist, wie 
auch Luf und Akeb, hügelig; hoch oben auf der 
Anhöhe hat sich Wahlen ein stattliches Haus im 
modernen Stile errichtet. Man staunt, in diesem 
abgelegenen Teile der Südsee ein solches Besitz- 
tum vorzufinden. Von den Veranden des Hauses 
genießt man eine herrliche Rundsicht über die 
Inseln und das infolge der vielen Riffe in
	        
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