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dicht an den erwähnten Steilstrand heran —
durch abgesprengte Mangrovenbestände, soweit
zur hohen Flutzeit das Brackwasser noch bis
dahin dringen kann, durch deutliche allmähliche
Ülberwucherung dieser Bestände mit zunächst aus-
gesprochenem Sumpfurwald (massenhafter Raphia),
wo das Brackwasser fällt, durch überwachsene
Dünenreihen, und vor allem durch ausgedehnte,
versandete und versumpfte Reste von Lagunen-
bildungen und alten Mangrovekreeks außer-
ordentlich leicht zu verfolgen.
Ich ging auf diese Verhältnisse näher ein,
weil sie meines Erachtens in Verbindung mit
früheren von mir unternommenen Explorationen
versumpfender und versandender Wasserverbin-
dungen (wie derjenigen des Jasukukreeks und des
Titsongo) immerhin die Möglichkeit offen lassen,
daß vielleicht vom Mungo im Nordosten bis sehr
nahe an Longji im Süden heran eine für kleine
Heckraddampfer oder auch für Barkassen benutz-
bare Inlandwasserstraße aufgefunden werden
könnte. Diese Straße würde bei den Verbindungs-
verhältnissen über See für den Küstenverkehr von
hohem Wert sein.
Jedenfalls sind die einschlägigen Verhältnisse
großenteils noch gar nicht oder nur nebenher
erforscht; insbesondere fehlt in dieser Richtung
ein planmäßiges Vorgehen, das vielleicht noch
Überraschungen bringen könnte. Dabei ist die
Tatsache von Wert, daß — ohne größeren Aufwand
an technischen Kräften oder Hilfsmitteln — nur
eine nicht einmal sehr hohe Arbeitsleistung
der eingeborenen Bevölkerung erforderlich sein
würde, um versandete, versumpfte oder ver-
wachsene Lagunen= und Kreekstrecken selbst auf
größere Strecken für kleine Fahrzeuge wieder
benutzbar zu machen. Eine solche Aushebung
von Sumpf und Sand auf etwa 1 m Tiefe (in
einer Länge von etwa 10 km von Ndogunbnang
am Sanaga längs der jetzt nur in hoher Regen-
zeit benutzbaren nördlichsten Strecke des Jasuku-
kreeks) würde z. B. sicher die Möglichkeit geben,
mit einer Barkasse von Duala in den Njong zu
fahren. Das ist aber nur eine mir zufällig be-
kannte Möglichkeit, deren es, wie ich glaube,
noch mehr gibt.
Von der Longji-Faktorei der Firma Randad &
Stein aus, auf deren Grundstücken auch die an-
geführte Bake belegen ist, sollte die reisefertig
zusammengestellte, auf etwa ein Jahr berechnete
Expedition ihre Aufgabe in Angriff nehmen.
Die Hauptexpedition führte ich am 10. No-
vember 1904 bei sehr hohem Wasserstand auf
einem recht wenig benutzten und ab Ebea an
den untersten Lokundje-Schnellen noch unbekannten
Wege zunächst nach Dehane, um von dort aus
das schiffbare Mündungsstück des Njong möglichst
eingehend zu erforschen. Die Expedition hatte
dabei die Stärke von 40 Soldaten und etwa
ebenso vielen Trägern.
Der Marsch Longi—Dehane bot wenig Be-
merkenswertes. Nördlich Longji führte der Weg
auf den Randhöhen der früheren Festlandsgrenze
(Gneis mit Lateritauflagerungen) in einer Meeres-
höhe von 50 bis 80 m zunächst nach der Mabea-
landschaft Ebea durch hohen, sehr elefantenreichen
Urwald. Außer wenigen aus dem Süden vor-
geschobenen Fangdörfern wurden nur nahe Ebea
einige Mabea-Ansiedlungen getroffen; nordöstlich
von dem genannten Platze wurde die Südwest-
bakokogrenze überschritten. Die Batanga-An-
siedlungen am untersten Njong blieben nördlich
liegen; sie scheinen sich nur direkt am Njong-Ufer
vorzufinden und vielleicht noch längs des
Dongokreeks, der nordwestlich eine längere Streocke
den begangenen Festlandsrand vom Njong bis
zum Lokundje begleitete.
Trot vieler, teilweise auch wiederaufgegebener
kleiner Faktoreianlagen in den Dörfern längs
dieses Wegestückes war von Handel wenig mehr
bemerkbar. Die früher großen Landolphiavorräte
sind fast verschwunden; die Kickxia elastica konnte
im Gegensatz zu der ziemlich reichlichen africana
hier nicht nachgewiesen werden. Trotzdem hier
so nahe an der Küste mehrere kleine Bagielli-
(Elefantenjäger-) Niederlassungen vorhanden sind,
beschränkt sich auch der Elfenbeinhandel offenbar
auf wenige Zähne, während andere Produkte für
diese Wegestrecke überhaupt wohl nicht in Frage
kommen. Die Bevölkerung erwarb hier anschei-
nend ihren geringen, über die eigenen Erzeug-
nisse hinausgehenden Bedarf nur durch gelegent-
liche Träger= oder Arbeiterdienste bei einer der
Küstenfirmen. Ich muß allerdings bemerken, daß
zur Zeit des Durchmarsches der Expedition sehr
viele Kräfte gerade zur Herstellung der Tele-
graphenleitung Malimba—Kribi längs der Küste
herangezogen waren. Die einst recht bedeutende
Handelsniederlassung Ebea am Ende des schiff-
baren Lokundjemündungsstückes, beim Durchbruch
dieses Flusses durch den (hinteren Küsten-) Steil-
rand, machte jedenfalls mit ihren großen nur
noch farbigen Clercs zu kaum mehr lohnendem
Aufenthalt dienenden Faktoreianlagen einen
völlig toten Eindruck.
Jenseits der Südwestbakokogrenze änderte sich
schon nahe Dehane das Bild. Zunächst fielen,
wie überall in Bakoko, die ausgezeichnet im Stand
gehaltenen Wege auf. Auch die von fast allen
Bakokonnterstämmen lange Zeit fortgesetzt ver-
mehrten Olpalmbestände verliehen der Gegend ein